Fürstenfeldbruck:Boden der Wahrheit

Hofbesichtigung

Die Grünen Manuel Eberhardt (von links), Beate Walter-Rosenheimer, Sigi Hagl und Sepp Dürr im Gewächshaus von Doris und Robert Reichlmayr.

(Foto: Günther Reger)

Die Grünen informieren sich in Fürstenfeldbruck über ökologischen Landbau und sehen sich in ihrer Haltung bestätigt, diese Form der Agrarwirtschaft stärker zu fördern

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Sonnenbeschienene Berge, sattgrüne Wiesen, glücklich glotzende Kühe und braungebrannte, stolz aussehende Bauern im Vordergrund - so stellt sich die bayerische Landwirtschaft gerne in Broschüren, auf Werbeanzeigen und bei Imagekampagnen vor. Doch die Welt der Bauern in Bayern ist zweigeteilt, wie Sigi Hagl, die Landesvorsitzende der bayerischen Grünen weiß. Denn neben den Bildern der Voralpenland-Bauern gebe es in Niederbayern und anderen Bezirken die der Intensivbewirtschaftung, der Großmästereien und der Agrarfabriken. Hagl widmete sich am Mittwoch fast einen ganzen Tag dem Thema Landwirtschaft und Nachhaltigkeit, als sie auf Einladung der Grünen-Bundestagsabgeordneten Beate Walter-Rosenheimer nach Fürstenfeldbruck kam. Dort besuchte sie nicht nur den Hof von Doris und Robert Reichlmayr auf dem Engelsberg, sondern sprach am Abend im LiB-Mehrgenerationenhaus auch mit Mitgliedern aus verschiedenen Ortsverbänden über die Probleme, mit denen ihrer Meinung nach die Landwirte zu kämpfen haben.

Milchüberschuss, Preisdumping, Qualitätsverfall und die geschundene Natur - das alles lässt die Grünen nicht kalt. Doch lässt es sie für die bäuerliche Landwirtschaft in Bayern hoffen, wenn sie auf Landwirte treffen wie Doris und Robert Reichlmayr. An der ersten Station ihres Fürstenfeldbruck-Besuches lernten Hagl, Walter-Rosenheimer, Sepp Dürr und Vorstandsmitglieder auf dem Engelsberg die großen Unterschiede kennen, die sich zwischen ökologischer und "intensivster" Bewirtschaftung (Hagl) immer stärker zeigen. Hagl, die als Expertin der Grünen in Sachen Landwirtschaft gilt, war immer noch überrascht, als sie am Mittwochabend von ihrem Erlebnis auf dem Acker der Reichlmayrs berichtete. Im direkten Vergleich der nebeneinanderliegenden Flächen sei die Erde des Öko-Bodens locker und krümelig, die des konventionell bestellten Feldes aber "ein einziger Batzen Lehm, in dem nichts mehr lebt". Ein Bild mit Symbolkraft, das die Landesvorsitzende da zeichnete, denn der Lehmklumpen steht für den größten Teil der bayerischen Bauern.

Dass die Zahl der Biobauern vergrößert werden soll und dafür auch staatliche Unterstützung zu erwarten sei, das könne sie nur unterstützen, sagte Sigi Hagl. Das Lob für Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) fiel ihr deshalb auch sichtlich nicht schwer. Doch die Umstellung konventioneller Betriebe ist nur ein Teil der Landwirtschaftspolitik, ein größerer die regionale Landwirtschaft im internationalen Agrarmarkt. Und da haben weder Brunner noch die europäischen Bauern das Sagen, sondern Konzerne. Deshalb seien die derzeitigen Vertragsverhandlungen über Freihandelsabkommen auch mit größter Vorsicht zu sehen. Sie freue sich deshalb darüber, dass die bislang als geheim eingestuften TTIP-Papiere nun öffentlich geworden seien, und sie ist überzeugt: "Jetzt ist es nicht mehr möglich, weiter zu verhandeln."

Das sieht auch Beate Walter-Rosenheimer so, die als Bundestagsabgeordnete die Möglichkeit bekam, den Vertragsentwurf zu sehen, als er noch geheim war. Doch was jetzt öffentlich einzusehen sei, sei "genau das, was wir lesen konnten". Doch bis ihr diese Möglichkeit eingeräumt wurde, sei es ein schwieriger Weg gewesen. Zwei Stunden habe jeder Abgeordnete nur Zeit bekommen, und das nur vor und nach Mittag, wenn in dieser Zeit wichtige Ausschuss- und Arbeitskreissitzungen anstanden. Sie sei zweimal kontrolliert worden, bevor sie den Raum betreten wollte, nicht einmal ein eigenes Päckchen Taschentücher habe man ihr erlaubt mitzunehmen: "Es ist sehr krass, wie Demokratie verstanden wird", sagte die Abgeordnete. Die Auswirkungen von TTIP auf die europäische Landwirtschaft könnten gravierend sein, warnte Walter-Rosenheimer. Sie ist da einer Meinung mit Hagl, die ein neues Höfesterben befürchtet, sollten die Landwirte in den USA wegen des Freihandelsabkommens mehr exportieren dürfen. Den Bauern dort sei schon versprochen worden, sie könnten wegen TTIP mehr produzieren. Die Folge: Die US-Landwirtschaft sitzt auf einem riesigen Berg mit Käse. Der soll verkauft werden - am besten nach Europa.

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