Bühne:Nichts gesagt ist auch gelogen

Bühne: Wie ein Pärchenabend scheitern kann, zeigen Anja Neukamm,Thomas Leicht, Pascale Ruppel und Alexander Schleissinger (von links).

Wie ein Pärchenabend scheitern kann, zeigen Anja Neukamm,Thomas Leicht, Pascale Ruppel und Alexander Schleissinger (von links).

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Schauspieler und Regisseur Oliver Kübrich inszeniert Gilles Dyreks beliebte Komödie "Venedig im Schnee" zur Spielzeiteröffnung im Roßstall-Theater

Von Ekaterina Kel, Germering

Eigentlich könnte alles so gut sein: Eine Wohnung in Paris im Hochsommer. Ein Pärchenabend mit Shrimps und Käse, der Wein fließt. Doch Patricia hat keine Lust. Sie ist von ihrem Freund eh nur mitgeschleppt worden, kennt die turtelnden Gastgeber nicht und ist in übler Laune. Zunächst boykottiert sie das Gespräch und schweigt. Bis sie für eine bedürftige Ausländerin gehalten wird. Der französische Theaterautor Gilles Dyrek lässt in seiner Komödie "Venedig im Schnee" von 2003 die Situation genüsslich ins Absurde kippen - die Protagonistin erfindet eine Fantasiesprache und ein armes fernes Land und lässt so ihre Gastgeber auflaufen.

Dyreks Komödie erfreute sich in Frankreich dank der bittersüßen satirischen Note mit mehr als 400 Vorstellungen und einer langen Tournee großer Beliebtheit. Mehrere deutsche Theater, darunter auch die Pasinger Fabrik in München, haben sich der deutschen Übersetzung von Annette und Paul Bäcker schon angenommen. Nun erarbeitet der neue Regisseur des Roßstall-Theaters Oliver Kübrich seine zweite Inszenierung am Haus, dieses Mal ohne den langjährigen Schauspielchef und Intendanten Willi Hörmann, der im Sommer vorerst eine Auszeit angekündigt hatte. Kübrich, der seit 25 Jahren Schauspieler im Roßstall-Theater ist, berichtet von einer "intensiven Probezeit". Das Stück erfordere eine anspruchsvolle Auseinandersetzung mit den Charakteren. Besonders für die Schauspielerin Anja Neukamm sei es eine Herausforderung gewesen, eine erfundene Sprache, die überhaupt keinen Sinn macht, auswendig zu lernen. Diese sei von den Übersetzern schon vorgegeben gewesen, so Kübrich.

"Venedig im Schnee", das ist dem Theatermacher wichtig zu betonen, ist "nicht bloß als oberflächlicher Klamauk zu verstehen". Die Gastgeber Nathalie, gespielt von Pascale Ruppel und Christophe, den Thomas Leicht darstellt, die sich im französischen Original gegenseitig liebevoll "Chou chou" nennen, kaufen Patricia ab, dass sie in großer materieller Not ist. Die Bereitschaft des Paares, die vermeintlich Leidende zu beschenken, nimmt daraufhin hysterische Züge an.

Das beliebte Stück zeige, wie leichtgläubig wir Menschen seien und wie einfach wir auf etwas hereinfielen, solange es uns in den Kram passe. Kübrich verstehe die Komödie als Persiflage auf eine gewisse "Spendensammelwut" einer Wohlstandsgesellschaft.

Nina von Schimmelmann und Peter Wimmer gestalten in Zusammenarbeit mit Kübrich ein neues Bühnenkonzept. Dieses Mal wollten sie eine Inszenierung in eine "ziemlich leere Bühne" setzen, die Zuschauer würden alle Wände des Theaters sehen. "Der Roßstall spielt mit", so Kübrich. Das Konzept korrespondiere mit dem Stück, schließlich seien Nathalie und Christophe gerade erst in ihre neue Wohnung gezogen. Deshalb wünscht sich Kübrich, dass die Szenerie "ein bisschen nach Baustelle" aussehe. Überhaupt, erzählt er, habe sich das gesamte Team große Mühe geben, alles möglichst originalgetreu zu gestalten. Sogar die Zeitung, die auf der Bühne gelesen wird, sei auf Französisch.

"Venedig im Schnee" von Gilles Dyrek, Premiere am Freitag, 13. Oktober, von 20 Uhr an, im Roßstall-Theater. Weitere Vorstellungen: 15., 20., 22. und 27.10., spätere Termine unter www.germeringer.rossstall.de, Karten unter 089/84 14 774

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: