Eichenau:Fair und sachlich

Podium Eichenau

Der Andrang in der Friesenhalle ist so groß, dass viele der Zuhörer und Fragesteller stehen müssen.

(Foto: Günther Reger)

Bei Podiumsdiskussion der vier Bürgermeisterkandidaten gibt sich keiner eine Blöße. Auch Angriffe auf die Mitbewerber unterbleiben

Von Gerhard Eisenkolb, Eichenau

"Egal, wen man wählt, es wird sich nicht viel verändern in Eichenau." So lautet nach zwei Stunden Diskussion der vier Eichenauer Bürgermeisterkandidaten am Donnerstagabend das Fazit eines der jüngeren Zuhörer, die in der überfüllten Friesenhalle in der Minderheit sind. Egal ob Dirk Flechsig (CSU), Martin Eberl (SPD), Claus Guttenthaler (FW) oder Peter Münster (FDP) über Kinderbetreuung, den Wegzug von Aldi, eine neues Wohngebiet nördlich der S-Bahn, Umweltschutz oder die Ortsentwicklung diskutieren, immer bleibt es betont sachlich. Man bekennt hin und wieder auch, einer Meinung zu sein. Eben so, wie der Stil im Gemeinderat ist und wie es der am 31. August aus dem Amt ausscheidende Bürgermeister Hubert Jung (CSU) 18 Jahre lang praktiziert hat. Niemand gibt sich eine Blöße, kein einziges Mal wird ein Mitbewerber angegriffen oder provoziert.

So läuft die von Stefan Weinzierl vom Fürstenfeldbrucker Tagblatt moderierte Debatte so staatstragend ab, wie sich die fünf Männer auf dem Podium präsentieren: emotionslos und geordnet. Alle tragen ein dunkles Jackett. So präsentiert sich denn auch Flechsig als der Bewerber für das höchste Amt in der Gemeinde, der "Bewährtes fortführen" will. Das Bewährte bedeutet für den CSU-Politiker auch, durch das Nichtstreiten gemeinsam viel zu erreichen. Auf die Frage eines Eichenauers nach dem verantwortlichen Umgang mit Geld, antwortet Flechsig: "Wir müssen damit rechnen, den Gürtel enger zu schnallen". Der Grund ist der Ausfall von Gewerbesteuereinnahmen in Höhe eines niedrigen einstelligen Millionenbetrag jährlich, der von 2017 an mit dem Wegzug von Aldi-Süd die Gemeinde hart treffen wird. Es kann sechs bis sieben Jahre dauern, bis auf der 8,4 Hektar großen Gewerbefläche neue Unternehmen angesiedelt werden können und wieder Gewerbesteuern fließen. Einig sind sich alle Kandidaten, dass diese Zeit zu überbrücken ist und trotzdem alles Notwendige getan werden könne. Man hat als nicht sonderlich reiche Gemeinde Erfahrung im Sparen und sorgfältigen Abwägen jeder Ausgabe.

Trotzdem will Claus Guttenthaler (FW) nicht auf die Option verzichten, im Norden der Bahn auf 3,4 Hektar ein neues Gewerbegebiet auszuweisen. Die dort zu generierenden Gewerbesteuern sollen für eine Übergangszeit den Wegzug von Aldi kompensieren, bis auf den frei werdenden Flächen neue Unternehmen Fuß gefasst haben. Martin Eberl (SPD) wiederum hat andere Pläne mit der künftigen Gewerbefläche. Er möchte dort anstelle von Firmen eine weiterführende Schule oder eine andere Bildungseinrichtung ansiedeln. Peter Münster (FDP) wirbt engagiert dafür, den Eichenauern auf dem Aldi-Gelände ebenso wie auf dem künftigen Gewerbeareal Nord vor allem "qualifizierte Arbeitsplätze" anzubieten, um den Auspendlern lange Fahrzeiten zum Arbeitsplatz zu ersparen.

In solchen Momenten bittet Flechsig darum, "die Kirche ein bisserl im Dorf zu lassen". Er verweist darauf, dass in Eichenau in der Zeit von 2004 bis 2014 zwar 1600 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden sind, aber von denen würden nur 357 Eichenauer profitieren. Die anderen etwa 1300 Arbeitskräfte pendelten nach Eichenau ein und aus.

Gegen ein größeres neues Wohngebiet mit Geschosswohnungen ebenfalls nördlich der Gleise gegenüber vom Bahnhof spricht sich niemand kategorisch aus. Wobei Flechsig etwas vage darauf pocht, dass sich das künftige Wohngebiet, sofern es dazu kommt, an die bestehende Infrastruktur anpassen müsse. Als es um die Nachverdichtung im Ort geht, bekennt Eberl: "Ich stehe zur Nachverdichtung." Wo er wohne, sei ein Einfamilienhaus durch vier Häuser ersetzt worden. Guttenthaler favorisiert anstelle von Einfamilien- und Doppelhäusern jedoch Mehrfamilienhäuser, wie er sagt. Flechsig betont, ihm sei es wichtig, den Gartenstadtcharakter zu erhalten. An der Eichenauer Linie wolle er nicht rütteln, ihm erschließe sich nicht, wie bei Einhaltung der gemeindlichen Vorgaben ein Einfamilienhaus durch ein Sechsfamilienhaus zu ersetzen sein soll. Münster weist auf das Problem hin, dass 60 Prozent aller Häuser in Eichenau in Überschwemmungsgebieten stehen. Der FDP-Politiker kündigt an, sich für einen Hochwasserfreilegung und die Schaffung von neuen Retensionsflächen einzusetzen.

Eberl beteuert, Politik aus dem Blickwinkel der Eichenauer machen zu wollen. Guttenthaler erklärt dagegen, er wolle als Bürgermeister den Einsatz der Ehrenamtlichen mehr wertschätzen. Münster nennt als sein Ziel, Zukunftsstrategien zu entwickeln und dennoch bodenständig zu bleiben. Er will Arbeit und Leben in Eichenau zusammenbringen und im neuen Wohngebiet im Norden junge Familien in Geschossbauten ansiedeln.

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