Flüchtlinge:Die Containerwand im Vorgarten

Gröbenzell: Geplante Asylbewerber-Unterkunft Fasanenweg

Auch wenn das Landratsamt das Flüchtlingsquartier nur vorsorglich für die Schublade plant, ist die Empörung der Nachbarn groß.

(Foto: Johannes Simon)

Auf einer Freifläche zwischen Einfamilienhäusern soll eine zweigeschossige provisorische Flüchtlingsunterkunft entstehen. Anwohner halten das für unzumutbar und protestieren. Bei einem Ortstermin üben nun auch Gemeinderäte Kritik am Landkreis

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Für normale Hausbesitzer, die das Glück haben, einen Garten ihr eigen zu nennen, ist der Montag der ideale Zeitpunkt, endlich mal einen lauen Sommerabend im Freien auf der Terrasse oder gleich auf dem Rasen zu verbringen. Die Sonne scheint, es riecht nach frischem Gras, Vögel sind zu hören. Für die Schönheit der Bäume oder ihres Wohnumfeldes hat die Gruppe von etwa dreißig Frauen und Männern, die sich gegen 19 Uhr auf einer gepflegten Freifläche zwischen Fasanenweg und Pfefferstraße am hintersten nordwestlichen Winkel von Gröbenzell zwischen vier mit Pflöcken und rotweißen Flatterbändern abgegrenzten Parzellen einfinden, nicht viel übrig. Hier ist an dem Abend nichts normal. Es herrscht Aufruhr im Garten hinter einem typischen Altgröbenzeller Siedlungshäuschen aus den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts. "Es ist ein Wahnsinn", ist zu hören und: "das ist der Hammer". Ober es wird von einem "unglaublichen Ausmaß" gesprochen.

Gemeint sind die vier abgesteckten Felder mit einer Grundfläche von 450 Quadratmetern, die zeigen, wie ein Planer versucht, insgesamt 46 Wohncontainer für 60 Flüchtlinge mal übereinander gestapelt, mal einstöckig mitten in das arrivierte Wohngebiet auf eine dafür viel zu kleine Freifläche zu quetschen. Unter Missachtung der durch das Baurecht vorgegebenen Abstandsflächen zu den Nachbarn. Auch über das Baufenster, das normalerweise den Bereich vorgibt, in dem Gebäude errichtet werden dürfen, setzt sich der Planer hinweg.

Bis auf sechs Gemeinderäte gehört jedem oder jedem Ehepaar, das sich entrüstet einfindet, ein Wohnhaus in der Nachbarschaft. Man stellt sich vor, indem man auf das Eigenheim zeigt. Manche haben erst neu gebaut. Andere, wie Günther und Christa Rommerskirchen, leben hier schon seit 40 Jahren in einer Doppelhaushälfte. Als die Rommerskirchners hierher zogen, stand das schmucke hellblaue Siedlungshäuschen noch allein auf einem parkähnlichen Grundstück, das sich im Laufe der Jahre nach und nach mit weiteren Wohnhäusern füllte. Nun soll auf der letzten noch freien Rasenfläche vor den Fenstern der Rommerskirchners eine fünf Meter hohe und 24 Meter lange Wand aus Containerelementen entstehen. Dass die Wohnanlage schon wegen der Dimensionen nicht zum gutbürgerlichen Quartier passt, ist offensichtlich.

Das sehen auch die sechs Gemeinderäte so, für ihr Anliegen muss keiner der besorgten Nachbarn werben. Für CSU-Mitglied Detlef Arzt hat das Bauvorhaben des Landratsamts "schwer ein G'schmäckle". Schließlich soll das 1750 Quadratmeter große Grundstück einem Maisacher CSU-Gemeinderat, also einem Parteifreund von Landrat Thomas Karmasin, gehören. Der Landrat hatte allerdings schon früher auf SZ-Anfrage beteuert, nicht gewusst zu haben, auf wessen Grund sein Amt in Umsetzung einer Ausnahmeregelung zum Bau von Flüchtlingsquartieren plante. SPD-Fraktionssprecher Peter Falk bezeichnet es als ärgerlich, dass der Landrat schon mehrmals in Gröbenzell Privatgrundstücke von CSU-Mitgliedern für Flüchtlingsunterkünfte ins Gespräch gebracht habe. Daniel Homer (Grüne) spricht davon, dass auch für die Flüchtlinge, die hier leben sollen, eine unmögliche, unzumutbare Situation entstehe. Es gehe darum, der Gemeinde in der Auseinandersetzung mit dem Landratsamt den Schwarzen Peter zuzuschieben, sagt Holmer.

Der Sprecher der Anwohner, Stephan Freudenstein, steuert Zahlen bei und baurechtliche Überlegungen. Das Areal für die Container sei samt Siedlungshaus 1750 Quadratmeter groß. Die zulässige Geschossflächenzahl, also das maximale Baurecht, wird mit 520 Quadratmetern angegeben, mit dem Flüchtlingsquartier werden es etwa 300 Quadratmeter mehr. Freudenstein bezweifelt, dass die Interessen der Nachbarn gewürdigt wurden. Auch für Rettungsfahrzeuge werde es kein Durchkommen geben, meint er. Auch Hans Böhmer (FW) hat Verständnis für die Anwohner. Er regt an, eine konsensuale Lösung zu finden. Zudem weist er darauf hin, dass die Einschränkung der Planungshoheit der Gemeinde verhältnismäßig sein müsse.

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