Energiewende:Stadt kassiert bei Bauherrn ab

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Großteil des Gewinns soll in Bruck künftig der Allgemeinheit dienen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Kreisstadt nimmt Bauträger stärker in die Pflicht. Bei Projekten mit mehr als 500 Quadratmetern Geschossfläche müssen heute schon vier von zehn Einheiten im sozialen Wohnungsbau errichtet und im Zuge der sozial gerechten Bodennutzung (Sobon) auch mal Kitas mitfinanziert werden. Neu ist, dass nun für alle Neubauten höhere energetische Standards gefordert werden als gesetzlich vorgeschrieben: Der Umweltausschuss plädiert einstimmig dafür, dies in privat- und städtebaulichen Verträgen einzufordern. Die Stadt wäre landkreisweit Vorreiter.

Im Zuge ihrer Planungshoheit entscheidet eine Kommune, wann und wo Ackerland zu Bauland wird. Statt an die zehn Euro lassen sich dann um die tausend Euro pro Quadratmeter erlösen. Die Grundeigentümer zahlen bislang zwar für den Anschluss an Kanalnetz und Straße, ein großer Teil des Wertzuwachses floss bislang aber in die eigene Tasche. Bruck will nun alle Einwohner am Wertgewinn beteiligen - als Mieter günstiger Wohnungen, als Nutzer von Kitas oder Schulen oder schlicht durch ein Plus beim Klimaschutz. Neue Häuser sollen künftig mindestens den KfW-Effizienzhausstandard 55 erfüllen. Passivhausstandard, wie ihn die Stadt mit eigenen Neubauten wie jenen an Sulzbogen oder Parsevalstraße erreicht, ist das zwar nicht. Dem Energieverbrauch steht also nicht eine mindestens ebenso große "hausgemachte" Energieerzeugung gegenüber. Gleichwohl wird gut ein Viertel weniger CO₂ emittiert als beim heutigen Standard, dem KfW-70-Haus. Die Mehrkosten werden durch staatliche Fördergelder teils kompensiert, wie ein Beispiel der Klimaschutzbeauftragten Anja Wendler zeigt: Von 108 000 Euro bleiben am Ende nur noch 8500 Euro übrig. Zudem steigt der Wert der Immobilie. Wird der Standard verfehlt, drohen Vertragsstrafen, die wiederum für Klimaschutzmaßnahmen wie Aufforstungen eingesetzt werden sollen.

Investoren, die große Flächen jenseits der 18000 Quadratmeter bebauen wollen, müssen als Alternative ein umfassendes Energiekonzept ausarbeiten und dieses umsetzen. Darin können Heizsysteme ebenso festgelegt werden wie Gebäudeausrichtung und Ausstattung mit Solarzellen. Mehr als 60 Prozent des mit einem Baurecht verbundenen Wertzuwachses dürfen allerdings unterm Strich durch die Sobon nicht abgeschöpft werden. Würde sich dies abzeichnen, müsste die Stadt Abstriche beim Sozialen Wohnungsbau oder der Energieeffizienz machen. Denn das Bauen in Bruck soll sich weiterhin lohnen. Dort sind große Neubaugebiete freilich rar. Das Gelände von Grimmplatten, auf dem ein Wohnquartier entsteht, und das Areal an der Veilchenstraße kommen zurzeit in Betracht, künftig allerdings sicher auch der Fliegerhorst. Ziel der Stadt ist es, mit all den Maßnahmen die CO₂-Emissionen weiter zu reduzieren und so dem eigenen Klimaziel näherzukommen. Wendler räumt zwar ein, dass dies kein Ersatz für das viel wirkungsvollere Dämmung von Häusern aus den Siebziger- und Achtzigerjahren ist. Durchsetzen kann die Stadt aber eben nur Auflagen im Neubaubereich, also dort, wo "zusätzliches Baurecht" geschaffen wird. Hier lässt sich der Klimaschutz mit Mitteln der Bauleitplanung durchsetzen.

Stadtrat Hans Schilling (CSU) warnte im Umweltausschuss davor, Bauträger durch das Energiekonzept zu überfordern und bedauert, dass man weiterhin kaum Einfluss auf die architektonische Gestaltung nehmen kann. Und Georg Stockinger (Freie Wähler) hat "Bauchschmerzen" beim Thema Gewinnabschöpfung und warnte vor Konflikten wegen umstrittener Wertgutachten. Ende November wird der Stadtrat entscheiden.

© SZ vom 18.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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