Kontroverses Podium:Die JU und die Sucht

Cannabis

Diskussion mit Lounge-Charakter (von links): Hans Reichart, Martin Heinrich, Jan Halbauer und Moderatorin Thuy Tran.

(Foto: Günther Reger)

CSU-Nachwuchsorganisation diskutiert in Eichenau über die Legalisierung von Hanf

Von Karl-Wilhelm Götte, Eichenau

Was die Junge Union den Deutschen alles zutraut? "Was ist, wenn bei einer Freigabe von Cannabis 82 Millionen Deutsche Cannabis ins Ausland verkaufen?", fragte eine junge Teilnehmerin während der Diskussion der CSU-Nachwuchsorganisation in Eichenau keck. "Dann wären wohl alle 17 Millionen Holländer, wo Cannabis freigegeben ist, auch schon Dealer", antwortete Jan Halbauer, Kreis- und Stadtrat der Grünen, und ordnete den Beitrag wohl unter "absurd" ein. Deutlich wurden bei der Podiumsdiskussion der Jungen Union "Soll Cannabis legalisiert werden?" die unterschiedlichen Standpunkte: Die Junge Union will junge Menschen per Strafe vor dem Cannabiskonsum schützen lassen, die Grünen dagegen befürworten die Freigabe von Cannabis mit Regeln und wollen die Entscheidung dem mündigen Bürger selbst überlassen.

Cannabis, der lateinische Begriff für Hanf, ist der Rohstoff für Marihuana und Haschisch. In Holland wird der Erwerb und Besitz von Cannabis bis zu 30 Gramm geduldet, also ist der Konsum faktisch freigegeben. Legalisiert wurde auch in einigen US-Staaten, wie Washington und Colorado, der Besitz von geringen Mengen 2012 per Volksentscheid. In Kalifornien lehnte das Volk die Freigabe zwar ab, aber der Arzt darf die Droge "empfehlen". Damit ist Cannabis nahezu freigegeben. In Deutschland gilt nach wie vor das Betäubungsmittelgesetz aus dem Jahr 1971, das 1982 im Strafrahmen noch verschärft wurde. Das Gesetz knüpft an das Opiumgesetz der Weimarer Republik von 1929 an. Dieses stellt den bloßen Konsum von Cannabis nicht unter Strafe, wohl aber den Anbau, den Erwerb, den Besitz und den Handel. In Deutschland gibt es je nach Zählweise 2,4 bis 3,8 Millionen Cannabis-Konsumenten. Das Bundesverfassungsgericht stellte allerdings 1994 den Konsum von geringen Mengen quasi straffrei. Eine "geringe Menge" wird in Bayern jedoch anders ausgelegt als zum Beispiel in Berlin.

Etwa 50 vornehmlich junge Besucher hatte die Veranstaltung der Jungen Union trotz Biergartenwetters in die Eichenauer Friesenhalle gelockt. Die jungen Erwachsenen, die gekommen waren, gehörten zur Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen, also zu der Gruppe, die, wenn man der Statistik glaubt, den höchsten Cannabiskonsum pflegt. Das kontrovers besetzte Podium, moderiert von der JU-Kreisvorsitzenden Thuy Tran, garantierte eine wohltuend lebhafte Debatte. Besonders Hans Reichhart, der bayerische Landesvorsitzende der JU, und der Grüne Jan Halbauer duellierten sich inhaltlich heftig, aber sachlich. Hauptkommissar Martin Heinrich von der Polizeiinspektion Fürstenfeldbruck steuerte Argumente aus Polizeisicht bei, war aber auf der Seite der Gegner einer Cannabis-Freigabe. Heinrich, seit etwa 20 Jahren mit Drogendelikten beschäftigt, amüsierte die Besucher aber auch mit der viel sagenden Bemerkung: "Ich habe zwei erwachsene Kinder, da ist auch nicht alles der große Glanz."

Die Sympathien im Publikum, in dem Anhänger der Grünen Jugend stark vertreten waren, waren etwa gleich pro und kontra Legalisierung verteilt. Beifall von der JU-Abteilung im Saal bekam Hans Reichhart, der eine Freigabe von Cannabis ablehnte. "Sonst erleben wir ein großes Suchtpotenzial", warnte der ehemalige Jugendrichter am Amtsgericht Dillingen. Das Prinzip Aufklären statt Verbieten habe Grenzen, so Reichhart. Er sprach von "massiven Schäden", die die Droge verursache, bis hin zur Schizophrenie. Jugendliche seien durch den Staat besonders zu schützen.

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