Fürstenfeldbruck:Bewährungsstrafe wegen 700 Euro

Familienvater leerte Kassen an Selbstpflücker-Blumenfeldern. Amtsrichter verurteilt ihn wegen gewerbsmäßigen Diebstahls

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Tulpen, Lilien, Sonnenblumen und Gladiolen: auf vielen Feldern am Straßenrand wachsen Blumen zum Selberpflücken. Das Angebot setzt auf die Ehrlichkeit der Kunden. Denn Verkäufer gibt es an diesen Blumenbeeten keine. Nur ein als Kasse fungierendes Behältnis fordert die Menschen mittels der in unmittelbarer Nähe hängenden Preisliste auf, den angegebenen Betrag für die geschnittenen Blumen einzuwerfen. Schon hier wird es vermutlich einige geben, die das ihnen entgegen gebrachte Vertrauen ausnutzen und zu wenig oder gar nichts in den Kasten werfen. Viel schlimmer hat ein 53-jähriger Münchner den Vertrauensvorschuss ausgenutzt: Innerhalb eines Monats plünderte er sieben Mal solche Geldkästen und sackte auf diese Weise mindestens 700 Euro ein. Ein Richter am Amtsgericht verurteilte ihn deshalb wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer einjährigen Haftstrafe, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

"Alles gelogen", reagierte der Angeklagte zunächst auf die Vorwürfe. Die Staatsanwaltschaft legte dem Vater zweier Kinder im Teenageralter zur Last, im September 2014 in sieben Fällen die Kassen an den Blumenfeldern geleert zu haben. Einige Male war er an dem Feld an der Eichenauer Straße in Puchheim zugange, die anderen Male auf Feldern südlich von München in Höhenschäftlarn und Eglharting. Laut Anklage hatte er dabei einmal zehn Euro, sonst 100 bis 200 Euro gestohlen.

Womit der Angeklagte offenbar nicht gerechnet hatte: Die Felder, besser die Kassen, werden mit Videokameras überwacht. Als der Vorsitzende Richter Johann Steigmayer ihm die ersten Aufnahmen vorspielte, leugnete der 53-Jährige noch. Nach der zweiten, deutlicheren Aufnahme unterbrach er die Verhandlung, damit der Verteidiger seinem Mandanten die Sinnlosigkeit seiner Taktik vor Augen führen konnte. Nach wenigen Minuten räumte der Verteidiger alle Tatvorwürfe ein. Allerdings mit deutlich kleinerer Beute. "Höchstens 30 Euro waren es jedes Mal", beteuerte der Münchner, der seit einem Monat bei einer Sicherheitsfirma arbeitet. Und erklärte, er habe von dem Geld Lebensmittel eingekauft. Weiteres Nachfragen ergab jedoch, dass der Angeklagte arbeitet und das Jobcenter ergänzend die Miete der Familie bezahlt. "So groß kann die Not nicht gewesen sein, dass man für Nahrungsmittel stehlen muss", kommentierte der Vorsitzende die finanziellen Verhältnisse der Familie.

Der Geschädigte, ein 46-jähriger Landwirt aus dem Landkreis Ebersberg, war überzeugt, dass der Angeklagte weitaus öfter und vermutlich auch organisiert mit anderen seine Kassen geleert hatte. Zunächst habe man sich eben nur gewundert, weshalb die Kassen leer waren, dann die Kameras aufgestellt und irgendwann den Angeklagten und einen anderen erwischt. Der sei schon in München verurteilt worden und sicherlich ein Bekannter des Angeklagten. Verhalten versuchte der Verteidiger, dies als wilde Spekulationen abzutun. Sein Mandant räumte aber ein, den anderen Blumenfelddieb zu kennen. Zudem versicherte der 46-Jährige, dass auf jeden Fall mehr Geld in den Kassen gewesen sein müsse als die vom Angeklagten behaupteten 30 Euro.

Da die vom Angeklagten angegebenen Beträge nicht für eine Verurteilung zum gewerbsmäßigen Diebstahl ausreichen, drohte der Richter, mit weiteren Ermittlungen, etwa einer Auswertung der Videos und der Buchhaltung der Geschädigten. Erneut wurde die Verhandlung kurz unterbrochen. Dann gestand der Angeklagte, zwischen 100 und 300 Euro aus den Kassen gestohlen zu haben.

Die Staatsanwältin bemängelte das tröpfchenweise Geständnis des Münchners, der nur einräumte, was ihm ohnehin nachgewiesen werden konnte. Und "dass er die Taten ohne Not beging". Sie beantragte eine einjährige Bewährungsstrafe, der Verteidiger zehn Monate. Der Vorsitzende verhängte schließlich zwölf Monate zur Bewährung und als Auflagen 700 Euro an den Geschädigten und 300 Stunden gemeinnützige Arbeit. "Wir haben keinerlei Schuldeinsicht und Reue", dafür belegten die Aufzeichnungen das professionelle Vorgehen.

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