Eichenau:Integration am Maibaum

Eichenau: Anfassen dürfen die Asylbewerber die Schwalben, aber beim Aufstellen helfen dürfen sie Benjamin Götzenberger (links) am 1. Mai nicht.

Anfassen dürfen die Asylbewerber die Schwalben, aber beim Aufstellen helfen dürfen sie Benjamin Götzenberger (links) am 1. Mai nicht.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

In Eichenau hat der Maibaumverein die in ihrer Gemeinde lebenden Asylbewerber eingeladen. Was es mit dem Baum auf sich hat, lässt sich erklären. Aber wie übersetzt man "Knödel"?

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Er kann alles umschreiben und übersetzen, nur "Knödel" nicht. "Das gibt es im Arabischen nicht", sagt Ibrahim El-Mahgary und lacht. Gerade eben hat er einem Teil der Eichenauer Asylbewerber das auf Arabisch gesagt, was Bastian Vollert ihnen nach der Besichtigung des neuen Maibaums für Eichenau angekündigt hat. Nämlich, dass die Mitglieder des Eichenauer Maibaumvereins für ihre Gäste gekocht haben, dass es Würstl "halal" und Semmelknödel mit Schwammerl gibt.

Ibrahim El-Mahgary hat sinngemäß übersetzt: "Eine Art Kugel mit etwas drin - schaut selbst!" Und sie schauen, die Männer aus Syrien und Nigeria und das Paar aus dem Kosovo, und sie stärken sich gerne in der kühlen Halle auf Gut Roggenstein, wo sie bayerische Lebensart kennen lernen und die Tradition des Maibaumaufstellens, die sie am 1. Mai auf dem Marktplatz live erleben werden. Nur mithelfen dürfen sie nicht.

"Wir sind schon 27, da fehlen nur noch 23", ruft ein Syrer aus, als Bastian Vollert erklärt, es seien 50 Männer nötig, um den dieses Jahr 30 Meter langen und zwei Tonnen schweren Fichtenstamm in die Höhe zu bekommen. Doch so einfach die "Schwalben" anpacken und auf ein "Hau ruck!" anschieben geht es nicht. Nur wer im Maibaumverein Mitglied ist, ist auch versichert, und ohnehin kommen nur Mitglieder dran, die eine gewisse Erfahrung aufweisen können.

Maibaum in die Ortsmitte

So wie Florian von Wurmb-Seibel, Gründungsmitglied und Vorsitzender des 2006 gegründeten Eichenauer Maibaumvereins. Es ist heuer sein dritter Baum, den er mit den Mitgliedern im Ortszentrum aufstellen darf. Den Maibaum wieder in die Mitte des Ortes zu bringen, das war das Anliegen vor neun Jahren. Der Anspruch war aber auch, dass sich nicht nur die Mitglieder damit identifizieren können, sondern zum Beispiel auch Schulkinder an dem drei Jahre lang stehenden Stamm vorbeigehen und sagen können: "Da habe ich auch mitgemacht." Denn die umfangreiche Bemalung mit weißer und blauer Farbe übernehmen Drittklässler der beiden Grundschulen.

Eichenau: An einem Modell erklärt Bastian Vollert (rechts), wie der Maibaum in die Senkrechte kommt. Ibrahim El-Mahgary (im blauen Pullover) übersetzt.

An einem Modell erklärt Bastian Vollert (rechts), wie der Maibaum in die Senkrechte kommt. Ibrahim El-Mahgary (im blauen Pullover) übersetzt.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Auch heuer waren die Schüler schon fleißig und haben den zwei Wochen vor dem 1. Mai auf Roggenstein liegenden Stamm bepinselt. Und weil die Kinder so an der wiederbelebten Tradition beteiligt sind, wollte Wurmb-Seibel mithelfen, dass sich die derzeit in Eichenau lebenden Asylbewerber besser integrieren können. Der Kontakt zum Asylhelferkreis war schnell geknüpft, der Termin rasch ausgemacht, und so radelten am Dienstagabend die Flüchtlinge vom Schreberweg zum Gut, begleitet von ihren "Paten" und dem Dolmetscher. Der wird immer noch gebraucht, denn auch wenn die Flüchtlinge mittlerweile als Gruß "Servus!" gut draufhaben, sie doch noch nicht deutsch sprechen.

Am 1. Mai wird der "Baum des Frühlings" aufgestellt

El-Mahgary, der aus Ägypten stammt und im Hauptberuf Informatiker bei einem großen deutschen Unternehmen ist, kann sich über Auslastung nicht beklagen. Er und seine Frau begleiten die Flüchtlinge bei Behördengängen und Arztbesuchen. Und auch auf Roggenstein ist er als Dolmetscher gefragt, wenn es um den Maibaum geht. Er übersetzt ihn als "Baum des Frühlings", wobei schon allein das Wort für Baum "Shajara", lautsprachlich Schaschara, für viele wie Urlaub in Hurghada klingt.

Und so spricht er oft von Shajara, wie der Baum bemalt wird und warum ein grüner Kranz an ihm hängt , dass die längste Zange, mit der angeschoben wird, 16 Meter lang ist und dass nach dem Aufstellen noch die Zunftzeichen angebracht werden. Es ist auch viel von Ehre die Rede und davon, dass man den Shajara auch klauen kann. Das ist dem Eichenauer Maibaumverein auch 2012 passiert, doch heuer haben sie besonders gut aufgepasst. Ohnehin, erfahren die Asylbewerber, braucht es mindestens 30 Männer und drei bis vier Stunden Zeit, bis der Fichtenstamm allein aus der Halle transportiert ist.

An diesem Abend aber halten über 50 "Wache", weil schließlich über 100 Knödel und unzählige Würstel darauf warten, von den Gästen verspeist zu werden.

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