Freie Wähler gegen Freie Wähler:Namenskämpfe

Am 16. März treten die bisher eigenständigen Freien Wähler erstmals im Landkreis als Partei an. Kreisrat Ewald Zachmann spricht von einem Putsch, seine Fraktionskollegen bestreiten das vehement

Von Gerhard Eisenkolb

Auch bei den Freien Wählern (FW) kommt es auf den kleinen, aber feinen Unterschied an. Besonders in Wahlkampfzeiten. Einen Grund für heftige interne Differenzen kann beispielsweise schon die Bezeichnung liefern, unter der die freien und unabhängigen Wählergemeinschaften des Landkreises diesmal bei der Wahl des neuen Kreistags um Stimmen werben. Erstmals treten die FW als Partei an, nämlich unter dem Namen Freie Wähler Bayern e. V.. Und nicht mehr, wie seit Jahrzehnten üblich, als eigenständiger FW-Kreisverband. FW-Kreisrat Ewald Zachmann verbindet mit diesem Namenswechsel auch einen politischen Paradigmenwechsel. Er spricht von einem Generalangriff auf den Geist und das Selbstverständnis der freien und (partei-)unabhängigen Wählergemeinschaften.

Der Olchinger wirft dem als Partei organisierten FW-Landesverband vor, auf diese Weise "hinterfotzig" von oben durchregieren und die bisherigen FW-Kreisverbände wie den Brucker ausschalten zu wollen. FW-Kreisvorsitzender Michael Leonbacher spricht dagegen von "juristischer Erbsenzählerei". Juristisch gesehen habe Rechtsanwalt Zachmann ja sogar Recht, räumt Leonbacher ein. Trotzdem weist er dessen Vorwürfe als unbegründet zurück. Jeder Kreisverband könne nach wie vor frei darüber entscheiden, ob er bei Kommunalwahlen unter der Parteiflagge oder als unabhängige FW-Gruppierung firmiert. Auch gemeinsame Listen seien möglich. Zudem macht Leonbacher geltend, dass es die Doppelstruktur von zwei Kreisverbänden, dem der Partei und den alten FW-Kreisverband, im Landkreis bereits seit Jahren gibt und beide Kreisvorstände noch mit dem fast identischen Personenkreis besetzt sind. Er verweist außerdem darauf hin, dass fast alle der 25 FW-Ortsverbände mit Kandidaten auf der Kreistagsliste der Partei Freie Wähler vertreten seien. Nur der mit mehr als hundert Mitgliedern stärkste Ortsverband Olching zog, ebenso wie Zachmann, nachträglich alle seine Kandidaten wieder zurück, weil ihr Favorit bei der Aufstellung des Landratskandidaten durchgefallen war.

Seither gibt es laut dem Mammendorfer FW-Bürgermeister und Kreisrat Johann Thurner interne Probleme mit Zachmann. Jeder könne sich selbst einen Reim darauf machen, ob ein Zusammenhang zwischen dieser Niederlage und den Vorwürfen bestehe. Thurner rät dazu, die überholte Doppelstruktur aufzugeben und als FW künftig nach außen unter einem einheitlichen Erscheinungsbild aufzutreten. Zudem sei es rückblickend ein Fehler gewesen, die rund 160 Mitglieder des FW-Kreisverbandes nicht bei einer Versammlung vorab über die Änderung informiert zu haben. "Das ist der Schwachpunkt", gesteht Thurner. FW-Kreisrat Gerhard Landgraf geht mit dem Olchinger Kritiker härter ins Gericht. Er bezeichnet Zachmann als "Loser", der besser seinen Mund halten solle. Würde er, Landgraf, sagen, was er denke, wäre der Tatbestand der mehrfachen Beleidigung erfüllt. Laut Landgraf spricht es für sich, wenn es ein Ewald Zachmann als Olchinger Bürgermeisterkandidat nicht einmal mehr geschafft habe, in die Stichwahl zu kommen.

Zachmann war zwölf Jahre lang Bürgermeister in der FW-Hochburg Olching. Nach seinem Verzicht auf einer weitere Kandidatur bewarb er sich zweimal für die FW vergeblich um ein Landtagsmandat. Damals war Zachmann auch Bezirksvorsitzender und stellvertretender Landesvorsitzender der FW. Später bewarb er sich noch einmal erfolglos um das Bürgermeisteramt in Olching. Der Jurist legt Wert darauf, dass der Landesverband noch keine Partei war, als er für den Landtag kandidierte, weil in Bayern auch unabhängige Gruppierungen zu Landtagswahlen zugelassen sind. Deshalb beharrt er auch auf dem Vorwurf des Paradigmenwechsels. Den Status einer Partei nahmen die FW an, als sie bei Bundestagswahlen antraten. Zachmann ist gegen den Parteienstatus. Er spricht deshalb von einem Putsch mit dem Ziel, die älteren, etablierten FW-Kreisverbände auszuschalten und die Landespartei von oben nach unten einheitlich durchzugliedern.

Laut Zachmann änderte die Landespartei vor einigen Monaten sogar die Satzung, um damit erstmals der Partei die Teilnahme an Kommunalwahlen zu ermöglichen. Auch das bestreitet Leonbacher, obwohl er einräumt, dass auf den Rat des Landeswahlleiters hin die Parteisatzung zwar geändert, aber eigentlich nur konkretisiert worden sei, um die bereits bestehende Möglichkeit einer Teilnahme der Partei an Kommunalwahlen deutlicher hervorzuheben. Und der FW-Kreisvorsitzende beteuert auch, dass der Kreisverband bei mehreren Sitzung zusammen mit Ortsvorsitzenden über die Frage diskutiert habe, ob man zur Kreistagswahl als Partei oder unabhängige Gruppierung antrete. Allerdings ohne Zachmann. Dass Zachmann Informationsdefizite habe und davon nichts mitbekommen haben will, sei nicht seine Schuld, beteuert Leonbacher.

Mit sieben Kreisräten ist die FW-Fraktion zurzeit die viertstärkste im Kreistag. Thurner und Leonbacher befürchten, dass ein öffentlicher Streit mit Zachmann im Wahlkampf nur Stimmen kostet. Auch Zachmann weist darauf hin, wegen des Kommunalwahlkampfes sei intern Druck auf ihn ausgeübt und gesagt worden: "Das schadet uns". Ihm blute jedoch wegen der jüngsten Entwicklungen das Herz. Die Machtprobe mit der ungeliebten Partei Freie Wähler will Zachmann auf die Zeit nach der Kommunalwahl verschieben. Ändern lasse sich im Moment sowieso nichts mehr. Sollte der FW-Kreisverband versuchen, bei der nächsten Kommunalwahl 2020 wieder anzutreten, ist das nur noch möglich, wenn er dazu Unterschriften von Unterstützern sammelt. Sofern es den FW-Kreisverband dann noch gibt.

Leonbacher beteuert, dass es bei der Nominierung des Landratskandidaten und der zweimaligen Aufstellung der Kreistagsliste mit rechten Dingen zuging. Auch juristisch sei das Ergebnis der Nominierungsversammlungen nicht mehr auszuhebeln, meint er. Zachmann verweist dagegen darauf, dass es beim FW-Kreisverband nicht zu einer basisorientierten Willensbildung in Mitgliederversammlungen mit entsprechenden Beschlüssen gekommen sei. Das ist genau die Schwachstelle, die auch Thurner erwähnt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: