Fürstenfeldbruck:Bilderbuchstart mit Ballyhoo

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Fan-Choreo mit Luftballons: Die Zuschauer in der Wittelsbacher Halle von Fürstenfeldbruck begrüßen ihre Handballer. (Foto: Günther Reger)

Fürstenfeldbrucks Handballer haben endgültig den Eventcharakter ihrer Sportart entdeckt

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Man kennt das aus den großen Stadien. Die Fans halten bunte Fähnchen oder Plakate in die Höhe oder tragen farblich einheitliche Shirts. Das gibt beeindruckende Bilder und den mit solcherart Pomp begrüßten Sportlern einen zusätzlichen Motivationsschub. Mit Luftballons in weiß, rot und schwarz wedelten am Samstagabend in der Wittelsbacher Halle von Fürstenfeldbruck mehr als 900 Besucher, als die Handballer des Turn- und Sportvereins durch einen Seiteneingang einzeln hereingerufen wurden, umhüllt von künstlich erzeugtem Bodennebel. Es war die erste Fan-Choreografie, die es dort je gab, und sie ist Zeichen dafür, dass Handball auch in der dritthöchsten deutschen Spielklasse zunehmend zum Event wird.

Zum Saisonanfang ließen sich Fürstenfeldbrucks Handballer was Besonderes einfallen für ihre Anhänger. Wochenlang stimmten sie über Facebook auf das erste Heimspiel ein, zu dem ausgerechnet ein ehemals Großer der Branche, der TV Großwallstadt, erwartet wurde. Die Karten für die Handballspiele gibt es neuerdings auch im Vorverkauf und im Hallenfoyer läuft über einen Beamer in einer Art Dauerwerbeschleife der neueste Videozusammenschnitt über das Drittligateam und seine Auftritte. An der Theke gibt es Kuchen und Kaffee, Bier und Pizza und an der Bar auch Sekt und Aperol. Die Trainer treffen sich nach dem Spiel vor der Sponsorenwand, ihre Statements werden über Lautsprecher übertragen. Zum Ballyhoo und zur ausgelassenen Stimmung an diesem Abend, der mit dem DHB-Pokalspiel der Handballerinnen aus Dachau gegen den Zweitligisten Herrenberg beginnt, passt, dass die Gastgeber später ihre Partie auch noch gewinnen, mit 29:27 gegen die vormaligen Handballgrößen aus Unterfranken. Der Bilderbuchstart in die neue Drittligasaison ist nach zwei Siegen in zwei Spielen perfekt. Viele Handballfans kommen aus dem gesamten Großraum München nach Fürstenfeldbruck, seit die Gegner dort nicht nur auf Bayern beschränkt sind. Ihren Zuschauerschnitt haben die Brucker bereits im Vorjahr auf 700 hochgeschraubt, so viele wie nie zuvor. Zu den Top-Spielen kommen annähernd tausend, auch der Präsident des Bayerischen Handball-Verbandes, Gerd Tschochohei, war jetzt darunter.

Und da sich alles so wunderbar fügte am vergangenen Samstag, konnte der TuS Fürstenfeldbruck auch noch einen neuen Hauptsponsor präsentieren. Die Firma plan R, ein Planungsbüro für technische Gebäudeausrüstung aus Hohenbrunn, wird dazu beitragen, dass der 90 000-Euro-Etat, mit dem sie die Spielzeit mit ihren 12 000 Reisekilometern bestreiten müssen, noch ein bisschen aufgestockt werden kann. Geschäftsführer Jens Reiche, der erzählt, dass er in eine "handballverrückte Familie eingeheiratet" habe, durfte sich und sein Unternehmen im Interview mit Hallensprecher Stephan Lohde vorstellen. Für die Beflockung der Trikots mit dem Firmenlogo freilich reichte die Zeit nicht mehr bis zum Großwallstadt-Spiel. Nächsten Samstag beim nächsten Heimspiel gegen Groß-Umstadt sollen die Hemden jedoch fertig sein.

In der Halbzeitpause wurden die Fans mit einem Schicksal ganz anderer Art konfrontiert, nämlich mit der drohenden Ausweisung von Aki Demirov. Der gehört zur Trommlergruppe Diappo, die bei den TuS-Heimspielen die Gastgeber mit rhythmischen Klängen anfeuert. Demirov kommt aus Mazedonien, er erhält kein Asyl. Am Samstag saß er wie immer im Trikot mit dem "Schweinsteiger"-Aufdruck an seinem Instrument. Währenddessen ging eine Petitionsliste herum, mit der Unterschriften für seinen Verbleib gesammelt wurden.

© SZ vom 07.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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