Bürgerversammlung:Auf dem Weg in die Schieflage

Bürgermeister Hans Seidl erklärt den Maisachern, warum sie auf preiswerten Baugrund warten müssen, während im Zentrum neuer Wohnraum entsteht, und warum es mehr soziale Verlierer gibt

Von Erich C. Setzwein, Maisach

Die Maisacher haben zwar bald ein neues Ortszentrum, noch aber viel Verkehr, sie wollen günstiges Bauland, aber müssen warten, bis die Voraussetzungen stimmen. Das sind die Probleme, über die die Bewohner von Maisach mit Bürgermeister Hans Seidl bei der Bürgerversammlung für ihren Ortsteil reden. Es sind durchaus große oder gar existenzielle Probleme, die zeigen, unter welchen Vorzeichen die Zukunft des Hauptortes steht. Denn Maisach kann sich dem Druck von außen, der immer größer zu werden scheint, kaum entziehen. Darunter leiden die, die längst in Maisach wohnen, die dort groß geworden sind, am meisten. Und das bestätigt der Bürgermeister am Dienstagabend auch in seiner vorletzten von vier Bürgerversammlungen.

Im neuen Zentrum von Maisach wird sichtbar, was viele, die mit viel Geld von außen kommen, nicht wahrnehmen wollen. Dass es im Speckgürtel immer mehr Verlierer gibt. Menschen, die sich - aus welchen Gründen auch immer - Maisach nicht mehr leisten können. Die zu Hans Seidl kommen und um Rat bitten, die unweit seines Amtssitzes zur Tafel und zur Kleiderkammer gehen. Seidl macht die "soziale Schieflage" in Maisach am Dienstag vor etwa 140 Besuchern in der Aula der Mittelschule klar: 62 Familien kommen jede Woche, um sich mit dem Nötigsten einzudecken, das seien 172 Menschen, die auf Hilfe angewiesen seien. Und diese Zahl nimmt nicht ab.

Seidl erwähnt das zwischen seien Ausführungen zum auf 1,01 Euro gestiegenen Preis für einen Kubikmeter Trinkwasser und dem gemeindlichen Blühstreifenprogramm. Doch diese Erwähnung hat mit den vielen anderen Projekten und Problemen zu tun, mit der er, seine Verwaltung und der Gemeinderat als Vertretung der Bürger viel zu tun hat. Alle zusammen müssen steuernd eingreifen, damit Maisach selbst, aber auch alle anderen Ortsteile nicht von Baufirmen okkupiert werden, die derzeit nur ein Ziel haben, nämlich möglichst viele und im Umland sehr begehrte Wohnungen zu bauen. Also macht die Gemeinde das, was ihr rechtmäßig zusteht. Über das Baurecht einigermaßen eingreifen, um Auswüchse zu verhindern. Seidl erklärte in einer Antwort auf eine Frage aus dem Publikum, dass im Ort ein 2400 Quadratmeter großes Grundstück eines ehemaligen Landhandels nun als Baugebiet zur Verfügung stehe. Dort werde gebaut werden, ob die Gemeinde wolle oder nicht. Da es sich wieder um Wohnungen handele, werde dies Folgen haben. "Wir wollen nicht schneller wachsen, als wir die Infrastruktur hinterher ziehen können", sagte Seidl und meinte damit die notwendigen Plätze in der Kinderbetreuung und der Schule.

Weil diese Nachverdichtung im Ort nicht zu verhindern sei, müsse die Gemeinde ihre Pläne, eigene Grundstück preiswert an Einheimische abzugeben, vorerst zurückstellen. Fakt sei, so Seidl, dass die Gemeinde weiter Grund erwerbe, um ihn in der Zukunft als Fläche für günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. So wie etwa eine 3200 Quadratmeter große Parzelle an der Feldstraße, wo einmal "subventionierter Geschosswohnungsbau" entstehen könne.

Mit dem Verkehrskonzept wird die Gemeinde beginnen, wenn die Südumfahrung gebaut und erkennbar ist, dass die Belastung im Ort abnimmt. Dass dann auch Stellen an denen gerast wird, wie etwa in der Überackerstraße genauer betrachtet werden, davon wollte Seidl die Bürger, von denen die Fragen dazu kamen, überzeugen. Ob und wann die kommunale Verkehrsüberwachung dort tätig wird, konnte Seidl wegen der Zuständigkeiten und Genehmigungen von anderen Stellen noch nicht sagen.

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