Eichenau:Eichenau will Gewerbe im Ort schützen

Ein Einzelhandelskonzept soll gewährleisten, dass die Geschäfte in der Hauptstraße erhalten bleiben und nicht Wohnhäusern weichen müssen

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Einmal hätte es Eichenau fast geschafft, die 12 000er-Marke zu knacken. Das war 2010, als nur noch 39 Einwohner fehlten, um die runde Zahl zu erreichen. Doch im Jahr darauf zogen 340 Menschen weg oder verschwanden auf andere Art aus der Statistik, und deshalb dümpelt die Einwohnerzahl unrund vor sich hin. Erst im Jahr 2029 dürfte es, so prognostiziert es das Bayerische Landesamt für Statistik, etwas mehr als 12 000 Eichenauer geben. Der Grund für diese Stagnation ist offensichtlich: Die Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinde sind beschränkt, Baulücken für neue Häuser gibt es quasi nicht mehr und auch der Platz für das Gewerbe ist knapp bemessen. Doch die politisch Verantwortlichen wollen nicht, dass aus Eichenau ein Ort wird, in dem die Zeit still steht. Sie feilen deshalb an Konzepten, die ermöglichen sollen, in der Gemeinde zu leben, zu arbeiten und zu konsumieren.

Doch wie soll man das anstellen, wenn der Platz der gleiche bleibt? Knapp 700 Hektar groß ist das Gemeindegebiet, von dem 288 Hektar, also etwa 41 Prozent, besiedelt sind. Zieht man die Verkehrsflächen ab, bleiben nach Berechnungen des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum München noch 205 Hektar für Gebäude- und Freiflächen, davon 171 fürs Wohnen. Das ist immerhin ein Viertel des Gemeindegebiets, für Gewerbe- und Industrie stehen nur vier Hektar oder 0,5 Prozent der Gebietsfläche zur Verfügung. Diese Zahlen würden allein nichts aussagen, verglichen aber mit anderen Kommunen im Landkreis ergibt sich ein konkretes Bild: nur in Gröbenzell ist der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche am gesamten Gemeindegebiet noch höher, nämlich bei mehr als 70 Prozent. Der Landkreisdurchschnitt beträgt gerade einmal etwa 18 Prozent.

Wenig Platz für die weitere Entwicklung, eine fast ideal zu nennende Infrastruktur mit eigener S-Bahnstation, bedeutet auf dem völlig überhitzten Immobilienmarkt des Münchner Großraums: Grund und Boden sind teuer, die Wohnungen sind es auch. So steht Eichenau, was die Bodenrichtwerte anbelangt, im Landkreisvergleich auf einem geteilten zweiten Platz mit Gröbenzell. Ende 2012 betrug der Bodenpreisrichtwert des Gutachterausschusses für beiden Gemeinden 590 Euro pro Quadratmeter, in der Realität werden höhere Preise bezahlt. Leisten kann sich einen Umzug nach Eichenau oder gar einen Neubau im Rahmen der Nachverdichtung in zweiter oder dritter Reihe eines großen Grundstücks nur, wer über entsprechendes Einkommen verfügt. 50 000 Euro und mehr pro Jahr haben von den rund 6000 Einkommensteuerpflichtigen immerhin ein Drittel, da lässt es sich auf durchschnittlich fast 100 Quadratmeter Wohnfläche gut leben. Klar, dass es keinen Bauboom mehr gibt wie um das Jahr 2000, als die Gemeinde 81 neue Wohngebäude genehmigte. Ähnlich sieht es beim Gewerbe aus. Das Gebiet im Süden mit dem großen Logistiklager, das von Aldi Süd genutzt wird, ist laut dem Flächennutzungsplan nicht mehr erweiterungsfähig.

Eichenau: SZ-Graphik

SZ-Graphik

Doch wie wird das Auskommen der Betriebe sein, wenn sie nicht in ein eigenes Gewerbegebiet expandieren können? Dort bleiben, wo sie sind, meint die Gemeinde, und hat sich ein Einzelhandelskonzept erstellen lassen. Es zielt darauf ab, den Unternehmern die Möglichkeit zu geben, an ihrem angestammtem Platz zu bleiben und dort auch zu erweitern, wenn es notwendig ist. So soll verhindert werden, dass es durch die mögliche Umwandlung von aufgegebenen Gewerberäumen zu Wohnungen entlang der Hauptstraße zu einer Verödung und langfristigem wirtschaftlichen Niedergang kommt. Denn Kaufkraft ist in Eichenau durchaus vorhanden, wie man an den einkommensstarken Bewohnern erkennen kann. Laut Gutachten beträgt die vorhandene Kaufkraft 78,5 Millionen Euro, von denen aber nur 35,1 Millionen Euro in Eichenau bleiben. Der große Rest fließt, wie das auch andere Stadtrandgemeinden kennen, in die Geschäfte nach München. Es liegt also im ureigensten Interesse der Gemeinde, wenigstens einen Teil des Geldes wieder in die Gemeinde zurückzuholen und den Einzelhandel zu fördern.

Die Entwicklung von Eichenau, darin sind sich alle einig, muss innerhalb des Gemeindegebiets stattfinden. Wie beim Wohnungsbau, soll es auch für das Gewerbe Möglichkeiten zur Nachverdichtung geben. Kommt beispielsweise ein Unternehmer auf die Idee, sein Geschäft auszubauen, möglicherweise weitere Arbeitsplätze zu schaffen, so sollen dafür Flächen reserviert sein. Das Gebiet der zentralen Versorgungsachse beginnt im Norden auf Höhe der Schilfstraße und endet im Süden an der Flurstraße. Dort haben sich Discounter angesiedelt, die für die Nahversorgung als notwendig erscheinen, die aber kein Pendant im Ort mehr finden sollen. Erklärtes Ziel der Ortsplanung ist es, keinen Lebensmitteleinzelhandel in einem möglichen Gewerbegebiet im Norden zuzulassen. Das möchte man, wegen der vielen Negativbeispiele aus anderen Gemeinden im Landkreis verhindern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: