Fürstenfeldbruck:Attacke mit der Mistgabel

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Schöffenrichter verhängen gegen 59-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung eine 22-monatige Bewährungsstrafe

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Provokationen haben noch nie dazu beigetragen, einen Konflikt zu entschärfen. Das weiß jedes Kind. Theoretisch. In der Praxis aber kann es schon mal vorkommen, dass sich selbst erwachsene Männer so lange provozieren, bis aus Worten Taten werden. Besonders gravierend, wenn die Streithanseln Nachbarn sind. Dieser Art war das Szenario in einem kleinen Ort im westlichen Landkreis. Eines Morgens eskalierte die Situation und der damals 58-Jährige ging mit Mistgabel und Hammer auf seinen zwei Jahre älteren Nachbarn los. Deshalb musste sich der Aggressor nun wegen zweifacher gefährlicher Körperverletzung vor dem Schöffengericht verantworten. Nach sehr konträren Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung - sie lagen zwischen vier Jahre Ha ft und Freispruch - verhängten die Richter eine 22-monatige Bewährungsstrafe.

Der Staatsanwalt legte dem nun 59-Jährigen zur Last, im September seinen auf dem Traktor sitzenden Nachbarn mit dem Hammer auf das Schulterblatt geschlagen zu haben. Der Attackierte sei dem Angeklagten in dessen Garage gefolgt, wo der erneut mit der Mistgabel auf ihn losgegangen sei. Laut Anklage versuchte der arbeitslose Landmaschinen-Mechaniker zuerst, seinen Widersacher mit den Spitzen in den Bauch zu stechen, schlug dann aber mit dem Stil zu. Der 61-Jährige wehrte den Schlag mit dem rechten Arm ab, der Stil und sein Ellbogen brachen mehrfach; der Ellbogen musste zweimal operiert werden.

Doch aus dem Mund des 59-Jährigen klangen die Geschehnisse von Anfang September 2014 ganz anders. Wie er betonte, gab es schon länger Streit. Der andere beleidige ihn regelmäßig als Nichtsnutz und Taugenichts. Am fraglichen Morgen sei er mit einem langen Holz auf ihn zugelaufen, offenbar um ihn zu schlagen. Nach der Version des Angeklagten konnte er dem Angreifer gerade noch zuvorkommen, indem er sich die Mistgabel griff und als erster zuschlug, mit dem Stil. Einen Schlag mit dem Hammer und einen Versuch, den 61-Jährigen mit der Mistgabel aufzuspießen indes habe es nie gegeben, so der Angeklagte.

Völlig anders die Aussage des 61-Jährigen, der zwar in einer anderen Ortschaft lebt, aber angrenzend an das Grundstück des Angeklagten Grund gepachtet hat, den er bewirtschaftet. Er bestätigte, den schon länger währenden Konflikt wegen angeblicher Grenzüberschreitungen, der Arbeitslosigkeit des Angeklagten und seiner Funktion bei der Jagdgenossenschaft. Wie er erzählte, fuhr er am fraglichen Tag mit dem Schlepper am Hof des anderen vorbei. Der brüllte und beleidigte ihn, kam mit einem Hammer auf ihn zu. Der Angesprochene stoppte und wartete auf den anderen, der schrie: "Ich erschlag dich." Das habe er nicht so ernst genommen, doch der Angeklagte sei hinten auf seinen Traktor gestiegen und habe so schnell ausgeholt, dass er nicht mehr ausweichen konnte. Wie der 61-Jährige weiter berichtete, war er dem Angreifer nun ebenfalls schimpfend und beleidigend zurück in dessen Garage gefolgt. Der Angeklagte versuchte, ihn mit der Mistgabel zu stechen, woraufhin er sich aus einiger Entfernung den Holzscheit holte und dem Angeklagten auf den unteren Rücken schlug, woraufhin dieser mit den Stil der Mistgabel zuschlug.

Die Aussage vom Schlag mit dem Holzstück, der bis dahin nicht bekannt war und ihn nun selbst belastete, überzeugte die Richter restlos von der Schuld des 59-Jährigen. Der Verteidiger hatte zuvor überzeugend dargelegt, dass die Version seines Mandanten genauso nachvollziehbar sei wie die des Geschädigten, und Freispruch beantragt. Inhaltlich folgten die Richter der Argumentation des Staatsanwalts, die von ihm beantragten vier Jahre Haft verhängten sie aber nicht. "Wir haben eine unterschiedliche Motivationslage", erläuterte der Vorsitzende Johann Steigmayer. Der Geschädigte habe es "zu etwas gebracht und zeigt das auch", der Angeklagte sei "der Verlierer". Mit der Zeugenaussage, einigen Ausbrüchen des 61-Jährigen vor Gericht und einer Vorstrafe wegen eines Gewaltdelikts gelange man zu dem Schuldspruch. Der Angeklagte muss seinem Nachbarn außerdem 3000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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