Fürstenfeldbruck:Abwechslung und Ausdruck

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Bach-Chor und Bach-Orchester führen Oratorium "König David" auf

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Als die letzte Nummer "Davids Tod" des Oratoriums "König David" von Arthur Honegger begann, fühlten die Zuschauer eine tiefe Versöhnung. Die verschiedenen Klangebenen, die der Komponist in diesem Stück äußerst raffiniert eingesetzt hatte, verschmolzen zu einer wunderbaren Einheit. Harfe und Celesta bereicherten den Klang, und erhoben die engelsgleichen Gesänge in himmlische Sphären. Schöner kann ein Happy End nicht sein, und unzählige Filme setzen auf solche musikalischen Mittel.

Auch Honeggers Musik war einer Filmmusik stellenweise nicht unähnlich, doch es gab keine Bilder dazu. Die Leinwand in diesem Stück war die Imagination jedes einzelnen Zuhörers. Im Zeitraffer von knapp eineinhalb Stunden hatte Honegger das Leben der alttestamentlichen Figur des David in drei großen Teilen mit allen Registern klanglicher Suggestion vorüberziehen lassen. Aus einer unnachahmlichen Mischung stilistischer Anleihen aus verschiedenen Epochen der Musikgeschichte und einer einzigartig originellen Instrumentation entstand ein höchst plastisches Werk, dessen Farbigkeit durch zahlreiche kompositorische Kunstgriffe noch gesteigert wurde.

Die Fürstenfeldbrucker Erstaufführung des um 1920 entstandenen symphonischen Psalms in drei Teilen "König David" von Arthur Honegger nach dem Drama von René Morax fand am Samstag im Stadtsaal durch Bach-Chor und Bach-Orchester Fürstenfeldbruck unter der Leitung von Gerd Guglhör statt. Als Solisten waren Anna-Lena Elbert (Sopran), Katharina Guglhör (Alt) und Eric Price (Tenor) zu hören. Der Schauspieler Tobias Marzin, der als Erzähler mitwirkte, war von einem Spot erleuchtet auf der linken Bühnenseite postiert. Die meisten Nummern dieses Werks sind relativ kurz und stehen zwischen den Erzählabschnitten. Dadurch war es möglich, die jeweilige Stimmung ganz unmittelbar in Klang zu verwandeln. Das geschah allerdings nicht so, dass nur eine Übersetzung in Töne erfolgte, sondern dass jeweils eine kompositorische Ebene hinzugefügt wurde.

Archaisch und modern zugleich wirkte die "Klage von Gilboa". Die freien Vokalisen der beiden Solistinnen und des Frauenchores hatten zunächst dialogischen Charakter, erklangen dann aber auch gemeinsam. Der dynamisch sparsame Orchesterklang lag wie ein weiches Bett unter den Gesangslinien und wurde durch Klangtupfer der Celesta bekrönt. Der über lange Zeit beständig durchgehaltene Begleitrhythmus intensivierte dabei den Klagegestus und wurde durch Einwürfe des Sprechers abgerundet.

Der längste Abschnitt ist der "Tanz vor der Bundeslade". Holzbläser, allen voran die Flöten, waren der Urgrund für diesen Satz. Darauf bauten sich zunächst die Männerstimmen, dann, sehr rhythmisch-tänzerisch, die Frauenstimmen auf. Der Verlauf war von ausgezeichneter Präzision geprägt und durch gut geplante Steigerungen bis hin zu einem satten Fortissimo strukturiert. Kulminationspunkt war die Alleluja-Stelle, die trotz des komplexen Zusammenspiels beeindruckend kraftvoll und sicher beherrscht bei den Hörern ankam.

Eine Szene vergleichbar der berühmten Wolfsschluchtszene aus Carl Maria von Webers Oper "Der Freischütz" entstand mit Mitteln des 20. Jahrhunderts, als die Hexe von Endor beschworen wurde. Vor rosa Hintergrund und in grünes Licht getauchtem Chor war die unsichtbare Stimme der Hexe auf dem Fundament bedrohlicher Orchesterklänge zu hören.

Die Solisten stellten sich in den Arien souverän der mitunter nicht einfachen Aufgabe der Interaktion mit dem Orchester. Das wurde auch deshalb erschwert, weil der Orchesterklang tendenziell etwas zu laut geriet. Sie setzten dabei auf eine Tongebung, die zwar schlicht war, dem Klang aber durch leichtes Vibrato eine zutiefst menschliche Komponente hinzufügte.

Dass der Chor mit etwa siebzig Sängern kleiner als sonst üblich besetzt war und dass die Veranstaltung mehr Publikum verdient gehabt hätte, tat der Aufführung keinen Abbruch. Hier wurde nicht nur eine gewisse Entdeckerfreude bei Ausführenden wie Zuhörern geweckt. Der lange und fast euphorische Beifall zeigte zugleich, dass der Ausdrucksreichtum von "König David" tiefe Spuren hinterlassen hatte. Die Wandlungsfähigkeit des Orchesters war hier vor eine hervorragend bestandene Probe gestellt, und die Präsenz der Choreinsätze ließ auf große Flexibilität der Sänger schließen.

© SZ vom 11.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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