Bürgerversammlung:Begehrte Flächen

Gernlinden spürt die Auswirkungen des Zuzugsdrucks

Von Erich C. Setzwein, Gernlinden

Neuer Kreisel geplant

An der Abzweigung Ganghoferstraße (rechts) wird demnächst ein weiterer Kreisvekehr zum Gewerbegebiet Gernlinden errichtet.

(Foto: Günther Reger)

Eine Schrecksekunde hat Maisachs Bürgermeister Hans Seidl (CSU) den Einwohnern von Gernlinden beschert. Zumindest den schätzungsweise 300, die am Donnerstagabend den Vortrag Seidls in der Bürgerversammlung verfolgten. Denn Seidl hatte in seinen fast anderthalbstündigen Rechenschaftsbericht ein Luftbild des zweigrößten Maisacher Ortsteils eingebaut, auf dem die angenommene Entwicklung bis in 20 Jahren simuliert wurde. Mehr Gebäude und mehr Straßen waren darauf zu erkennen und noch mehr Verkehr zu erahnen. Diesen Zustand, so Seidl, wolle er nicht. Und dies wollen auch die Gernlindener nicht, wie sich in der anschließenden Diskussion herausstellte.

Infrastruktur muss angepasst werden

Baustelle Südumgehung

Der Bau der Südumgehung soll auch Gernlinden vom Vekehr entlasten.

(Foto: Günther Reger)

Der Zuzugsdruck auf die Gemeinde Maisach ist enorm, die Bevölkerung wächst um ein Prozent pro Jahr, nur in Gernlinden ist es deutlich mehr. Inzwischen sind von den 14 200 Einwohner in der ganzen Gemeinde 5096 Gernlindener. Diejenigen, die dort hinziehen, sind meist gut verdienende Familien, das Durchschnittsalter liegt bei jetzt 44 Jahren. Mit der Ausweisung von Bauland für Wohnungen nimmt der Druck auf die Gemeinde zu, die Infrastruktur den Bedürfnissen und dem Bedarf der Neuankömmlinge anzupassen. Neue Straßen in die Wohngebiete, Ver- und Entsorgung müssen geregelt und die Kinderbetreuung bis hin zu den Schulen erweitert werden. In Gernlinden führt das dazu, dass ein neues Kinderhaus entstehen muss. Wo das sein wird, will Seidl auch auf Nachfrage aus dem Publikum nicht verraten, um nicht den Kaufpreis in die Höhe zu treiben. Denn Grund und Boden sind teuer geworden in Maisach, deshalb erwirbt die Gemeinde Flächen. Sowohl für den Wohnungsbau als auch für die neue Ansiedlung von Betrieben, wie Seidl ausführte. Das Kinderhaus soll in etwa drei Jahren gebaut werden, für das Grundstück sind 1,5 Millionen eingeplant, für den Bau selbst werden drei Millionen Euro angesetzt.

Versorgung im Ort

Dicht an dicht wohnen die meisten in Gernlinden ohnehin schon, und auf den Straßen sieht es nicht anders aus. Das bestätigt Seidl in seinem Vortrag und kann dennoch den Gernlindenern keine Hoffnung machen, dass es besser wird mit dem fließenden wie dem ruhenden Verkehr. Die Mobilität werde bleiben, auch wenn es statt Diesel- und Benzinfahrzeugen einmal Elektroautos geben werde, ist der Bürgermeister überzeugt. Viel von dem Verkehr, über den die Gernlindener klagen, ist auch hausgemacht, beispielsweise wenn Einkaufsfahrten nach Maisach oder Geiselbullach erledigt werden. Das solle aber nicht so sein, meinte Seidl, und sprach sich für eine "eigenständige und leistungsfähige Versorgung aus". Der Metzger im Ort gebe auf, der Netto-Markt könnte aufhören, weil die Gernlindener lieber woanders einkauften.

Blendschutz am Kreisverkehr

Ein anderes Problem mit dem Verkehr könnte sich bald erledigen, wenn die Südumfahrung gebaut ist. Seidl stellte der Versammlung die Planung vor und erläuterte den vorgesehenen Wall zum Wohngebiet am Kreisverkehr, der im Südosten gebaut wird. Ein Lärmschutz, so der Bürgermeister, sei an dieser Stelle nicht nötig, ein Sichtschutz, damit die Anwohner nicht von den Autoscheinwerfern geblendet werden schon. Eher heiter nahmen die Besucher der Bürgerversammlung die jüngst im Gemeinderat getroffene Entscheidung auf, dass an der Einmündung der Maisacher Straße in die Staatsstraße und die Anbindung an das neue Kleingewerbegebiet ein weiterer Kreisel gebaut wird. Zehn Betriebe will die Gemeinde südlich der Staatsstraße unterbringen, 27 Bewerbungen lägen schon vor, sagte Seidl. Vor allem eine Firma aus Gernlinden solle dorthin umziehen, damit deren Gelände nördlich des Kiessees einmal für eine Wohnbebauung zur Verfügung stehe.

Gewerbegebiet Gernlinden

Im Gewerbegebiet von Gernlinden hat sich die Europa-Zentrale des Unternehmens TTI niedergelassen.

(Foto: Günther Reger)

Bis zu 5000 neue Nachbarn

Nicht nur in Gernlinden selbst steigt der Zuzugsdruck und damit auch die Nachverdichtung auf den Grundstücken, sondern auch von außen. Denn auf dem ehemaligen Fliegerhorst werden in den kommenden Jahrzehnten nicht nur ein neues Wohngebiet für 3000 bis 5000 Menschen erwartet, sondern auch Firmen. Angesichts der immer höher werdenden Zahl von Auspendlern setzte sich Seidl zum wiederholten Male für die Schaffung wohnortnaher Arbeitsstätten aus. So etwa auch in Gernlinden selbst, wo die dortige Firma TTI ihren Standort ausgebaut hat, der nun zum europäischen Hauptquartier geworden sei und deren Mitarbeiterzahl derzeit von 35 auf 450 Mitarbeiter aufgestockt werde. Auch die Firma Chem-Trend wolle einstellen und plane, die Zahl der Mitarbeiter von 80 auf 120 zu erhöhen. Diese Firmen würden auch benötigt, so Seidl, denn die Ausgaben, die Maisach jedes Jahr hat, und die Investitionen, die nötig sind, könnten nicht allein aus dem Anteil aus der Einkommensteuer bezahlt werden. Dafür seien stabile Einnahmen aus der Gewerbesteuer notwendig.

Gernlinden: Sanierungsbedürftige Auto-Brücke

Streusalz hat die Betonpfeiler der Autobrücke über die Bahnlinie angegriffen. Ein Gutachter hält deshalb den Austausch der Stützen für notwendig.

(Foto: Johannes Simon)

Sanierung der Brücken steht an

Und Ausgaben stehen an, so etwa die Erneuerung der Brücken über die Bahnlinie. Voraussichtlich im Jahr 2020 sollen sowohl die Brücke am Bahnhof als auch die Merianbrücke ersetzt werden. 3,2 Millionen Euro, schätzt Seidl, werden dafür fällig. Und auch beim Sport wird investiert, so dass der TSV eine neue Einfachturnhalle bauen kann.

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