Eichenau:Für ein Fünferl Bärendreck

Pfefferminzmuseum

In weißen Säcken kommt 1945 Weizenmehl aus den USA nach Deutschland. Johann Handelshauser hat einen aus der "schlechten Zeit" aufgehoben.

(Foto: Günther Reger)

Das Pfefferminzmuseum Eichenau zeigt Einkaufen, wie es früher war

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Es ist Ausflugswetter - und die Eichenauer gehen in den kühlen Keller. Um zu sehen, was nicht mehr ist, was es nicht mehr gibt. Tonkrüge für Essig und Sauerkraut, Milchkannen und Werbeschilder, Parfümverpackungen und Bärenmarke-Dosen aus einer Zeit, in der die Kinder noch für fünf Pfennige Lakritz kaufen konnten. Das und andere Süßigkeiten haben ihnen in Eichenau unter anderem Johann Handelshauser in eine Tüte gepackt. Jetzt, da es den Gemischtwarenladen bald 40 Jahre nicht mehr gibt, hat der inzwischen 67 Jahre alte Handelshauser all das, was er 1978 nach der Schließung seines "Spar"-Ladens aufgehoben hat, dem Pfefferminzmuseum für die neue Sonderausstellung gegeben. Deshalb strömten die Besucher am Sonntag ins Souterrain der Starzelbachschule und fanden viel vor, was an eine Zeit erinnert, in der Eichenau zu dem wurde, was es heute ist.

Eichenau, das sich erst vor 60 Jahren von der Muttergemeinde Alling lossagte und selbständig wurde, entwickelte sich zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg langsam. Das Zentrum lag an der Niblerstraße, und dort eröffnete Katharina Weber 1920 einen Gemischtwarenladen. Lebensmittel wurden verkauft und alles, was die Eichenauer Siedler so brauchten. 1937 war der Laden zu klein, man zog in ein Haus an der Hauptstraße 12 um. Eine "Milchstube" kam dazu, in die jeden Morgen zwischen Vier und Halbfünf die frische Milch aus der Molkerei am Fürstenfeldbrucker Volksfestplatz angeliefert wurde. Das bekam auch Johann Handelshauser immer mit, wenn die 40 Liter fassenden Kannen in den Laden geschafft wurden. Der Transportwagen für die Kannen ist eines der Ausstellungsstücke. 1964 begann Handelshauser eine Lehre im elterlichen Betrieb, den er 1972 übernahm und infolge des Strukturwandels im Lebensmitteleinzelhandel 1978 schließen musste. "Es war mir klar, dass ich davon etwas aufheben musste."

Die Sammlung zeigt, wie nach dem Zweiten Weltkrieg das Mehl nach Deutschland kam: in weißen Baumwollsäcken aus Denver im US-Bundesstaat Colorado, weil die Landwirtschaft noch nicht wieder aufgebaut war. Auch Bezugsscheine und Marken für kontingentierte Waren hat Handelshauser bewahrt, ebenso wie die von der Verkäuferin Annelies Wagenlechner mit Flüssigkreide handgeschriebenen Angebotstafeln: "Wirsing, Kohlrabi, Blumenkohl" ist darauf zu lesen oder "Blattgelatine, rot, Beutel 1 Mark". Aufgehoben hat der Sammler auch ein Schild, das beweist, dass die Sonntagsöffnungszeiten keine neue Erfindung sind: An einem 24. Dezember, so ist auf der Tafel vermerkt, war beim "Handelshauser", der als Lebensmittelladen in Eichenau immerhin ein Dutzend Mitbewerber hatte, zwischen neun und 13 Uhr geöffnet: "Da ist Milch verkauft worden, es gab ja keine haltbare", erläutert Handelshauser.

Handelshauser fing nach der Geschäftsaufgabe 1978 bei Feinkost Dallmayr an und verkaufte dort fast 40 Jahre Obst und Gemüse. Wenn heute Ladenmindestgrößen mit 600 Quadratmeter angegeben werden, um wirtschaftlich zu sein, so kann Johann Handelshauser darüber nur schmunzeln. "Wir hatten nur 100 Quadratmeter und auch alles, was man brauchte."

Die Ausstellung ist jeden Sonntag zwischen 14 und 16 Uhr geöffnet.

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