Bundestagswahlkampf:Geschichten für das Digitalzeitalter

Bundestagswahlkampf: Wahlauftritt in Germering: Thomas de Maizière (Zweiter von links) im Gespräch mit den (von links) CSU-Politikern Gerda Hasselfeldt und Reinhold Bocklet sowie dem Bundestagskandidaten Michael Kießling.

Wahlauftritt in Germering: Thomas de Maizière (Zweiter von links) im Gespräch mit den (von links) CSU-Politikern Gerda Hasselfeldt und Reinhold Bocklet sowie dem Bundestagskandidaten Michael Kießling.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Bundesinnenminister Thomas de Maizière spricht auf einer CSU-Veranstaltung in Germering über die Entwicklung des Internets. Das soll sicherer und komfortabler werden

Von Andreas Ostermeier, Germering

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erzählt gerne Geschichten. Das ist eine gute Methode, um sich die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu sichern, denn gerade innenpolitische Themen können schnell abstrakt werden, wenn von Kriminalitätszahlen, Bedrohungslagen oder Gefährdern die Rede ist. So erzählt de Maizière beim Besuch in Germering zum Beispiel die Geschichte der kleinen Gerda. Die muss als Neugeborene von ihren Eltern beim Standesamt angemeldet werden, später beim Einwohnermeldeamt, der Kindergeldstelle, der Schule und einer Mange anderer Behörden und Einrichtungen. Viele Zuhörer, am Montag sind das vor allem Mitglieder der Germeringer CSU und Vertreter von IT-Firmen, kennen das. Als Eltern haben sie damit einige Mühe, und immer benötigen sie eine Geburtsurkunde ihrer Tochter oder ihres Sohnes. Diese Mühen sollen jedoch bald der Vergangenheit angehören. Das verspricht der Innenminister. Er möchte erreichen, dass sich Eltern nur ein einziges Mal zu einem Amt begeben müssen, um die Geburt eines Kindes anzuzeigen. Danach sollen sämtliche Behörden von der Existenz des Kindes Kenntnis haben, die das aus gesetzlichen Gründen müssen.

Beim Wahlkampfbesuch des Bundesinnenministers in der Stadthalle geht es um die Digitalisierung und ihre Auswirkungen. Mithilfe der Geschichte von der kleinen Gerda will de Maizière eine positive Folge der technischen Entwicklung aufzeigen. Der Staat nimmt dem Bürger Aufgaben ab, denn der muss künftig nur noch einmal aufs Amt. Doch die Digitalisierung hat nicht nur positive Folgen. Das erläutert de Maizière mit einer anderen Geschichte. Die handelt von Renate Künast. Die Grünen-Politikerin hat sich mit einer Anzeige dagegen gewehrt, dass im Internet gefordert wurde, man solle sie "köpfen". Mit der Erklärung, das sei keine Beleidigung und der Urheber der bösartigen Forderung lasse sich zudem nicht ermitteln, habe eine Staatsanwaltschaft Künast abblitzen lassen, erklärt de Maizière und übt gleichzeitig Kritik an dieser Haltung. Denn für ihn steht fest: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Die Umgangsregeln, die in der Gesellschaft gelten, die müssen auch im Internet gelten. Damit grenzt sich der Innenminister klar von denen ab, die die Anonymität im Internet als Wert an sich ansehen und erhalten möchten. Man müsse weiterhin daran arbeiten, Kriminellen das Handwerk legen zu können, die zur Vorbereitung oder Begehung von Straftaten das Internet nutzen, fordert de Maizière.

Und schließlich widerspricht der Politiker aus Sachsen den Wünschen nach größtmöglicher Sicherheit im Netz. Auch dazu hat er eine kleine Geschichte parat, nämlich die von Indianern und Rittern. Die Indianer sind flink und wendig, sie können sich leicht und schnell bewegen, aber sie sind ziemlich ungeschützt. Im Gegensatz zu ihnen macht die Rüstung die Ritter fast unverwundbar. Doch für diese Unverwundbarkeit zahlen die Ritter mit großer Immobilität. Im Internet, das will der Innenminister bildhaft deutlich machen, ist die Verbesserung von Datensicherheit immer verbunden mit einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Eine E-Mail ist seinen Worten nach eine Postkarte und kein Brief, der Inhalt steht also immer in Gefahr, öffentlich zu werden. Versucht man diese Gefahr zu vermeiden, beispielsweise durch Verschlüsselung, dann wird das Schreiben langwieriger und schwieriger.

Ganz ohne Geschichte kommt de Maizière bei seiner Kritik an der Internet-Branche aus, von der Vertreter im Saal sitzen. Er wirft ihr vor, oft so zu sprechen, dass sie von einem Großteil der Bevölkerung nicht verstanden würden. "Abschreckend" sei dies und zudem oft falsch. Beispielsweise wenn von einer sicheren Cloud gesprochen werde. Dabei seien Wolken etwas sehr Unsicheres, sagt der Politiker. Die Vertreter der IT-Branche können sich ja an ihm ein Beispiel nehmen und Geschichten erzählen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: