Der schwierige Start einer Geschäftsfrau:"Irgendwann muss es sich rechnen"

2015 eröffnet Silvia Phebey an der Schöngeisinger Straße in Fürstenfeldbruck einen Laden für Tee und Kräuter. Sie kalkuliert zwei Jahre Anlaufzeit ein. Die ist nun verstrichen. Zeit für eine Bilanz

Interview Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Ende August 2015 hat Silvia Phebey ihren Laden für Kräuter und Tee an der Schöngeisinger Straße in Fürstenfeldbruck eröffnet. Für die damals 57-Jährige, die viele Jahre in Eichenau gewohnt hat und nun in Greifenberg lebt, war es der Versuch, das Hobby zum Beruf zu machen. Gleichwohl war sie sich noch vor der damaligen Eröffnungsfeier im Klaren, dass sie einen langen Atem braucht und es zwei Jahre dauern könnte, bis sie schwarze Zahlen schreibt.

Frau Phebey, Sie haben sich vor zwei Jahren selbständig gemacht. Rechnet sich "Alles in Kräuter" nun?

Nein, noch nicht wirklich. Die Kosten kommen inzwischen zwar gerade mal so rein, für ein Gehalt bleibt aber bislang nichts übrig. Vor allem die Sommermonate sind nicht einfach.

Wenn Sie noch einmal vor der Entscheidung stünden - würden Sie es noch mal machen - oder was anders?

Ich würde es schon noch mal machen, würde mich aber im Vorfeld wohl um einen Geschäftspartner bemühen, der sich am finanziellen Risiko beteiligt und sich selbst mit Arbeit im Laden einbringt. Wenn man kein Einzelkämpfer ist, kann man sich auch mal gegenseitig motivieren. Vielleicht würde ich mir auch noch einen Standort direkt im Zentrum suchen, also am Marktplatz, wo man mehr Laufkundschaft hat.

Wie lange stehen Sie täglich im Laden?

Ich komme meistens so um acht Uhr und gehe um 19 Uhr herum heim. Abzüglich der Mittagspause sind es täglich zehn bis elf Stunden.

Einerseits heißt es häufig, dass die Leute sehr preisbewusst sind, andererseits, dass sie bereit sind, für gute Qualität auch gutes Geld zu zahlen. Was stimmt denn nun?

Ich bin der Überzeugung, dass die Kunden schon bereit sind, einen angemessenen Preis zu bezahlen, sofern sie dafür eine Gegenleistung bekommen. Es gibt eine Wertschätzung für ein möglichst lokales und auch ökologisches Angebot. Viele Kunden, die meinen Laden mal gefunden haben, kehren auch wieder zurück. Ich lebe eigentlich nur von diesen Stammkunden. Aber unterm Strich müssten es noch mehr sein.

Wie sehr setzt Ihnen die Konkurrenz im Internet zu?

Gar nicht, finde ich. Was ich bieten kann, das ist Qualität zu sehen, zu riechen, zu schmecken. Ich berate, personalisiere die Ware, drucke also zum Beispiel Namen oder Grüße auf die Tüten, fülle auch mal in Behälter kleine Mengen ab, kann alles bestellen. Das sind meine Stärken. Und nur so kann es auch gehen. Letztens war eine Kundin da, die hatte die Kräutermischung eines bekannten Fernsehkochs gekauft und ich sollte ihr so etwas zusammenmischen, aber bitte ohne Salz. So etwas macht manchmal schon Arbeit, aber das Internet kann das nicht bieten.

Der schwierige Start einer Geschäftsfrau: Nach vielen Jahren als Angestellte war Silvia Phebey vor drei Jahren wieder auf Jobsuche. Dann entschied sie sich zum Schritt in die Selbständigkeit und eröffnete einen eigenen Laden.

Nach vielen Jahren als Angestellte war Silvia Phebey vor drei Jahren wieder auf Jobsuche. Dann entschied sie sich zum Schritt in die Selbständigkeit und eröffnete einen eigenen Laden.

(Foto: Stefan Salger/oh)

Wie ist es mit dem Biosupermarkt nebenan? Ist das Konkurrenz?

Auch nicht wirklich. Der hat ein anderes Sortiment. Und dessen sicherlich anspruchsvolle Kunden laufen dann vielleicht auch an meinem Laden vorbei und denken sich: oh, den kennen wir ja gar nicht. Da könnten wir mal reinschauen. Das hoffe ich jedenfalls.

Bei welchen lokalen Initiativen machen Sie mit und was hat das bewirkt?

Da wäre das Brucker Netz zu nennen. Wenn jemandem die Öffnungszeiten nicht genügen, dann ist das die Möglichkeit, das Internet über diesen Shop-Verbund doch sinnstiftend einzusetzen. Ich habe einen Teil meines Sortiments da eingestellt, das werde ich noch erweitern. Ich habe zudem kürzlich wieder beim Tag der offenen Tür bei Münchner Kindl teilgenommen. Dadurch steigt der Bekanntheitsgrad. Das ist wichtig. Aus dem gleichem Grund bin ich beim Marktsonntag dabei oder bei Kirchweih im Kloster. Denn bei mir laufen nicht alle vorbei, da muss ich halt auch selbst in Bewegung bleiben.

Wie wichtig ist eine umfassende Werbung?

Sehr wichtig, aber es ist schwierig, etwas Passendes zu finden. Einmal im Monat inseriere ich in einem Anzeigenblatt. Das hat glaube ich wenig bewirkt. Inserate im VHS-Heft waren etwas besser.

Fühlen Sie sich ausreichend unterstützt von der Stadt?

Die Stadt hat mich unterstützt durch einen Bericht im Rathausreport nach der Eröffnung und im ersten Jahr durch Bestellungen, das fand ich gut. Die Stadt selbst kann für ihren Eigenbedarf offenbar nicht bei mir einkaufen, weil sie laut Selbstverpflichtung nur Waren mit Fair Trade Logo kauft. Dieses Logo ist für mich aber schlicht zu teuer.

Was würden Sie sich noch wünschen?

Vielleicht, dass kleine Läden auf der städtischen Homepage auf ihr Angebot aufmerksam machen können - oder dass Inserate im Rathausreport kostengünstiger wären. Ach ja, und noch eines: ein kostengünstiger Dauerparkplatz auf der Lände, dafür wäre ich wirklich sehr dankbar.

Angeblich ist die Bürokratie hierzulande besonders schlimm. Stimmt das?

Kann ich so nicht sagen. Ich bin mit allen Projekten durchgekommen. Und die Stadt drückt auch ein Auge zu, wenn ich einen kleinen Tisch und zwei Stühle raus stelle. Das ist schon unbürokratisch. Übrigens darf man die Stadt schon auch mal loben: Am Marktsonntag wurde die Absperrung so erweitert, dass ich mitmachen konnte. Das fand ich klasse. Viel gravierender als Bürokratie ist für mich die bundesweite Regelung, dass einem die Krankenkasse 400 Euro monatlich als Mindestbetrag abverlangt, selbst wenn man gar keinen Gewinn erwirtschaftet.

Gibt es ein Netzwerk unter den kleinen Läden in Fürstenfeldbruck und gibt es Unterstützung zum Beispiel durch den Gewerbeverband?

Es gibt hier im Umfeld ein kleines Netzwerk. Das haben Geschäftsfrauen angestoßen. Konkret kooperiere ich mit dem Naturwarenhaus auf der Lände. Wir tauschen uns aus, legen gegenseitig Flyer aus. Zum Beispiel zu Weihnachten beschenken wir Stammkunden mit kleinen Aufmerksamkeiten aus dem jeweils anderen Geschäft. Da hängt dann auch ein Visitenkärtchen dran und damit werden wir beide bekannter. Im Gewerbeverband bin ich bislang nicht. Ich überlege mir das aber durchaus.

Der schwierige Start einer Geschäftsfrau: Der Tee- und Kräuterladen an der Schöngeisinger Straße in Fürstenfeldbruck. In der Nachbarschaft: Ein neues, florierendes Nagelstudio und einige Läden, die nach kurzem Intermezzo bereits wieder schließen.

Der Tee- und Kräuterladen an der Schöngeisinger Straße in Fürstenfeldbruck. In der Nachbarschaft: Ein neues, florierendes Nagelstudio und einige Läden, die nach kurzem Intermezzo bereits wieder schließen.

(Foto: Stefan Salger/oh)

Wie erklären Sie sich die Leerstände und die hohe Fluktuation in Fürstenfeldbruck?

Damit, dass die Mieten in den guten Lagen ziemlich teuer sind. Und ich glaube, dass es Geschäftsleuten manchmal am Durchhaltevermögen fehlt. Wer zu schnell Personal einstellt für durchgehende Öffnungszeiten, ohne entsprechende Umsätze zu machen, für den wird es schwierig. Zumal wir ja Fachhandel sind, und da muss auch das Personal qualifiziert und motiviert sein. Natürlich ist es in meinem Fall so, dass es ohne meinen sehr geduldigen Lebensgefährten nicht so lange machbar wäre.

Wie wichtig ist das richtige Angebot in der richtigen Sparte?

Bestimmt wichtig. In der Nachbarschaft hat ein Folkloreladen nach ungefähr fünf Jahren zugemacht. Der hatte halt einfach nicht genug Kundschaft. Das Nagelstudio nebenan dagegen läuft augenscheinlich sehr gut. Toll finde ich ja Geschäfte wie den kleinen Schokoladenladen an der Hauptstraße. Da gibt es kleine Präsente, die man gerne mal mitnimmt. So was muss man mit Herzblut machen, dann kann es klappen.

Bei aller Arbeit - was sind die schönen Seiten, so einen kleinen Laden zu haben?

Die Stammkundschaft, das hält mich schon hoch, da sind viele nette Leute. Es ist auch befriedigend, wenn man sieht, dass man eine passable Geschäftsidee gehabt hat und es Nachfrage gibt. Und klar, sein eigener Chef zu sein ist auch ganz gut.

Wie geht es bei Ihnen weiter?

Es macht ja Spaß, also will ich auch weitermachen. So etwa in einem Jahr muss ich mir das aber ankucken und dann entscheiden. Bereut habe ich diesen Schritt nie, allerdings muss irgendwann natürlich auch was hängen bleiben.

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