Fürstenfeldbruck:Bach und Hasse

Bruck: CHURFÜRSTENSAAL Fürstenfeld - Stefan Temmingh & Ensemble

Als spielerischer Wettstreit zwischen Stimmen und Instrumenten kommt das Konzert daher.

(Foto: Johannes Simon)

Barocker Abend im Kurfürstensaal

Von KLAUS MOHR, Fürstenfeldbruck

Was haben Johann Sebastian Bach und Johann Adolf Hasse gemeinsam, was trennt sie? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Eröffnungskonzerts der Reihe Alte Musik im Kurfürstensaal, das der Gegenüberstellung von Werken beider Meister gewidmet war. Klar ist, dass die Gattung der Oper von Bach nicht bedient wurde, aber im Zentrum des Schaffens von Hasse steht. Leicht festzustellen war auch, dass die Texte bei Hasse in italienischer Sprache abgefasst waren und die bei Bach in deutscher. Dass beide Komponisten befreundet waren, kann man beim Bach-Sohn Carl Philipp Emanuel nachlesen, allerdings ist vom Thomaskantor selbst auch überliefert, dass er Hasses Arien für "hübsche Liederchen" hielt. Es wäre aus dem Blickwinkel der Gegenüberstellung in diesem Konzert äußerst sinnvoll gewesen, statt der bis in kleinste Details verzeichneten biografischen Notizen zu den Künstlern des Abends eine fundierte Einführung in die Thematik ins Programm aufzunehmen oder diese zumindest mündlich vorzutragen. Um den Geist der italienischen Texte verstehen zu können, wäre ein Abdruck mitsamt Übersetzungen erforderlich gewesen. Die Interpreten waren Stefan Themmingh (Blockflöten), Benno Schachtner (Countertenor), Domen Marinčič (Barockcello und Viola da gamba) sowie Wiebke Weidanz (Cembalo).

Die Zuhörer erlebten in jedem Fall ein qualitativ ausgezeichnetes Konzert, das die Gepflogenheiten des Barock nicht nur mit der Musik auferstehen ließ. Dazu gehört auch ein gewisser Starkult, wie man ihn heute vor allem aus der Popmusik kennt. Stefan Temmingh ist ein fantastischer Akrobat auf der Blockflöte, der es meisterhaft versteht, sein Spiel in eine stimmige Bühnenperformance einzubinden. Große Bewegungen des Körpers, bei denen die Flöte wie eine Speerspitze wirkt, gehören dazu ebenso wie die extravagante Kleidung. Der Zuschauer staunte über das virtuose Spiel auf Blockflöten verschiedener Größe und genoss diesen Anblick. Benno Schachtner war Temmingh in der Rolle der Darstellung seiner Kunst allein deshalb unterlegen, weil es bei einem Sänger fast nichts zu sehen gibt. Er verfügt mit dem oft betörenden Klang seiner Stimme allerdings über ein Faszinosum, an das kein Instrument heranreicht. Die beiden anderen Künstler blieben dagegen etwas blass. Es entsprach einerseits ihrer Rolle als Basso continuo. Leider änderte es sich auch in den Stücken nicht, die allein ihnen vorbehalten waren.

Auch in seine Instrumentalmusik legte Hasse den Keim einer Bühnendarstellung: In der eingangs zu hörenden Cantata per flauto avancierte die Flöte im Kopfsatz zur Primadonna, die nicht nur selbstbewusst und virtuos alle Impulse setzte, sondern durch einen Drive im Spiel auch die musikalische Entwicklung vorantrieb. Das dramaturgische Konzept fand seine Fortsetzung im beruhigend langen Atem der Kantilenen im Mittelsatz (Adagio), die einem vergnügten Allegro-Finalsatz den Weg bereiteten. Hier warb die Flöte wie die Imitation von tirilierenden Vogelstimmen um die Gunst des Publikums.

Vier Ausschnitte aus Werken Bachs waren anschließend zu einer Art Pasticcio zusammengefasst. Die zwei Arien stammten aus Kirchenkantaten und stellten die äußerst kantable Melodielinie des Altus der anspruchsvollen Umspielung durch die "Flauto piccolo" gegenüber. War der Adressat der Bach-Arien Gott selbst, so ging es in der kurzen Kantate mit Rezitativen und Arien "Bella, mi parto, a Dio" von Hasse um weltliche Inhalte, nämlich eine verflossene Liebe. Benno Schachtner gestaltete mit sicherer Technik und großer Geschmeidigkeit im Stimmklang, so dass der Saal wunderbar erfüllt wurde. Großen, begeisterten Beifall gab es zum Schluss.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: