Fürstenfeldbruck:Auslaufmodell Sozialwohnung

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Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum im Landkreis steigt. Doch das Angebot, insbesondere für große Familien, nimmt beständig ab.

Stefan Salger

Im Landkreis sinkt die Zahl der Sozialwohnungen kontinuierlich - auf zurzeit noch 1910 Einheiten. Verbände wie die Caritas warnen vor einem Verdrängungswettbewerb, und die SPD sieht Städte, Gemeinden, aber auch den Landkreis in der Pflicht, für erschwinglichen Wohnraum zu sorgen. Denn der in den sechziger und siebziger Jahren von Wohnbaugesellschaften wie dem Katholischen Siedlungswerk oder der Oberbayerischen Heimstätte aufgebaute Bestand fällt oft nach 25 Jahren aus der Sozialbindung - anschließend werden die Mieten angehoben.

Der Bau dieser Wohnungen wird von Bund und Land mit zinsgünstigen Krediten gefördert. Schließlich heißt es in Artikel 106 der Bayerischen Verfassung: "Jeder Bürger Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung". Dennoch räumt auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ein, dass es in den Ballungsräumen für Familien sehr schwer ist, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Mietervereinschef Michael Ginkel bestätigt das für den Landkreis ebenso wie Vertreter der Caritas. Vor allem für große Familien mit geringem Einkommen wird es immer schwieriger, eine Wohnung zu finden. Sind die Menschen auch noch aus dem Ausland zugezogen, beziehen Hartz IV oder haben eine Insolvenz durchgemacht, dann sinken die Chancen gegen Null. "Ich kenne Bewerber, die haben sich 70 Wohnungen angeschaut, bis sie eine Zusage bekamen.", sagt Heidi Schaitl von der Caritas-Wohnungslosenhilfe.

Verschärft wird die Situation dadurch, dass es auch kaum große Sozialwohnungen gibt. "Fast unmöglich" sei es, da zum Zuge zu kommen, so Barbara Mechler, die sich bei der Caritas um in Not geratene Familien kümmert. "Mehrjährige Wartezeiten sind keine Ausnahme."

Landkreisweit ist die Zahl der Vormerkungen mit Dringlichkeitsstufe eins von 72 (2006) auf 135 (2010) gestiegen. Nicht enthalten sind in den Zahlen die Städte Fürstenfeldbruck und Germering. Rund 40 Prozent der Antragsteller sind drei- bis fünfköpfige Familien. 2010 konnten lediglich 69 Sozialwohnungen neu belegt werden-Bedarf hätte es für 303 gegeben. (Fürstenfeldbruck: 19 Neubelegungen bei 192 Anträgen; Germering: 25 Neubelegungen bei 125 Anträgen).Die Voraussetzungen für eine Sozialwohnung erfüllen Alleinstehende, wenn sie jährlich brutto weniger als rund 21 000 Euro verdienen. Für einen Dreipersonenhaushalt liegt die Grenze bei etwa 26 000 Euro.

Auch Wohlfahrtsverbände wünschen sich, dass Städte und Gemeinden den Bau von Sozialwohnungen stärker selbst in die Hand nehmen - so wie das Dachau mit seiner Stadtbaugesellschaft macht. Die baut auf Erbpachtgrundstücken der Stadt nicht nur Eigenheime und -wohnungen, die rund ein Drittel unter dem Marktpreis abgegeben werden, sondern vor allem auch Mietwohnungen mit Sozialbindung. 4000 Menschen und damit zehn Prozent der Dachauer Bürger wohnen in Objekten der Stadtbau.

Brucks Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU) ist eher skeptisch. Zwar lobt er Genossenschaften wie die Bayerische Heimstätte, die in den Siebzigern viele Sozialwohnungen gebaut haben. Mittlerweile finden sich aber kaum noch private Bauträger, weshalb das wohl "ein Auslaufmodell" sei. Kellerer sieht im Wohngeld ohnehin die bessere Alternative.

SPD-Kreisvorsitzender Michael Schrodi dagegen appelliert an die Kommunen, sich im sozialen Wohnungsbau zu engagieren. Er könnte sich vorstellen, dass sie mit Kreis und Sparkasse eine Wohnungsbaugesellschaft gründen, die eine "Bodenbevorratungspolitik" betreibt und eigene Wohnbauprogramme abarbeitet. In bezahlbarem Wohnraum für Einkommensschwächere sieht er einen Beitrag zu mehr Verteilungsgerechtigkeit.

© SZ vom 15.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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