Ein Ordensmann, der E-Gitarre spielt und es bis zur Vorband der legendären Rockgruppe Deep Purple bringt, ist in einer Zeit, in der Massenmedien vor allem der seichten Unterhaltung dienen, ein Glücksfall. Zumal Notker Wolf, vormaliger Erzabt der Benediktiner in Sankt Ottilien und Abtprimas des Ordens, anscheinend kaum einen Talkshow-Termin auslässt, wenn man Heidemarie Winter glauben darf, einer freien Journalistin, die eine Biografie über den Mann auf den Markt geworfen hat. Ihre Story beginnt mit der Wahl zum Abtprimas im Jahr 2000, dann geht es wie in einer Zeitreise zurück, über Sankt Ottilien und die Mission in China und Korea bis in die Kindheit und endet mit einer ziemlich detaillierten Schilderung diverser Lesungen und Fernsehauftritte des umtriebigen Mönchs.
Dabei finden sich allerlei Anekdoten, die man nicht wirklich wissen will, etwa wann und wo sich der Abtprimas im Pool zu Rom den Zeh gebrochen hat oder dass er mit der E-Gitarre in der Business-Class Mitreisenden auf den Wecker geht, aber durchaus auch einige Perlen: Etwa dass der Ordensmann, der im Jahr 300 000 Flugmeilen zurücklegt und allein damit einen beachtlichen ökologischen Fußabdruck hinterlässt, bei Auslandseinsätzen ein komfortables Hotelbett der Mönchsklause vorzieht. Wer würde es ihm verdenken? Vielleicht ist es auch Ironie, wenn die Autorin Notker Wolf zum Nonkonformisten und Tabubrecher stilisiert. Denn mit der wenig barmherzigen Auffassung, Langzeitarbeitslose sollten noch weniger als die erbärmlichen Hartz-IV-Sätze bekommen, dürfte der Benediktiner kaum allein stehen. Das Werk "Worauf warten wir?" (2006), das Winter anführt, weist den rockenden Mönch eher als Reaktionär aus, der damals Sozialabbau predigte und die Koalition der österreichischen Christdemokraten mit der FPÖ ebenso verteidigte wie einen italienischen Politiker, der Homosexualität als Sünde schmähte und deswegen nicht EU-Kommissar wurde.
Heidemarie Winter, Höllenfahrten und Himmelstreppen. Der Mensch Notker Wolf, Kösel-Verlag, 234 Seiten, 17,99 Euro