Fürstenfeldbruck:Brauchtum mit Licht und Schatten

Die Premiere von "Wuide Hetz" im Veranstaltungsforum punktet mit prächtigen Kostümen und einem mystisch anmutenden Bühnenbild. Vor allem der zweite Teil dieses "Mittwintertagstraums" gerät aber zu einer etwas wirren Aneinanderreihung der Szenen

Von Valentina Finger, Fürstenfeldbruck

In Shakespeares Sommernachtstraum verirren sich vier junge Liebende in das Schattenreich des Waldes. Die dort lebenden Elfen treiben ihre Späße mit ihnen, und als die Magie erlischt, wissen die Vier nicht mehr, was wirklich war und was geträumt. Auf einer ähnlichen Idee basiert das Musiktheater "Wuide Hetz", eine Eigenproduktion des Veranstaltungsforums Fürstenfeld, die am Samstag im Stadtsaal uraufgeführt wurde. Statt eines Mittsommernachtstraums wird hier der Mittwintertagtraum der Schülerin Emi erzählt, die sich zur Zeit der Raunächte in eine wilde Fantasiewelt denkt.

Wuide Hetz

Die Hauptrolle spielt Jasmin Hallbauer (links), die als Emi Alltag und Schule entflieht und auf ihrer Reise zauberhafte Wesen trifft, aber auch unheimliche Gesellen.

(Foto: Günther Reger)

Das bayerische Mysterienspiel beginnt hinter einem hauchdünnen Vorhang, ein schöner Verweis auf die in den Raunächten offen geglaubte Grenze zwischen Dies- und Jenseits. Nebellicht, gewollt dissonante Töne und der erste Auftritt einer Perchtengestalt schaffen die mystische Stimmung, die besonders den ersten Teil der Aufführung prägt. Das Team um Regisseur Winfried Frey hat sich um eine multimediale Inszenierung bemüht. Es gibt Soundeffekte, kreative Lichtspiele, ein nie verebbendes Miteinander von Orchestermusik und Nebelschwaden, Stimmen, die von überall her zu kommen scheinen und Filme, die Emis eintönigen Alltag jenseits der Fabellandschaft illustrieren.

Wuide Hetz

Regisseur Winfried Frey lässt eine ferne Welt auf der Bühne des Stadtsaals entstehen.

(Foto: Günther Reger)

Licht, Schatten und Brauchtum sind die drei Pfeiler, auf denen das Stück aufbaut und die sowohl in der Handlung als auch in der visuellen Umsetzung präsent sind. Vereint sind alle drei Aspekte in den Perchten, die Emi, angeführt von der Frau Perchta, auf ihrer Reise durch das Schattenreich begleiten. Schrecklich schön sind diese pelzigen Mischwesen, die mit ihren Hörnern, animalischen Fratzen und gewaltigen Wanderstöcken nach alpenländischem Volksglauben sogar die bösen Geister des Winters vertreiben sollen.

Wuide Hetz

90 Mitwirkende sind am Stück beteiligt.

(Foto: Günther Reger)

Generell sind die Kostümierung und optische Aufmachung der Inszenierung sehr gelungen. Emi-Darstellerin Jasmin Hallbauer sticht in ihrem weißen Kleid als Fremdkörper aus der Düsternis des Bühnenbilds hervor. Die beiden Kostüme der sonst als Clown auftretenden Schauspielerin Annette Schregle, monströses Perchten-Gewand und goldenes Trachtenkleid, veranschaulichen den in ihrer Rolle der Perchta vereinten Dualismus von hässlich und schön.

Kontrastreich sind auch die mitwirkenden Puppen: Erst wallen meterhohe, zugleich engels- und quallengleiche weiße Geisterkreaturen über Emi hinweg. Dann wackeln kleine Wichtelmänner in grünen Mänteln um sie herum. All das spielt sich in einer permanent tönenden, stimmungsvollen Klanghülle ab, die Mitglieder des Auwald Consorts und die Sänger des Philharmonischen Chors Fürstenfeld im Hintergrund kreieren. Durch raffiniert gesetzte Lichtpunkte meist nur in Umrissen erkennbar, gliedern sich die Musiker ihrerseits als Schattengestalten nahtlos in das in Zwielicht getauchte Bühnengeschehen ein.

Optisch und akustisch hat die Inszenierung viele Stärken. Ihre Schwächen liegen in der Konzeption der Handlung. Wirkt die erste Hälfte noch relativ schlüssig, kommt der zweite Teil um Emis Suche nach dem Heimweg wie eine wirre Aneinanderreihung von Szenen daher. Der Eindruck ist vermutlich der eklektischen Zusammenstellung der Mitwirkenden geschuldet. Um auch den Auftritten von Trachtenverein und Kinderchor gerecht zu werden, tänzelt die Geschichte wiederholt unentschlossen ins Zusammenhangslose. So wird ein ansonsten aus dem Nichts kommender Volkstanz in eine Volksweisheit zum Wäscheaufhängen eingebettet. Und als Emis Klassenkameraden ihr Fehlen bemerken, singen sie just ein Lied über Freundschaft.

Ein Fürstenfeldbrucker Theaterprojekt, das Kulturschaffende aus verschiedenen Sparten und Orten im Landkreis zusammenbringt, ist ein durchaus lobenswertes Unterfangen, das wiederholt werden sollte. Positiv wäre es jedoch, wenn beim nächsten Mal ebenso viel Feingefühl in der Gestaltung der Handlung wie bei deren bühnentechnischer Umsetzung erkennbar werden würde.

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