Fürstenfeldbruck:Amüsantes vom Wortstoffhof

Axel Hacke

Wie Totes durch die Verwirbelung von Harnstoff "verlebendigt" wird, erläutert der Autor Axel Hacke in Fürstenfeld sehr anschaulich.

(Foto: Günther Reger)

Der Autor und Kolumnist Axel Hacke brilliert mit alten und neuen Gags

Von Edith Schmied, Fürstenfeldbruck

Wenn Axel Hacke ruft, kommen die Fans in Scharen. Auch in Fürstenfeld ist der kleine Saal voll. Seine Lesungen geraten regelmäßig zu einem Heimspiel der besonderen, kabarettistischen Art. Selbst Zuhörer, die sich nach 25 Jahren mitunter dabei ertappen, seine Kolumnen im Magazin der Süddeutschen Zeitung nicht zu Ende zu lesen, verführt Hacke zu glucksendem Lachen und anhaltendem Applaus. Ganz einfach deshalb, weil er ein begnadeter Vorleser ist. Er setzt gekonnt die Pointen, mal leise einschmeichelnd, dann theatralisch schauspielernd, dann mit schmunzelnder Ironie. Ein herrlicher Spaß für das Publikum.

Aus seinem Buch "Das kolumnistische Manifest" pickt sich der Autor Themen heraus, die bis dahin noch keinem aufgefallen sind. "Zu Recht", wie er sagt, die aber dennoch ungemein Nützliches und Praktisches beinhalten. So gelingt es, Totes durch Verwirbelung von Harnstoff zu "verlebendigen" und aus einem gekochten ein rohes Ei zu machen. Der spontane Wunsch von Frauen, statt eines harten ein Spiegelei zum Frühstück zu haben, wäre mit der Art Recycling erfüllbar. "Die Zutaten muss man ja nicht verraten", empfiehlt Hacke. Das seltsame Tagwerk von Forschern parodiert er mit völlig sinnfreien Studien wie der Untersuchung von Orang-Utan-Urin, wobei er die mühselige Jagd nach Primatenpipi sehr anschaulich schildert. Der aktuelle "Nichtbahntag" und die seltsamen Durchsagen im typischen DB-Kauderwelsch sind ein gefundenes Fressen für den Journalisten. Er lässt "Übergangsreisende" dem "Zuglaufteil" nach Bremen hinterher hetzen und will keinesfalls die Ruhe des "gerne erwartenden" Personals im Speisewagen durch Bestellungen stören.

Stoibers Tick, mit "Äh und Äm" seine Rede zu spicken, verleitet den Sprachvirtuosen dazu, die Systematisierung dieses Füllsels genauer zu erforschen. Die Geschichte ist nicht mehr ganz taufrisch. Aber wie Hacke diese Macke virtuos auf die Spitze treibt - das mit Anlauf eingesprungene, das einrahmende Wort vernichtende, gerne auch wiederholte "Äh" im Stakkato raushaut - ist das sehr witzig.

Das besondere Faible für schräge Wortschöpfungen lebt Hacke auf dem Wortstoffhof aus. Da entstehen Begriffe wie "Propfenrebengenossenschaftsmeistersgattin" oder "Partnerschaftspassiv", bei dem man etwas Unangenehmes erledigen soll. "Passiert nie", so seine Erfahrung, "weil die sind alle drei stinkfaul". Für falsch verstandene Liedtexte gibt es wohl keinen idealeren Fundus als Herbert Grönemeyers Songs. Dessen Genuschel fördere die Volkspoesie. Wer bei Flugzeugen (im Bauch) Fruchtzwerge versteht, hievt die verkrampfte Poesie auf Tengelmann-Ebene. Hautnah am Publikum ist Hacke mit seinen Erlebnissen bei Elternabenden im Kindergarten. Wenn Wurstfaschist Jörg unökologische Vergehen ahndet und damit beim Ertappten eine exzessive Lust auf Fleisch auslöst, steigert das auch beim Zuhörer das Verlangen nach einer opulenten Schlachtplatte.

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