Falsches Kennzeichen:Doppelte Ahndung

Jugendrichterin stellt Verfahren wegen Steuerhinterziehung ein

Wer in Deutschland lebt und mit einem Auto herumfährt, das in einem anderen Staat angemeldet ist, macht sich der Steuerhinterziehung strafbar. Zumindest wenn dieser Zustand länger als ein Jahr dauert. Das hat nun eine 22-Jährige mit deutsch-polnischer Staatsbürgerschaft gelernt. Ihr Unwissen kam die junge Mutter teuer zu stehen: Die Finanzbehörde forderte von der Germeringerin und ihrem Mann jeweils 800 Euro Strafe. Der entstandene Schaden lag laut Anklage der Staatsanwaltschaft nur bei 503 Euro. Da das Ehepaar zumindest mehr als die Hälfte der Steuerschuld bereits bezahlt hat, stellte die Jugendrichterin das Amtsgerichts das Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen die 22-Jährige ein.

Wie die Staatsanwältin der Germeringerin vorwarf, hatte diese zwischen Januar 2015 und September 2016 einen Pkw mit polnischem Kennzeichen gefahren, obwohl sie ihren Hauptwohnsitz in Germering hatte. Sie lebe erst seit Anfang 2016 in Germering, aber schon ihr ganzes Leben lang in Deutschland, erklärte die Angeklagte. Ihr Mann sei erst etwa seit fünf Jahren hier; das Auto hätten sie beide genutzt.

Richterin Anna Kappenschneider entnahm der Akte, dass die Anklage auf der polizeilichen Vernehmung des Mannes der 22-Jährigen basierte. Demnach war vor allem die Frau mit dem Auto gefahren. "Entscheidend ist, wer das Auto nutzt", sagte die Vorsitzende. Inzwischen habe der Mann geschrieben, dass er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen und nicht gegen seine Frau aussagen wolle. Deshalb erschien er auch nicht zur Verhandlung.

Wie die junge Frau in der Gerichtsverhandlung berichtete, "kamen auf einmal zwei Rechnungen, wir waren selber verwirrt". Eine Behörde forderte einmal 800, einmal 600 Euro Strafe. "Das hat mein Mann dann auch bezahlt", sagte sie, war sich aber nicht ganz sicher, ob schon die gesamte Forderung beglichen war. "Ist das auch von den Finanzbehörden verfolgt worden?", fragte die Richterin. Erneut blätterte sie in der Akte, um dann zu erklären, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen beide Ehepartner für jeweils 800 Euro Geldbuße an den Münchner Verein Biss eingestellt habe. Laut Verein war aber von der Angeklagten keine Zahlung eingegangen, weswegen ihr Verfahren nicht eingestellt worden war und sie sich jetzt auf der Anklagebank wiederfand. Die Staatsanwältin war einverstanden mit dem Vorschlag der Richterin, das Verfahren einzustellen. Beide glaubten der Angeklagten, dass ihr Mann mindestens seine Strafe bezahlt habe. "Vielleicht haben Sie schon Ihre Geldauflage gezahlt, das lässt sich jetzt nicht überprüfen", sagte Kappenschneider. Offenbar war die Akte lückenhaft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: