Debakel :Kurz vor dem Abpfiff

SCF Stadion

Ist die Uhr abgelaufen für den SC Fürstenfeldbruck? Der Verein hatte Insolvenzantrag gestellt, ob es zu einem Insolvenzverfahren kommen wird, darüber sollen die Mitglieder an diesem Donnerstag Auskunft erhalten.

(Foto: Günther Reger)

Für den Sportclub Fürstenfeldbruck geht es in diesen Tagen ums Überleben. Zwei Fragen stehen dabei im Mittelpunkt: Wird es ein Insolvenzverfahren geben? Und wurde in der Vergangenheit korrekt gehandelt?

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Fußball und Geld - bisweilen eine unheilige Allianz. Auch das Amateurlager braucht Geld - manchmal zu viel. Der SC Fürstenfeldbruck wollte lange Zeit hoch hinaus, gab dafür viel aus. Vor zweieinhalb Monaten stellte er Insolvenzantrag. Wie es weitergeht, wird der mit dem Fall befasste Insolvenzverwalter Oliver Schartl von der Münchner Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen an diesem Donnerstag bei einer Mitgliederversammlung in der SCF-Sportgaststätte erläutern (19.30 Uhr). Die SZ stellt den Sachstand vorab einmal zusammen.

Was kann dem Verein sportlich blühen?

Die Spielordnung des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) erklärt in Paragraf 67, dass bei einem Verein, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder bei dem die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird, die klassenhöchste Herrenmannschaft als erster Absteiger gilt und am Ende des Fußballspieljahres ans Tabellenende zurückfällt. Der SC Fürstenfeldbruck hat ohnehin nur noch eine Herrenmannschaft im Spielbetrieb, die steht in der Bezirksliga Süd nach 18 von 28 Spieltagen auf Platz zehn unter 15 Mannschaften. Mit 21 Punkten liegt sie derzeit fünf Punkte vor den vier abstiegsgefährdeten Plätzen.

Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?

Wenn ein Verein seine finanziellen Verpflichtungen nicht mehr begleichen kann, ist es die Pflicht des Vorstands, unverzüglich Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht zu beantragen. SCF-Präsident Jakob Ettner tat dies am 21. September 2017. Damit begann das vorläufige Insolvenzverfahren. Handelt der Vorstand zu spät, so haften Vorstandsmitglieder als Gesamtschuldner. Grund für eine Insolvenz kann Überschuldung sein (wenn das Vermögen des Vereins nicht ausreicht, um die bestehenden Verbindlichkeiten zu begleichen) oder Zahlungsunfähigkeit (wenn der Verein seine laufenden finanziellen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen kann). Das Gericht prüft dann, ob genügend Masse, also Vermögen, vorhanden ist und ein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann. In einem solchen Fall erhält der Insolvenzverwalter das Verfügungsrecht über das Vereinsvermögen. Seine Aufgabe ist es dann, die Gläubiger zu bedienen und dem Schuldner die Gelegenheit zu geben, sich von den restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

Warum musste der SCF Insolvenzantrag stellen?

Eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt Fürstenfeldbruck für die Jahre 2010 bis 2013 hatte ergeben, dass der SCF aufgrund seiner Einnahmen Körperschafts- und Umsatzsteuern in Höhe von insgesamt 137 000 Euro nachzahlen muss. Er hatte damit seine Gemeinnützigkeit und die damit verbundenen steuerlichen Privilegien als eingetragener Verein verloren. Damit wurde er rückwirkend als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eingestuft. In der Folge müsste der SCF auch noch etwa 80 000 Euro an Gewerbesteuern an die Stadt Fürstenfeldbruck nachzahlen. Die Stadt hat bereits damit begonnen, SCF-Konten zu pfänden.

Wie kam es zu den Schulden?

Viele Jahre lang lebte der SCF auf großem Fuß, gab üppig Geld aus für seine Fußballmannschaft. Einnahmen wie jene, als der Stadionname an einen Sponsor vergeben wurde, wurden in der Regel sofort benötigt, um finanzielle Lücken zu schließen. Informationen über die finanzielle Lage des SCF wurden den Mitgliedern bei den Jahresversammlungen regelmäßig dosiert bis wenig verständlich präsentiert. Jahrelang konnte der Verein so arbeiten. Selbst eine nicht satzungskonforme und damit ungültige Präsidiumswahl im Jahr 2012 focht niemand an. Im März 2014 gestand der Verein auf einmal langfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 150 000 Euro. Trotzdem übernahm im Mai 2014 Jakob Ettner den maroden SCF als neuer Präsident und versucht seither, Schulden abzubauen. Phasenweise gelang dies auch, bis die Vergangenheit den SCF wieder einholte.

Wo sind die Einnahmen geblieben?

Im Fokus stehen drei Großereignisse: die beiden Public Viewings an der SCF-Heimstätte im Sportzentrum zur WM 2010 und EM 2012 sowie das Gastspiel des FC Bayern München im Oktober 2012. Angaben über den Publikumszuspruch passen dabei nicht zu den deklarierten Einnahmen. Wie Ettner in vergangenen öffentlichen Mitgliederversammlungen ausführte, fehlten detaillierte Belege und entsprechende Verträge in den SCF-Akten. Immer wieder forderte er seine Amtsvorgänger auf, Unterlagen beizubringen. Obwohl der SCF von bis zu 20 000 Besuchern sprach und seinerzeit sehr stolz gewesen war auf die Großleinwand zur WM, die der Sponsor - die Firma des damaligen Vereinspräsidenten Siegfried Müller - umsonst, wie es hieß, zur Verfügung gestellt hatte, soll bei dem Event finanziell kaum etwas übrig geblieben sein. Zwei Jahre später bei der EM im Juni 2012 wagte man sich noch einmal an eine solche Veranstaltung heran - mit noch größerer Leinwand. Ausrichter war diesmal die Firma Trendline Sport und Management GmbH, die der damalige SCF-Vizepräsident Eckart Lutzeier im März 2012 mitgegründet und Ende Januar 2013 wieder verlassen hatte. Das Gastspiel des FC Bayern München am 25. Oktober 2012 sahen nach Veranstalterangaben 3300 Zuschauer. Weil die Einnahmen aus den Großveranstaltungen nicht vollständig erfasst sind, musste das Finanzamt bei der Betriebsprüfung hochrechnen. Ergeben sich daraus etwa Verdachtsmomente, dass nicht korrekt gehandelt wurde beim Sportclub? Schon im Jahr 2015 hatte das Finanzamt wegen des FC-Bayern-Spiels Steuern in Höhe von 50 000 Euro nachgefordert und die Gemeinnützigkeit entzogen. Die Sache war dann wieder vom Tisch, um nach der Betriebsprüfung zwei Jahre später in noch höherer Summe aufzuschlagen. Bei ihrer Jahreshauptversammlung im April forderten die SCF-Mitglieder das Finanzamt auf, "das damalige Präsidium im Falle vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzungen der ihnen in diesem Zeitraum auferlegten Pflichten in Haftung zu nehmen". Bei der Staatsanwaltschaft München II waren Ermittlungen zum SCF in der Vergangenheit wieder eingestellt worden. Wie eine Sprecherin der SZ sagte, ermittelt derzeit die Polizei gegen ehemalige Präsidiumsmitglieder des Vereins.

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