Eichenau:Alltägliche Hindernisse

Bahnhof Eichenau

Vom Bahnsteig, hier in Eichenau, in die S-Bahn zu kommen, ist für viele Menschen mit sogenannter Mobilitätseinschränkung oft unmöglich.

(Foto: Günther Reger)

Die Soziologin Annegret Schefold und die Eichenauer SPD diskutieren über den langen Weg zur Inklusion. Ein gleichberechtigtes Miteinander von Behinderten und nicht Behinderten scheitert oft am Geld

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Ein paar Stufen als Hindernisse, eine komplizierte Sprache, soziale Barrieren - die meisten Menschen kennen so etwas nicht, weil sie nicht behindert sind. Doch etwa zehn Prozent der Bevölkerung, sagt die Eichenauer Diplom-Soziologin Annegret Schefold, leben mit einer Behinderung, müssen schon vom Kindergarten an mit Einschränkungen zurecht kommen. Das Ziel für sie sollte Teilhabe an allem sein, was alle anderen auch können und tun. Das politische Mittel dazu lautet seit einigen Jahren "Inklusion". Doch dabei tauchen, wie Schefold bei einer Veranstaltung des SPD-Ortsvereins Eichenau zu diesem Thema berichtete, bekannte, aber auch unerwartete Probleme auf.

Seit die Vereinten Nationen 2009 die Behindertenrechtskonvention vorgelegt haben, soll die lange erkämpfte und in weiten Teilen erfolgreiche Integration Behinderter von der Inklusion abgelöst werden. Das heißt nach den Erläuterungen Schefolds, dass es integrative Einrichtungen, wie zum Beispiel Förderschulen oder Werkstätten für Behinderte nicht mehr nötig wären, sondern alle Menschen mit Behinderung in Regelschulen unterrichtet oder in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes beschäftigt würden.

Schefold, die in der auch für die Staatsregierung tätigen Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Altersforschung tätig ist, stellt nach drei Jahren Erfahrung mit Inklusionsthemen fest: Würde das Prinzip der Inklusion vollständig umgesetzt, müssten sämtliche Barrieren in Wirtschaft und Gesellschaft fallen - die räumlich-baulichen, die sprachlichen, die sozialen und die in der Arbeitswelt. Auch im Landkreis Fürstenfeldbruck gebe es mit der Initiative "Einfach-Machen-FFB" bereits eine Plattform, auf der Aktionen aufgebaut werden könnten.

Im Alltag aber sehen die SPD-Mitglieder noch kaum Hinweise dafür, dass Inklusion stattfindet. Das setzt nach Schilderung des früheren SPD-Gemeinderats Michael Gumtau bei so simplen Sachen wie abgesenkten Bordsteinen oder grob gepflasterten Überwegen an, das geht laut Ortsvorsitzendem Martin Eberl weiter mit den Problemen, dass viele Schulen baulich nicht geeignet sind, behinderte Kinder aufnehmen zu können. Menschen mit sogenannter Mobilitätseinschränkung haben Schwierigkeiten, vom viel zu niedrigen Bahnsteig am Eichenauer Bahnhof in die S-Bahn zu kommen, ähnlich geht es ihnen, wenn sie an Veranstaltungen der Volkshochschule teilnehmen wollen: Wer nicht Treppen steigen kann, ist dort klar im Nachteil.

Andreas Zerbes, Jugendreferent im Eichenauer Gemeinderat, bedauert, dass es der Gemeinde momentan finanziell nicht möglich sei, die hohen Kosten für einen Umbau des Gebäudes mit einem Aussenlift oder einer Rampe auszustatten. Damit nannte er einen Grund von vielen, den auch Annegret Schefold kennt: Oft fehlt das Geld für notwendige Maßnahmen. Aber die Soziologin ist auch der Meinung, dass man "Inklusion nicht kategorisch sehen" sollte: "In manchen Bereichen ist sie einfach nicht sinnvoll."

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