Egenhofen:Der böse Wolf und das Mehl

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Erwin Wittmann (links) zeigt bei der Mühlenführung die verschiedenen Mehl- und Getreidesorten. (Foto: Günther Reger)

Beim Mühlentag in Egenhofen staunen die Besucher über ein uraltes Handwerk und schwelgen in Erinnerungen

Von Julia Bergmann, Egenhofen

Die Furthmühle rattert, rotiert und brummt, während Müller Albert Aumiller durch das Gebäude führt. Am Montag, den 22. Deutschen Mühlentag, laden er und sein Team zum großen Mühlenfest. Der Andrang ist groß an diesem Tag, und während Aumiller von den guten alten Zeiten erzählt, in denen die Herstellung von feinem weißen Mehl noch eine ganze Woche dauerte und die Mühlen im Land noch rund um die Uhr mahlten, drängen sich die einzelnen Gruppen durch die Geschosse, durch Dachstuhl und das Schlafzimmer, in dem früher der Müller geschlafen hat.

Aumiller macht unter anderem Halt an der Getreidereinigung, dem Mühlstein und der alten Walze, die sein Großvater im Jahr 1927 in die Furthmühle eingebaut hatte. "Das sind Maschinen für die Ewigkeit", sagt Aumiller, während die vielen Kinder, die an diesem Tag gekommen sind, staunen. Der alte Dachstuhl, das robuste Gebälk, das alte Förderband, auf dem das Mehl in den dritten Stock befördert und durch 40 Siebe geleitet wird - so etwas sieht man nicht jeden Tag. Während der Müller noch redet, steigt er in einen kleinen Holzverschlag, zieht an einem langen Seil und verschwindet durch das Dachgebälk nach oben. Aumiller führt den Aufzug vor, der seit mehr als 100 Jahren in Betrieb ist. "Damals war das ein Wunderwerk der Technik", sagt er. Der ein oder andere Besucher muss grinsen. Aumillers Führung gefällt den Besuchern.

"Es ist schön zu sehen, wie aus Getreide Mehl gemacht wird", sagt Christine Zehetmaier, die wegen der Kinder, dem fünf Jahre alten Fabian und der drei Jahre alten Sophie aus Dachau nach Egenhofen gefahren sind. Auch wegen des bunten Programms, das am Mühlentag geboten wird. Die kleine Märchenausstellung mit Schaukästen voller gestiefelter Kater und bösen Wölfen aus Geschichten, in denen Müller und Mühlen vorkommen, haben die beiden schon bewundert. Und auch beim Kinderbasteln sind sie schon gewesen. Am Nachmittag singt Ernst Schusser, der Leiter des Volksmusikarchivs Oberbayern, gemeinsam mit den Besuchern Lieder, die sich rund um die Mühle drehen. Außerdem führt Waldbesitzers Gottfried Haug durch das angrenzende Waldstück.

Während die Sonne sich immer wieder verstohlen durch die Wolken kämpft, genießen die Besucher unter anderem den selbst gebackenen Kuchen von Theresia Aumiller, Albert Aumillers Frau. So nah an der Quelle, versteht es sich von selbst, dass sie eine leidenschaftliche Bäckerin ist. Theresia Aumiller liebt aber nicht nur das Backen, sondern auch die Furthmühle. "Seit 41 Jahren bin ich jetzt verheiratet, und wenn ich heute in die Mühle gehe, fasziniert es mich noch genauso wie damals", sagt sie.

"Alte Mühlen sind selten geworden und ziehen die Leute an", sagt auch ihr Mann. 1964 hat er die Ausbildung zum Müller gemacht, schon damals eine mutige Berufswahl, angesichts der schwindenden Mühlen. Aumiller hätte seine Mühle wohl auch dicht machen müssen, wenn nicht der Denkmalschutz gekommen wäre und er damals nicht entschieden hätte, die Mühle als Museum der Öffentlichkeit zugängig zu machen. Darin sieht der Müller auch eine Verpflichtung. Das schöne daran seien die positiven Reaktionen der Besucher und das Staunen der Kinder. Daraus ziehe er positive Energie. Auch Michael und Viktoria Stöckner sind zum Mühlentag gekommen um ihren Kindern zu zeigen, wie Getreide zu Mehl verarbeitet wird. Für das Ehepaar hat die Furthmühle aber noch eine andere, ganz besondere Bedeutung. 2010 haben der Bäcker und die Konditorin geheiratet und in der Furthmühle ihre Hochzeitsfotos schießen lassen.

Eine Kulisse, wie sie für die beiden nicht passender sein hätte können. Angesichts der vielen Auflagen für denkmalgeschützte Gebäude und der EU-Vorschriften, mit der die Furthmühle zu kämpfen hat, hoffen die beiden, dass die Mühle noch lange erhalten bleibt. Albert Aumiller zumindest denkt so schnell nicht ans Aufhören, auch wenn das Rentenalter bald erreicht ist. Er wolle es, wenn möglich, so halten wie sein Vater. "Er hat bis kurz vor seinem Tod im Alter von 80 Jahren noch in der Mühle gearbeitet."

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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