Bundestagswahl:Bewerber für einen Tag

Groebenzell: Vereidigung neuer Gemeinderat / Buergermeister - RATHAUS

Will seine Kollegen in der Starnberger Gemeinschaftspraxis nicht im Stich lassen: Christian Finkenzeller.

(Foto: Johannes Simon)

Der Gröbenzeller CSU-Gemeinderat und Arzt Christian Finkenzeller meldet am Dienstagabend Interesse an einem Bundestagsmandat an. Keine 24 Stunden später folgt der Rückzug aus beruflichen Gründen

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Einen Tag lang hat der CSU-Kreisverband Fürstenfeldbruck über zwei Kandidaten verfügt, die sich im Bundestagswahlkreis Dachau/Fürstenfeldbruck für das im nächsten Jahr frei werdende Mandat der CSU-Wahlkreisabgeordneten Gerda Hasselfeldt bewerben. Der Gröbenzeller CSU-Gemeinderat Christian Finkenzeller reichte am Dienstagabend seine Bewerbung beim CSU-Kreisvorsitzenden und Landrat Thomas Karmasin kurz vor Ablauf einer parteiintern gesetzten First ein. Für Karmasin war allein das schon eine große Überraschung. Mit einer Bewerbung des Gröbenzeller Arztes hatte er nicht gerechnet. Noch größer wurde jedoch die Überraschung, als Finkenzeller am nächsten Tag seine Kandidatur wieder zurückzog und dafür berufliche Gründe nannte.

Als das geschah, war bereits der gesamte CSU-Kreisvorstand von Karmasin über die Tatsache informiert worden, dass es im Landkreis Fürstenfeldbruck neben der Türkenfelderin Katrin Mair noch einen weiteren Interessenten gibt. Am Abend traf sich, wie seit Wochen geplant, der geschäftsführende CSU-Kreisvorstand im kleinen Kreis, um die Kandidatensituation zu besprechen und das weitere Verfahren zu regeln. An diesem Donnerstag wollen Karmasin und der Dachauer CSU-Kreisvorsitzende Bernhard Seidenath offiziell die Bewerber aus den beiden Landkreisen bekannt geben. Laut Karmasin stand im Mittelpunkt der Sitzung am Dienstagabend die "neue, überraschende Situation" eines weiteren Bewerbers. Mit den Worten "So ist das Leben, dann ist alles wieder beim Alten", kommentierte er am Tag darauf die zweite Überraschung.

Finkenzeller begründet den Rückzug damit, dass sich zu seine Überraschung seine berufliche Situation am Mittwoch völlig verändert habe. Am 1. Juni, einem für Fikenzeller verhängnisvollen Tag, habe in der Starnberger Gemeinschaftspraxis von Anästhesisten, in der der Gröbenzeller tätig ist, eine Kollegin gekündigt. Der Mediziner stand plötzlich in einem Interessenskonflikt: Würde er seine Bewerbung, wie mit der Familie abgesprochen, durchzuziehen, dann hieße dies seiner Einschätzung zufolge, die Kollegen hängen zu lassen und damit möglicherweise die Existenz der mit viel Engagement aufgebauten Praxis zu gefährden. Wie Finkenzeller am Mittwoch beteuerte, entschied er sich im Sinne seiner jungen Kollegen. Er wolle glaubwürdig und ehrlich bleiben, beteuerte der 40-Jährige - und ergänzte: "Mir tut es leid, ich will keine halben Sachen machen". Das Kapitel, ein Mandat in einem Parlament anzustreben, ist für Finkenzeller nach eigenem Bekunden damit nicht abgeschlossen. Nur sei ihm das zurzeit nicht möglich.

Der Brucker CSU-Kreischef geht davon aus, dass sich auch aus dem Landkreis Dachau ein oder eventuell sogar mehrere Interessenten melden werden. Für ihn ist sicher, dass sich die Türkenfelderin Katrin Mair auf jeden Fall mit Mitbewerbern auseinandersetzen muss. Laut Karmasin sind er und Seidenath bemüht, das Verfahren der Nominierung des gemeinsamen Bundestagsdirektkandidaten für den gemeinsamen Stimmkreis "im Konsens" zu regeln. Bei der ersten Nominierung von Gerda Hasselfeldt für die Bundestagswahl 1990 geschah das nicht einvernehmlich, sondern im Streit. Der Grund: Die Brucker CSU hatte sich für die Nachfolge des damaligen, direkt gewählten Wahlkreisabgeordneten Eicke Götz aus Gröbenzell auf die junge Bundesbauministerin aus dem Kabinett von Helmut Kohl festgelegt, während die Dachauer CSU einen eigenen Kandidaten durchboxen wollte. Die CSU-Ministerin hatte 1989 einen eigenen Wahlkreis gesucht und war in Fürstenfeldbruck fündig geworden. Im Vorfeld der Nominierung wurde CSU-intern heftig gestritten, intrigiert und vor allem um die Stimme jedes der 120 Delegierten gekämpft.

Letztlich gab damals die Mehrheit der Brucker Delegierten, die über zwei Drittel der Stimmen verfügte, den Ausschlag. Da Germering bei der Bundestagswahl 2017 nicht mehr zum Wahlkreis Bruck/Dachau gehört, verfügen die Brucker nur noch über ein knappes Dutzend Stimmen mehr als die Dachauer. Die Kreisverbände sind also fast gleich stark, wodurch die Chancen der Dachauer steigen, einen eigenen Kandidaten durchzubringen. Laut CSU-Insidern wird man in Dachau versuchen, diese neue Stärke zu nutzen. Nominiert wird allerdings erst in der zweiten Novemberhälfte. Bis dahin ist alles offen, weil noch in der Nominierungsversammlung neue Bewerber antreten können.

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