Flugzeugabsturz:"Der Unfall wäre absolut vermeidbar gewesen"

Flughafen-Tower Jesenwang

Der Tower in Jesenwang.

(Foto: Günther Reger)

Nach dem Absturz eines Sportflugzeuges mit zwei Toten wirkt der Flugplatz in Jesenwang täuschend normal. Der Flughafenchef geht von einem Pilotenfehler aus - dabei galt der Verunglückte als erfahrener Flieger.

Von Karl-Wilhelm Götte, Jesenwang

Auf der Terrasse des Flugplatzes Jesenwang aßen die Besucher in der dortigen Gastwirtschaft am Sonntag scheinbar entspannt zu Mittag. Gerade startete ein Flugzeug. Doch die Normalität gleich neben der Start- und Landebahn des Flugplatzes täuschte. Die meisten wussten vom tragischen Unfall vom Vorabend. Ein 50-jähriger Pilot aus dem Landkreis Augsburg war zusammen mit einer 49-jährigen Frau am Samstagabend gegen 20.45 Uhr nahe des Flugplatzes mit einem einmotorigen Ultraleichtflugzeug tödlich verunglückt.

Das Flugzeug vom Typ "Breezer" war etwa 600 Meter vom Flugplatz entfernt in der Verlängerung der Start- und Landebahn am nördlichen Ortsausgang von Jesenwang auf ein Feld gestürzt und in Flammen aufgegangen - 200 Meter neben der Ortsverbindungsstraße FFB 2 nach Mammendorf.

Augenzeuge des Unfalls war Maximilian Walch, der Betreiber des Flugplatzes. "Der Pilot ist eine steile Kurve geflogen", sagte Walch. Nach seiner Beobachtung habe der Pilot in der Schräglage des Flugzeuges die notwendige Mindestgeschwindigkeit "deutlich unterschritten" und sei dann ins Trudeln gekommen. "Das Flugzeug ist dabei mit der Nase nach unten vom Himmel gefallen", so der Augenzeuge.

Der Flughafenbetreiber geht von einem Pilotenfehler aus

Die Mindestgeschwindigkeit eines Ultraleichtflugzeugs müsse zwischen 60 bis 85 Stundenkilometer betragen. Befinde sich das Flugzeug in Schräglage, sollte die Mindestgeschwindigkeit laut Walch noch deutlich höher sein. Der Pilot habe über Funk kurz vor dem Absturz von Motorproblemen gesprochen. Der Flughafenbetreiber vermutete am Sonntagmittag im Gespräch mit der SZ jedoch einen Pilotenfehler: "Der Unfall wäre absolut vermeidbar gewesen."

Walch hielt sich zur Unglückszeit am Anfang der Startbahn auf. Der Tower am Flugplatz alarmierte sofort die Rettungskräfte. Walch war mit seinem Flughafeneinsatzfahrzeug umgehend zur Unfallstelle gefahren. Mit dem im Auto vorhandenen Feuerlöscher konnte er den Flugzeugbrand "in Sekunden löschen", wie er sagte. "Dass die beiden Insassen tot waren, konnte ich sofort erkennen", so der Augenzeuge.

Die alarmierten Feuerwehren aus der Umgebung, darunter Jesenwang, Mammendorf, Pfaffenhofen und Moorenweis, sperrten die nahe Ortsverbindungsstraße bis drei Uhr morgens ab und beteiligten sich an den Aufräumarbeiten. Am Sonntag trafen auch Sachverständige der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) am Unfallort ein und untersuchten die Überreste des Flugzeugs. Auch die Kripo Fürstenfeldbruck ermittelte vor Ort. Die stark verbrannte Leiche der Frau konnte laut Pressesprecher Hans-Peter Kammerer vom Polizeipräsidium Oberbayern-Nord noch nicht amtlich identifiziert werden. Man gehe aber davon aus, dass es die Ehefrau ist.

"Er hatte seit vielen Jahren eine Fluglizenz"

Der Pilot war der Flugschule am Flugplatz, bei der er das Flugzeug ausgeliehen hatte, seit einigen Jahren bekannt gewesen. "Er hatte seit vielen Jahren eine Fluglizenz", bestätigte Alexander Noll, der Geschäftsführer der Flugschule. Er bezeichnete ihn als "erfahrenen Flieger". Er wusste, dass dieser auch schon in den USA geflogen ist. Auch Walch bezeichnete den Piloten als "unauffälligen Flieger".

Das Unglück ereignete sich bei ruhigem Wetter ohne Wind und bei bester Sicht. Der Pilot war laut Flugplatzchef Walch bereits eine knappe Stunde geflogen. Dann habe er noch sechs Platzrunden angekündigt. "Das sind Runden von sechs Minuten um Jesenwang herum." Nach der ersten Runde sei der Pilot kurz aufgesetzt und gleich wieder durchgestartet. Der Absturz passierte wenig später bei der zweiten Platzrunde.

Den Flughafenchef erinnerte der Absturz an ein ähnliches Unglück vor exakt neun Jahren, als in Jesenwang ebenfalls ein Flugzeug abgestürzt war und zwei Insassen dabei ums Leben gekommen waren. "Allen sitzt das hier heute in den Knochen", meinte Walch selbst spürbar entsetzt. An so einem Sonnentag verzeichne er normalerweise bis zu 220 Starts auf dem Flugplatz. Nach dieser Tragödie rechnete er nur mit höchstens 60.

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