Brucker Kulturnacht:Vivaldi statt Viertelfinale

Ihre zwölfte Auflage erlebt die Brucker Kulturnacht. Dass gleichzeitig die Fußball-EM läuft, scheint die Organisatoren so gut wie überhaupt nicht zu beeindrucken.

Peter Schelling

Alle zwei Jahre kollidiert die Brucker Kulturnacht mit einem großen Fußball-Ereignis. So wirklich scheint das von den Organisatoren des nächtlichen Events aber niemanden zu kümmern - man ist offenbar selbstbewusst genug, die Konkurrenz einfach zu ignorieren. Ob es am 23. Juni überhaupt ein Fußballspiel im fernen Polen oder in der Ukraine geben wird, wusste am Dienstag, als das Kulturnacht-Programm im Lesecafé der Aumühle vorgestellt wurde, nur einer halbwegs genau zu sagen: Bruno Thalmayr, der Vorsitzende der Volkshochschule in Fürstenfeldbruck, konnte immerhin Teilentwarnung geben. Es stehe an diesem Abend zwar ein Viertelfinalspiel an, aber Deutschland werde garantiert nicht dabei sein. Das wiederum habe nichts mit latentem Pessimismus zu tun, sondern man müsse nur den EM-Spielplan genau lesen.

Genau lesen sollte man indes auch das kleine Programmheft für die mittlerweile 12. Brucker Kulturnacht, denn dort lassen sich wahre Perlen finden. An insgesamt dreizehn Stationen in und um Fürstenfeldbruck können Kulturinteressierte auch heuer wieder einen Mix aus Kunst, Musik, Literatur, Performance und Theater genießen. Zum ersten Mal dabei - und damit ist man auch schon wieder beim Fußball-Fachmann Bruno Thalmayr - ist in diesem Jahr das Haus für Bildung und Begegnung der Volkshochschule, das einen Abend lang zum Hard Rock Café wird. Von 19 Uhr an bis spät in die Nacht hinein wird es dort Live-Musik mit der Big Band Wolf geben, die vor allem Coverversionen von Songs der Beatles, Rolling Stones, Credence Clearwater Revival und den Eagles aus den 1960er und 70er Jahren spielt. "Wir sehen das als gute Gelegenheit, unser Haus einmal für alle zu öffnen, die gerne vorbeischauen wollen", sagte Thalmayr.

Das meiste Programm wird sich auch in diesem Jahr wieder im Veranstaltungsforum Fürstenfeld abspielen. Dort gibt es neben "physikalischen Spielereien" im Energiemuseum wieder Improtheater in der Neuen Bühne Bruck, bayerischen Flamenco mit dem Duo Gruber & Gruber in der Tenne und ein Orgelkonzert in der Klosterkirche. Das Haus 10 zeigt unter dem Motto "Zwei auf einen Streich" die Jahresausstellung der Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck und eine Tanzperformance mit den Choreographinnen Anna Konjetzky und Sahra Huby, die sich in einen Kubus begeben werden, in den Zuschauer zwar reinschauen, die beiden Tänzerinnen aber nicht herausschauen können. Das Ganze wird zudem per Video nach außen übertragen.

Im Stadtmuseum beschäftigen sich die Schauspielerin Lili Gesler und der Saxophonist Christian Segmehl mit Gedichten und Essays des ungarischen Schriftstellers Ferenc Molnár, der mit seinen Humoresken und Satiren wie auch seinen Liebesaffären zu einem Idol der Bohemiens in den Kaffeehäusern des Fin de Siècle wurde und dessen Sozialdramen auf allen großen Bühnen Europas zu sehen waren. Kaffeehausmäßig geht es auch in der Aumühle zu. Dort plaudert Gerd Berghofer, unterstützt durch die Cellisten Antoaneta Emanuilova und Samuel Lutzker, unter dem Motto "Geh, härst!" über die 1920er Jahre und die Kaffeehauskultur. Im Alten Schlachthof schickt die Subkultur ihr Publikum mit der jungen Fürstenfeldbrucker Band Tonwertkorrektur und dem Post-Rock-Projekt Wassermanns Fiebertraum in "Ein Wechselbad der Gefühle". Im Landratsamt spielt die Big Band von Jiri Mares und in der Erlöserkirche erwartet den Besucher zur Musik von Vivaldis "Die vier Jahreszeiten" eine musikalische Bildbetrachtung mit Jasmin Neubauer an der Orgel und Niclas Willam-Singer als Sprecher. Auch out of Bruck hat die Kulturnacht ihren Platz: In der Furthmühle gibt es, basierend auf Ringelnatz-Texten, eine "Collage aus Rede und Gegenrede" mit dem Schauspieler und Regisseur Herbert Kromann und dem Jazz-Streichorchester Bluestrings. Und im Jexhof präsentieren Uli Bauer, Michaela Stögbauer und Susanne Weinhöppel unter der Regie von Rolf P. Parchwitz eine Hommage an Oskar Maria Graf, ehe der Eichenauer Künstler Georg Trenz bei Einbruch der Dunkelheit wieder eines seiner beeindruckenden Licht-Raum-Kunstwerke entstehen lassen wird. Mehr Informationen zur Kulturnacht gibt es im Internet unter www.bruckerkulturnacht.de.

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