Eichenau:Wie aus der guten alten Zeit

Eichenau: Katholische Pfarrei - Silvesterkonzert

Mal leidenschaftlich, mal zurückhaltend: Christian Brembeck und Rebecca Rust am letzten Tag des Jahres 2015.

(Foto: Simon)

Cellistin Rebecca Rust und Pianist Christian Brembeck in Eichenau

Von Klaus Mohr, Eichenau

Es hätte eine Nebensächlichkeit sein können, erhielt dann aber eine fast programmatische Note: Auf der Bühne des modernen und nüchternen Kardinal-Döpfner-Saales im Eichenauer Pfarrzentrum stand ein Stuhl, wie er sich in alten, urgemütlichen Wirtshäusern findet, und auf ihm lag ein buntes Kissen. Dieser Stuhl war reserviert für Rebecca Rust mit ihrem Violoncello aus Mozarts Todesjahr 1791. Am Silvesterabend war Christian Brembeck ihr Kammermusikpartner an dem Nachbau eines Wiener Hammerflügels aus dem Jahr 1805. Auf dem Programm standen Werke von Robert Schumann, Ludwig van Beethoven und Felix Mendelssohn Bartholdy.

Das chronologisch zuletzt entstandene Werk stand am Beginn: Robert Schumanns Adagio und Allegro in As-Dur op. 70 aus dem Jahr 1849. Die Cellistin fand im Adagio vom ersten Takt an einen wunderbaren Weg, ihren klar entschlossenen Ton mit Wärme und ausgeglichenem Vibrato zu verbinden. Der hell silbrige, ganz schlanke Klang des Hammerklaviers bildete dazu auf den ersten Blick einen Kontrast, doch war er bei genauerem Zuhören eher eine sinnfällige Ergänzung. Das hatte damit zu tun, dass dem Melodieinstrument in dieser Romanze mehr ausgedehnte Kantilenen zugedacht sind, während das Tasteninstrument diese mit vielerlei Spielfiguren in ein harmonisches Gewand hüllt. Die Sonorität des Tons übernahm Rebecca Rust auch ins folgende Allegro, was aber nicht zu Lasten eines flexiblen Bogenstrichs ging. Intensive Dialoge zwischen beiden Instrumenten veränderten die klanglichen Gewichte zwischen ihnen, doch blieb der Primat des Cellos stets erhalten. Hinzu kam eine deutlich spürbare Leidenschaftlichkeit im Gestus, deren Wurzel eine Spur Virtuosität nur an der Oberfläche war. Wer das Publikum beobachtete, konnte feststellen, mit welcher Konzentration es gebannt den Klängen lauschte. Das war dem tiefer liegenden Umstand zu verdanken, dass dem Ton der Cellistin eine ganz persönliche Seele zugrunde lag, der intuitiv Saiten in den Zuhörern zum Klingen brachte. Wie gemütliche Wirtshäuser auch, so ist ein solches Musizieren heute sehr selten geworden, hat aber, wie hier zu erleben, nichts an Attraktivität verloren.

Zwei Sonaten folgten, zunächst die in A-Dur op. 69 von Ludwig van Beethoven und dann die in D-Dur op. 58 von Felix Mendelssohn Bartholdy. Beiden Werken war gemeinsam, dass ihre jeweils ersten Sätze im Allegro-Tempo so in sich geschlossen und abgerundet waren, dass die Sonaten an dieser Stelle hätten auch schon zu Ende sein können. Vielleicht war es mehr die Konvention, die einen Beifall an dieser Stelle verhinderte. Bei Beethoven verschmolzen die beiden Musiker die unterschiedlichen thematischen und spieltechnischen Ansatzpunkte zu einer sinnlogischen Einheit. Mendelssohns Kopfsatz war so von unendlicher Kantabilität durchströmt, dass der Hörer wie leicht benommen den Musikern folgte. In letzterem Werk schloss sich ein schön fließendes Allegretto an, das mit der Kombination aus gezupften Tönen beim Violoncello und Staccato-Anschlag beim Hammerklavier überzeugte. Wie sprechende Musik mutete das Adagio an, wobei das Cello die Rolle des Sängers übernahm. Kraftvoll und voll klanglicher Intensität gelang schließlich der Allegro-Finalsatz. Das Scherzo der Beethoven-Sonate lebte von einem sublimierten Klang, in dem die Pausen wichtiger waren als die Töne. Federnde Eleganz und Esprit beherrschten den Schlusssatz, der dadurch gelöst und heiter wirkte. Dass im Beethoven-Werk immer wieder einzelne Töne danebengingen, fiel unter dem Strich kaum ins Gewicht.

Die fast unausweichliche Zugabe, Mendelssohns einziges "Lied ohne Worte" für Violoncello und Klavier in D-Dur op. 109, erklang als zweite Zugabe und absoluter Schlusspunkt. Zuvor hatten die Musiker Benjamin Brittens "Salut d'amour" in einer weder sentimentalen noch kitschigen, sondern abgeklärt zurückhaltenden Interpretation gespielt. Die Konzertgemeinde ließ anschließend das Jahr bei einem Glas Sekt im Foyer ausklingen.

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