Eichenau:Verkehrsberuhigung ist Eichenauern zu teuer

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Bei der Bürgerversammlung gibt es nur an der Straßenführung beim Ortseingang am See Kritik. Ansonsten bleibt es trotz des bevorstehenden Entscheids über einen Supermarkt ruhig

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Die Gemeinde genießt ein wenig Wohlstand, sie ist sicher und im Grunde gibt es momentan keinen Grund, sich aufzuregen. Das scheinen die Eichenauer auch so zu sehen, was ihre Diskussionsfreude an diesem Montagabend keineswegs bremst. Denn die Bürgerversammlung ist der Ort, an dem sie ihre Meinung sagen können, vorrangig und am liebsten zu den Straßenbauprojekten, dem Verkehr, dem Lärm, der ja unmittelbar mit dem Verkehr zu tun hat, und ein wenig auch mit dem Vandalismus und den derzeit noch fehlenden Plätzen in der Mittagsbetreuung für Grundschüler. Für alle Fragen, Anregungen und Anwürfe hat Eichenaus Bürgermeister Hubert Jung Antworten parat.

Großes Interesse zeigen die Eichenauer an der Bürgerversammlung im Bürgerzentrum Friesenhalle. Bürgermeister Jung informierte über neue Projekte. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Wäre an diesem Abend die Hauptversammlung eines Vereins, so würde Jung nach seinem Rechenschaftsbericht vielleicht nicht alle Stimmen für eine Entlastung bekommen. Irgendjemand ist ja immer dagegen. Aber Jung, der in seiner bisher 17 Jahre dauernden Amtszeit als eine Art Moderator meist einen gangbaren Weg zwischen der Notwendigkeit staatlichen Handelns und den hohen Ansprüchen und Eigenheiten der Eichenauer gefunden hat, kommt auch damit zurecht. Es ist seine vorletzte, reguläre Bürgerversammlung, bevor er im kommenden Jahr aus dem Amt scheidet. Er muss keinen Wahlkampf mehr führen, wenn 2016 gewählt wird, er ist den Bürgern verpflichtet, und so trägt er am Montagabend wie in den Jahren zuvor aktuelle Zahlen und Fakten zur Lage der knapp 13 000 Einwohner zählenden Kommune im Speckgürtel der Landeshauptstadt vor. Es sind positive Zahlen und Aussichten, immerhin macht die Gemeinde seit zwei Jahren keine neuen Schulden, ja sie tilgt sogar kräftig Altschulden. In den vergangenen zehn Jahren wurden 42 Millionen Euro investiert, unter anderem in ein neues Feuerwehrgerätehaus. Jung muss dabei nicht extra betonen, dass solche Vorhaben nur mit einem willigen Gemeinderat und einer gut funktionierenden Verwaltung zu schaffen sind. Aber es schwingt in seinem Vortrag mit, dass er das Fachwissen seiner Leute ebenso schätzt wie den politischen Diskurs im Gemeinderat. Dennoch muss er einen Fehler eingestehen, der jüngst passiert ist im Zusammenhang mit der Vergabe von Plätzen für die Mittagsbetreuung. Ein Brief an die Eltern von 22 Grundschülern verließ sein Rathaus, noch bevor eine Lösung für die fehlenden Plätze gefunden war. Die gebe es noch nicht, wie Jung einer besorgten Mutter sagen muss, wobei Jung die Betonung auf das "noch" legt. Noch jedes Jahr habe es die Gemeinde irgendwie geschafft, die Kinderbetreuung sicherzustellen. "Es wird im Mai eine Lösung geben", legt sich der Bürgermeister fest.

Um Lösungen sind Jung und seine Mitstreiter im Rathaus und am Ratstisch auch bemüht, wenn es um die Verkehrsprobleme geht, die die Eichenauer Bürger vorbringen. Dieses Mal muss er sich gegen den Vorwurf zur Wehr setzen, bei den verkehrsberuhigenden Maßnahmen in der Roggensteiner Allee sei "zu viel Geld verbaut" worden. Gut 80 000 Euro hat schließlich die Verschwenkung am Ortseingang gekostet, die dazu dienen soll, die Ortsgrenze sichtbarer zu machen, die Verkehrssicherheit an der Einfahrt zum Eichenauer See zu verbessern und die mit anderen Maßnahmen dazu führen soll, dass Autofahrer mit gleichmäßiger Geschwindigkeit dahinrollen. "Verstetigen" heißt das Zauberwort, das der Verkehrsplaner dafür geprägt hat, und Jung benutzt es gerne und erklärt den Sinn des Ganzen, der den meisten im Saal des Bürgerzentrums nicht einzuleuchten scheint. Auch die Olchinger Polizei, bei dieser Bürgersammlung vertreten durch Kommissar Wolfgang Klein, ist gespannt auf die Ergebnisse, wurde und wird laut Tempomessungen auf der Roggensteiner Allee doch oft "aufgedreht".

Als Jung nach exakt einer Stunde seinen Jahresbericht beendet, macht er einen zufriedenen Eindruck. Heuer wird sich noch einmal der Bürgerwille in einem Entscheid über den geplanten Edeka ausdrücken, es ist der zweite Bürgerentscheid in Jungs Amtszeit. Der erste, 1999 über die Umfahrungsvarianten, erreichte das nötige Quorum nicht. Der Bürgermeister hat in der bisherigen, insgesamt nicht immer sachlichen Diskussion über den Supermarkt den Eindruck vermittelt, als respektiere er das Instrument des Bürgerbegehrens, aber nicht dessen Inhalt. Das nehmen die Besucher der Bürgerversammlung zur Kenntnis, aber sie nehmen es nicht als Anlass für eine Diskussion. Das verfolgt, weiter hinten im Saal, auch Dirk Flechsig. Der Fraktionsvorsitzende der CSU ist der designierte Kandidat seiner Partei und könnte, wenn sich das Wahlverhalten der Eichenauer nicht schlagartig ändert, zum Bürgermeister gewählt werden. In zwei Jahren würde er dann vorne am Pult stehen und könnte nach seinem ersten Amtsjahr erklären, wie gut es der Gemeinde noch geht.

© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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