Flächenfraß im Brucker Land:Gemeinsam gegen die Bauwut

Umweltverbände und andere Gruppen wollen mit einer Unterschriftenkampagne die Versiegelung der Landschaft stoppen. Sie werben für Flächenrecycling und fordern Nachhaltigkeitsbeiräte mit Vetorecht.

Peter Bierl

Rund 2600 Quadratmeter Land werden im Landkreis Fürstenfeldbruck jeden Tag im Durchschnitt verbaut. Dagegen will ein Bündnis aus Umweltverbänden und anderen Gruppen nun kämpfen. Am Donnerstag präsentierten Eugenie Scherb, stellvertretende Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz, und ihre Mitstreiter eine Unterschriftensammlung mit dem Slogan "Stoppt die Flächenversiegelung". Sie fordern, keine weiteren Gewerbegebiete auszuweisen und keine neuen Straßen mehr zu bauen. In allen Kommunen und auf Kreisebene sollen Umwelt- oder Nachhaltigkeitsbeiräte mit Vetorechten eingerichtet werden.

Moorenweis: FLAECHENFRASS - Gewerbegebiet / Netto-Markt

Jede Kommune will ein Gewerbegebiet - hier das von Moorenweis. Das kostet viel Fläche.

(Foto: Johannes Simon)

Der Landkreis Fürstenfeldbruck nehme in Bayern einen traurigen Spitzenplatz im Flächenverbrauch ein, rügte Scherb. "Trotz Klimakonferenzen und großer Agenda-21-Veranstaltungen im Landratsamt gibt es kein Umdenken. Bei der Fläche herrscht eine Wegwerfmentalität", sagte sie. Anlässlich der Debatten um das Landesentwicklungsprogramm und das Leitbild des Kreistages melden Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz (LBV), die Aktion Zivilcourage für einen gentechnikfreien Landkreis, das Sozialforum Amper, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und das Brucker Verkehrsforum ihren Protest an, unterstützt von den Unabhängigen Bürgervereinigungen (UBV), Grünen und ÖDP.

Die zentrale Forderung lautet, den grenzenlosen Landschaftsverbrauch im Landkreis zu stoppen. Für neues Gewerbe sollten alte Flächen recycelt werden, forderte Max Keil (UBV). Der Umweltreferent des Kreistages nannte das Mahla-Gelände in Puchheim und die Tonwerke Emmering als Beispiele. Auch in nicht mehr landwirtschaftlich genutzten Bauernhöfen ließe sich Gewerbe unterbringen. Außerdem sollen Gewerbeflächen gemeindeübergreifend genutzt werden. "Im Moment wird jeder Bürgermeister bestraft, der nicht noch mehr Gewerbe ansiedelt. Wir brauchen eine Zusammenarbeit", forderte Scherb.

Auch den Bau neuer Straßen will das Bündnis stoppen, weil Straßen tote Böden produzierten und viele Schadstoffe hinterließen. Bestehende Natur- und Landschaftsschutzgebiete müssten erhalten, Moorgebiete wieder vernässt werden, landwirtschaftliche Flächen der Produktion von Nahrungsmitteln dienen. "Das Land soll der regionalen Versorgung dienen und nicht der Biogas- und Biosprit-Produktion", lautete eine weitere Forderung von Scherb.

Sie warnte ebenso wie Uschi Anlauf vom LBV, dass jede Bodenversiegelung eine fast irreparable Zerstörung bedeute. "Die Artenvielfalt geht verloren, Ersatzpflanzungen bieten keinen echten Ersatz", sagte Anlauf. Eine "Entsiegelung" von Böden fände nur ausnahmsweise statt und dann dauere es Jahrzehnte, bis sich der Boden erholt. Friedrich Meyer-Stach vom Sozialforum warnte davor, dass der Raum München zum "neuen Ruhrgebiet" mutiere, mit noch höheren Mieten und ohne zusammenhängende Naturgebiete. Er verlangte eine generelle Abkehr vom Wirtschaftswachstum und eine bayernweite Entwicklungsplanung, um zerstörerische Prozesse zu unterbrechen. "In anderen Regionen herrschen Arbeitslosigkeit und Abwanderung, hier wird alles zugebaut."

Eine zentrale Forderung des Bündnisses sind Nachhaltigkeitsbeiräte auf Landkreis- und Gemeindeebene. Sie sollen mit Vertretern der Umweltverbände besetzt werden und bei umweltrelevanten Vorhaben ein Vetorecht gegenüber den Kommunalparlamenten haben, sagte Keil. Wichtig ist den Initiatoren der Unterschriftenaktion die Aufklärung der Bürger. "Wir brauchen ein breites Verständnis des Themas, dann reagiert die Politik", sagt Scherb.

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