Fürstenfeldbruck:Begehrte Altkleider

Weil die Preise gestiegen sind, interessieren sich auch private Firmen für ausrangierte Textilien. Das Landratsamt verbietet ihnen jedoch das Einsammeln. Nun ziehen drei Unternehmen vor Gericht.

Von Gerhard Eisenkolb

Altkleider sind bei einem Preis von rund 500 Euro pro Tonne inzwischen so begehrt und teuer geworden, dass Unternehmer das Recht zum Sammeln einklagen. In den vergangenen Monaten beantragten 34 Firmen beim Landratsamt, Sammelcontainer aufstellen zu dürfen. Da der Landkreis selbst an dem Verkauf des begehrten Wertstoffs verdienen will, versagte er allen die Erlaubnis.

Nun versuchen drei der Unternehmen, auf dem Rechtsweg zum Ziel zu kommen. Das erinnert an den von Landrat Thomas Karmasin (CSU) vor fünf Jahren ausgerufenen "Papierkrieg" und "Häuserkampf um die blaue Tonne". Damals wollten ebenfalls private Entsorger dem Landkreis einen begehrten Rohstoff abspenstig machen. Zuerst verteilten sie blaue Tonnen an Haushalte, um das teure Altpapier direkt an der Quelle abzugreifen. Als der Landkreis dagegen vorging, klagten die Firmen vor dem Verwaltungsgericht, scheiterten jedoch.

Trotz des damaligen Erfolges für den Landkreis blieb der "Papierkrieg" nicht ohne Folgen. Mussten die Bürger bis dahin ihr Altpapier selbst zum Wertstoffhof bringen, beschloss der Kreistag die Einführung der kostenlosen blauen Papiertonne. Seither holen Entsorger im Auftrag des Landkreises - sofern Bürger das beantragen - das Altpapier bei inzwischen weit mehr als 15 000 Haushalten ab.

Damit sicherte sich der kommunale Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) Jahreseinnahmen von rund zwei Millionen Euro. Der Sieg vor Gericht wirkte sich für die Bürger auch finanziell aus. Die Abfallgebühren sind seither mehrmals gesenkt worden. So zahlen die Privatkunden des AWB von Januar 2014 an für die Leerung der Restmülltonnen rund zehn Prozent weniger auch noch in diesem Jahr.

Karmasin und AWB-Leiter Herbert Britzelmair sind auch diesmal optimistisch. Sie hoffen den Rechtsstreit um die Altkleider zu gewinnen. Dazu berufen sie sich auf das seit 22 Jahren bestehende, gut funktionierende System zum Sammeln und Verwerten von Wertstoffen, für das 13,3 Millionen Euro in den Bau von Wertstoffhöfen investiert worden sind. Gelingt es ihnen, auch diesmal nachzuweisen, dass ihr System besser und effektiver ist als das der privaten Konkurrenten, dann müssen die Gerichte der öffentlichen Hand den Vorzug geben.

Laut Britzelmair kann der AWB exakt belegen, was mit den Kleidern und Stoffresten geschieht, die an den Wertstoffhöfen in den vom Landkreis an Firmen vermieteten Containern landen. Altkleider und Schuhe werden zu einer Sortieranlage nach Thüringen gebracht. Alles, was für den Secondhandverkauf ungeeignet ist, wird weiterverarbeitet. Und zwar zu Putzlumpen, Dämm- und Isoliermaterial, Pappe oder anderen Produkten. Fehlwürfe und Abfälle werden in einer Müllverbrennungsanlage entsorgt.

Britzelmair bezweifelt, dass die Kläger, einer von ihnen verfrachtet die Altkleider beispielsweise nach Litauen, wirklich mit einem besseren Entsorgungskonzept aufwarten können. Der AWB-Chef weiß jedoch nicht, wo, eventuell in welchem Entwicklungsland und in welchen Läden die noch tragbare Kleidung verkauft wird.

Schon bevor die Gerichte entschieden haben, wirkt sich der Kampf um die Verwertung der Altkleider auf das bestehende Sammelsystem im Landkreis aus. So beschloss der mit Kreisräten besetzte Werkausschuss des Kommunalunternehmens, das Sammeln von abgelegter Kleidung auszubauen. Bisher stehen an Standplätzen, die er im Landkreis vermietet, insgesamt 52 Sammelbehälter für Altkleider.

Die Container der Fremdfirmen sollen durch solche ersetzt werden, die der AWB erwirbt und dann selbst an Firmen vermietet. Zudem sollen noch 30 weitere Altkleidersammelbehälter an solchen kleinen Wertstoffhöfen aufgestellt werden, an denen es noch Platz dafür gibt. Vermietet der AWB die Container selbst, kann er höhere Erlöse erzielen. Gehören ihm die Behälter, ist es für den Landkreis zudem einfacher, dem Vertragspartner zu kündigen.

Im Jahr 2012 sammelte die vom Landkreis beauftragte Firma rund 250 Tonnen Altkleider und Schuhe. Zudem stellen im Landkreis zurzeit dreizehn soziale Organisationen Container für abgelegte Bekleidung auf. Auch soziale Organisationen wie das BRK, die Johanniter, Malteser, Kolpingfamilien oder kirchliche Einrichtungen müssen sich das Aufstellen von Containern vom Landratsamt genehmigen lassen und dazu eine ordnungsgemäße Sortierung und Verwertung nachweisen. Das ist vertraglich zuzusichern. Die gemeinnützigen Sammlungen sind laut Britzelmair akzeptiert und sogar erwünscht. Sie gelten also nicht als Konkurrenten.

Die Rechtsgrundlage für das Aufstellen von Containern durch Unternehmen war zum 1. Juni 2012 mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes geschaffen worden. Dieses öffnete den Abfallmarkt für gewerbliche Sammler von Wertstoffen aller Art. Die Unternehmen müssen jedoch ihr Vorhaben bei den Landratsämtern anzeigen, die das Unterfangen auch untersagen können. Möglich ist das beispielsweise, wenn die Funktionsfähigkeit des bestehenden öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems gefährdet ist. Auf eine solche Gefährdung beruft sich das Landratsamt Fürstenfeldbruck.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: