Das alte Syrien in Bildern:Erinnerungen an ein weltoffenes Land

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Die Ausstellung lädt den Besucher ein, sich auf die Pfade der Abenteuerin und Fotografin Yvonne von Schweinitz zu begeben. (Foto: Voxbrunner Carmen)

Das Museum Fürstenfeldbruck zeigt in Zusammenarbeit mit zwei Hamburger Kuratoren Fotografien aus Syrien von Yvonne von Schweinitz und liefert damit eine aktuelle und höchst relevante Ausstellung.

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es sind beeindruckende Bilder: das römische Theater aus dem 2. Jahrhundert in Palmyra, daneben das Hadrianstor und der Tempel des Baal, die Khosrowiya Moschee in Aleppo, Straßenszenen. Aufgenommen von der Fotografin und Abenteurerin Yvonne von Schweinitz im Jahr 1960. Für die aktuelle Ausstellung im Brucker Kunsthaus haben die Hamburger Kuratoren Claus Friede und Mathias von Marcard in Zusammenarbeit mit dem Museum Fürstenfeldbruck 80 ihrer Fotografien unter dem Titel "Syrien. Fragmente einer Reise, Fragmente einer Zeit" zusammengestellt. Herausgekommen ist, das kann man schon jetzt sagen, eine der wichtigsten und schönsten Ausstellungen des Jahres. Denn auch wenn sie nicht explizit politisch ist, könnte sie doch nicht aktueller und relevanter sein. Nicht nur weil sie zeigt, wie einige der heute durch den Bürgerkrieg zerstörten Kulturgüter und Orte einmal ausgesehen haben, sondern vor allem auch weil durch die Bilder zwei Dinge deutlich werden. Zum einen, wie verwoben die sogenannte westliche Kultur mit dieser Region ist und zum anderen, wie fortschrittlich und weltoffen und multiethnisch die syrische Gesellschaft in den Sechzigerjahren war.

Beispielhaft dafür steht eine Straßenszene aus Aleppo. Ein Mann führt seinen mit Orangen beladenen Maulesel über die Straße, beobachtet von einem Geschäftsmann im Anzug, daneben sitzt lässig ein Jugendlicher im Sakko neben Männern in traditionellem Gewand und mit Kopfbedeckung. Ein anders Bild zeigt das Kino "Opera" in Homs mit einem übergroßen, hollywood-typischen Aufsteller einer schönen Frau in einem engem, freizügigen Kleid. Davor steht ein schwarzes Auto neben dem wieder ein Händler mit einem Pferdewagen steht.

Die Bilder sind in sieben Stationen angeordnet, die sich an der Reiseroute orientieren

Die Kuratoren Mathias von Marcard (links) und Claus Friede haben die Fotografien aus den Sechzigerjahren arrangiert. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Alle Fotografien in der Ausstellung sind schwarz-weiß, von einem Speziallabor per Hand als Silbergelatine-Abzug von den historischen Negativen angefertigt. Vereinzelte leichte altersbedingte Beschädigungen sind dabei erhalten geblieben und verleihen den Bildern eine zusätzliche Authentizität ohne den Seheindruck zu stören. Angeordnet sind die Bilder in sieben Stationen, die sich an von Schweinitz' Reiseroute orientieren und den Besuch der Ausstellung selbst zu einer kleinen Reise machen. Kurze Überblickstexte versorgen die Besucher mit den nötigen Hintergrundinformationen zur Geschichte des Ortes.

In einem Schaukasten sind zwei Satellitenaufnahmen von Aleppo zu sehen. Eine aus dem Jahr 2010, eine von 2014. Sie zu betrachten ist erschütternd, gerade im Umfeld dieser Ausstellung. Wo 2010 noch Gebäude standen - die teilweise ja auf den umgebenden Fotos zu sehen sind -, sind 2014 nur noch Krater übrig.

Schweinitz' Reise hat sie auch ins Kloster Qal'at'Sim'an, das Simeonskloster, geführt, einem wichtigen Ort der frühen Christen. Dort soll der Namensgeber als erster Säulenheiliger gewirkt haben, das Kloster ist bis heute eine bedeutende Pilgerstätte. Spuren der römischen Kultur dagegen sind bis heute in der Stadt Hama zu finden, wo vor dem Bürgerkrieg noch 17 funktionstüchtige Wasserschöpferräder und zugehörige Aquädukte zu sehen waren. Der heutige Zustand ist unbekannt. In Hama lebten über die Jahrhunderte Aramäer, Assyrer, Hellenen, Römer, Byzantiner, Araber und Osmanen, eine Vielfalt die die Stadt bis heute prägt.

Im Begleitprogramm bietet das Museum auch Konversationskurse für geflüchtete Syrier an, die dann im Kunsthaus über ihre Erinnerungen, Meinungen und Hoffnungen sprechen können.

Ausstellung "Syrien. Fragmente einer Reise, Fragmente einer Zeit", Kunsthaus Fürstenfeldbruck, Eröffnung an diesem Donnerstag, von 19.30 Uhr an, danach zu sehen bis 29. Juli. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, Kosten: 12 Euro. Am 7. Mai und 4. Juli findet jeweils von 18.30 Uhr an eine Führung mit dem Zeitzeugen Ziad Nouri statt.

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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