Emmering:Leichte Beute

Angler Emmeringer See

Viele Geduld benötigen die Wörthseefischer am Emmeringer See nicht: Fast ein jeder hat seine drei Forellen schnell zusammen.

(Foto: Günther Reger)

Beim sogenannten Anfischen am Emmeringer See profitieren gut 100 Hobbyangler davon, dass die ausgesetzten Regenbogenforellen seit Wochen nicht gefüttert wurden und daher hungrig sind

Von Karl-Wilhelm Götte, Emmering

Nicht nur Tierschützer, auch viele andere Menschen halten das für einigermaßen schräg, was die Wörthseefischer treiben. Vor vier Wochen hat der Fischereiverein den Emmeringer See mit etwa 500 Regenbogenforellen befüllt, um dann an einem Sonntagmorgen 300 Fische von hundert Hobbyanglern wieder herauszuangeln. "Die Fische haben vier Wochen nichts gefressen und haben schon auf uns gewartet", beschreibt Volker Goudschmidt die günstige Ausgangslage für die Angler, die sich um acht Uhr morgens um den Emmeringer See aufgereiht haben. Als die Starthupe das "Anfischen" des Vereins einläutet, machen sich die offenbar ausgehungerten Forellen gleich massenhaft über den beliebten Köder her.

Goudschmidt hatte seine drei Forellen in zwölf Minuten gefangen. "Die Fische sind schon auf dem Wasser im Kreis geschwommen", hat der 51-jährige Brucker beobachtet. Er angelt schon seit seiner Kindheit. Drei Fische sind das Maximum pro Angler, das der Verein gestattet. In einem Plastikbeutel trägt Goudschmidt, wie alle anderen Angler auch, seine Ausbeute zum Wiegen. Wiegechef Wolfgang Melzer erwartet ihn schon. "1510 Gramm wiegen die drei Fische", sagt Melzer. Das Gewicht ist an diesem Morgen eigentlich nicht so wichtig, aber notiert wird es trotzdem, denn bei der nächsten Vereinsversammlung werden die zehn besten "Gewichtsangler" geehrt. Beim "Königsangeln", dem Saisonhighlight der Wörthseefischer Ende Juni, entscheidet das Gewicht darüber, wer der jährliche Angelkönig wird. Da geht es manchmal um wenige Gramm Differenz, so dass einige ganz schlaue Angler den Fischen schon mal einige Steinchen ins Maul stecken, um die Nase vorn zu haben. Doch Gewichtswart Melzer kann das nach vielen Jahren nicht mehr beeindrucken. "Wir kennen unsere Pappenheimer", meint er gelassen.

Am Emmeringer See hatte Gewässerwart Ingo Katterloher, 57, alles bestens vorbereitet, dass möglichst alle Angler für Fünf-Euro-Startgeld ihr Erfolgserlebnis haben können. "Es gab freie Platzwahl rund um den See, da gab es kein Problem", bilanziert Katterloher zufrieden. Vorbei ist offenbar die Zeit, in denen Angler noch mit einem lebenden Wurm oder einem kleinen Stückchen gekochter Kartoffel am Angelhaken auf Beutejagd gehen und der Saibling oder der Aal sich möglicherweise ob des Angebots noch angewidert abwenden konnte. Forellen sind heutzutage auf den sogenannten Forellenteig konditioniert, den die meisten Angler als Köder um den Angelhaken herumkneten. Dieser Teig lockt die Fische mit Aromen an. Er schmeckt mal nach Käse, nach Krabbe, nach Bienenmaden oder nach Wurm. Der Köder leuchtet zudem in Pink, Gelb oder Blau und seine Glitzerpartikel ziehen die Fische zusätzlich an. Der Wunder-Teig für den ungleichen Kampf mit dem Fisch wird industriell gefertigt und das kleine 100-Gramm-Glas kostet 2,99 Euro.

"Bei diesem Köder beißen die Fische wie blöd", sagt auch Tanja Wild, einige der wenigen angelnden Frauen an diesem Sonntag. Ihre drei Fische wiegen 1540 Gramm. Auch sie erreicht das Tageshöchstgewicht von über 2300 Gramm nicht, das ein Angler mit drei riesigen Forellen gesetzt hat. Wild, 34, kommt aus Langwied und ist als Kind mit zwei Fischweihern ihrer Eltern aufgewachsen. Im Verein ist sie Kassiererin. Auch ihr Ehemann Stephan ist beim Anfischen dabei; vor vier Jahren hat sie ihn zum Angeln gebracht. Die sechs Fische, die die Wilds zusammen gefangen haben, werden heute noch verspeist. "Ich nehme sie aus und dann kommen sie auf den Grill", kündigt Tanja Wild an. Auch die Ehefrau von Daniel Singer, 36, freut sich auf den Fang ihres Mannes. Der Eichenauer hat neben zwei Forellen auch einen Saibling gefangen, den sich seine Frau gewünscht hat. "Mission zu hundert Prozent erfüllt", sagt Singer und strahlt.

Um zehn Minuten vor zwölf stand nur noch eine Handvoll Angler am See, denen noch der dritte Fisch zum Glück fehlte. Walter Zierer ist einer von ihnen. "Links und rechts von mir haben sie ganz schnell ihre Fische gefangen", erzählt der 58-jährige ehemaliger Germeringer etwas geknickt. Um den Frust loszuwerden, hatte er sich zwischendurch ein Weißbier gegönnt. Gleich daneben musste Peter Wimmer miterleben, wie seine ebenfalls angelnde Ehefrau Christiane schnell ihre drei Forellen aus dem Wasser holte und der 75-jährige Münchner bei der Schlusshupe um zwölf Uhr nach vier Angelstunden auch mit nur zwei Fischen dasteht. Zwei weitere Forellen hatte er bereits an der Angel gehabt, aber nicht in den Kescher gebracht. "Demnächst fahren wir nach Norwegen zum Angeln", sagt Wimmer und hakt die Schmach vom Emmeringer See schnell ab.

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