Eichenau:"Das Gericht darf nicht zu kompliziert sein"

Der Sternekoch Peter Girtler verköstigt an diesem Dienstag die Bewohner des Pflegezentrums Eichenau. Im SZ-Interview erklärt der Südtiroler, was er bei der Zubereitung des Menüs beachten muss

Interview von Katharina Proksch, Eichenau

Koch

Formvollendete Tatsachen: Solch kreativ und kompliziert angerichtete Teller plant Sternekoch Peter Girtler an diesem Abend nicht zu gestalten.

(Foto: Hannes Niederkofler/oh)

Peter Girtler gehört zu den fünf Südtiroler Köchen, die der Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnet hat. Seit 15 Jahren ist er Küchenchef im Romantikhotel Stafler im Südtiroler Mauls und plant vom Frühstück, über ländliche gediegenere Gerichte und Fünf-Gänge-Menüs mit Salatbuffet am Abend alles. An diesem Dienstagabend kocht er im Evangelischen Pflegezentrum Eichenau und wird unter dem Motto "Sterneküche im Pflegeheim" geladenen Gästen und Bewohnern ein Candle-Light-Dinner kredenzen. Seine Leidenschaft für die Küche entfachte sich während des Sommerferienjobs als Tellerwäscher. Wenig später begann der 14-Jährige seine Ausbildung unter den strengen Augen des Küchenchefs. Da das Vier-Sterne-Haus mit den drei Restaurants verhältnismäßig klein ist, bleibt dem 45-Jährigen auch noch Zeit zum Kochen, vor allem in der Patisserie. Im Stress versüßen ihm seine Auszubildenden schon mal die Feldsalatcreme, Girtler selbst aber hat all seine Fingerkuppen noch dran. Im Interview mit der Fürstenfeldbrucker SZ verrät er, warum man gute Produkte so genießen sollte wie sie sind.

SZ: Wie wollen Sie heute einen stilvollen und kulinarisch anspruchsvollen Abend im Pflegezentrum Eichenau hinbekommen?

Peter Girtler: Für den stilvollen und anspruchsvollen Abend im Eichenauer Seniorenheim achte ich darauf, dass die Gerichte nicht zu kreativ und kompliziert gestaltet sind. Meine Küche ist generell ehrlich und dadurch nicht kompliziert. Ich werde dabei noch mehr unsere regionale und Südtiroler Küche einbauen.

Worauf kommt es bei einer Kantinenküche für Senioren an?

Das Menü wird natürlich auch darauf angelegt sein, dass Senioren, Journalisten und Gourmets Spaß daran haben werden. Die Teller sollten nicht mit zu viel verschiedenen Komponenten überhäuft sein, damit Senioren und Gäste, die nicht oft in Gourmetrestaurants verkehren, mit ihrem Gaumen nicht überfordert werden.

Bringen Sie Unterstützung mit nach Eichenau? In einem Interview werden Sie zitiert, dass der eigentliche Protagonist nicht der Koch, sondern das Produkt ist. Ja, fast immer wenn ich auswärts koche, nehme ich einen oder mehrere Jungs aus meiner Mannschaft mit. Erstens gefällt ihnen das genauso wie mir, und zweitens laufen die Arbeitsvorgänge so viel leichter von der Hand. Zudem werden mir wie in diesem Fall, noch drei Köche zur Verfügung gestellt. Die Produkte bringen wir direkt aus Südtirol mit. Die Gäste sollen ja auch ein bisschen Südtirol schmecken und genießen.

Welche Speisen sind charakterisierend für die Südtiroler Küche?

Die Südtiroler Küche charakterisiert sich durch ehrliche Aromen, tolle und hochwertige Produkte und keine zu komplizierten Zubereitungsarten. Zum Beispiel muss ich keinen tollen, ein Jahr abgehangenen Speck, der vor Aromen regelrecht duftet, zerlegen, um ihn dann in einer anderen Form zu zelebrieren.

Sie wurden mehrmals ausgezeichnet, zum Beispiel mit zwei Michelin-Sternen. Wie halten Sie Ihren Standard?

Ja, der zweite Stern in Mauls war die Sensation in Italien damals. Klar, jede Auszeichnung ist eine neue Herausforderung und Anerkennung der geleisteten Arbeit. Sie bedeutet aber auch Verantwortung. Man merkt, dass die Gäste viel vorbereiteter kommen, aber genau das gefällt uns. Wir freuen uns auf jeden einzelnen Gast und versuchen, jeden Gast so zu behandeln, dass er das Gefühl hat, bei uns mehr als willkommen zu sein, das ist mein Ziel, das ist die Philosophie unseres gesamten Hotels. Das ist noch wichtiger, als Sterne und Hauben.

Was schätzen Sie daran, als Wanderkoch unterwegs zu sein?

Als Wanderkoch würde ich mich nicht bezeichnen. Ich habe zwar jährlich einige Events, zum Beispiel für Charity-Veranstaltungen, aber auch Luxusveranstaltungen, oder auch kochkursähnliche Galamenüs, oder so etwas wie am heutigen Dienstag, auch etwas Neues für mich, aber ich freue mich darauf.

Auf Fotos im Internet sind Ihre Gerichte so stilvoll angerichtet, woher nehmen Sie die Inspiration, etwa von der Kunst?

Kunst interessiert mich nicht unbedingt, aber ich lege schon Wert darauf, dass die Teller nach etwas aussehen. Mich inspirieren Gespräche mit Gästen oder natürlich mit den Jungs in meiner Küchenbrigade. Manchmal das Produkt selbst, wenn ich es sehr mag, oder sehe. Und natürlich wie viele andere hole ich mir meine Ideen beim Lesen, Sport oder im Schlaf. Der Gast sollte einen ersten guten Eindruck bekommen, den Teller anschauen, verstehen und anschließend genießen. In einem Acht-Gänge-Menü achte ich darauf, dass nicht mehr als drei bis vier Gänge zu aufwendig angerichtet werden, um Gäste damit nicht zu überfordern. Zwischendurch braucht es dann die sogenannten einfachen Gerichte, mit dem dann nicht zu erwartenden Wow-Effekt.

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