Brucker Kirchen rücken zusammen:Vier Konfessionen - ein Gremium

Evangelische, katholische, orthodoxe und freikirchliche Christen entsenden Vertreter in einen ökumenischen Christenrat.

Gerhard Eisenkolb

Für die ehemaligen Volkskirchen gilt das Gleiche wie für Bundespräsident Christian Wulff. Auch deren Zukunft hängt von ihrer Glaubwürdigkeit ab. Für den Leiter des neuen Pfarrverbands Fürstenfeld, den katholischen Dekan Albert Bauernfeind, lautet deshalb die entscheidende Frage: "Ist das, was wir verkünden, wahrhaftig? Führt der Glaube zu einem besseren Leben und mehr Lebensqualität?"

Antworten auf theologische und gesellschaftliche Fragen erhoffen sich Vertreter der vier christlichen Konfession in Fürstenfeldbruck vom neuen ökumenischen Christenrat. Dieser wird am 20. Januar beim 19-Uhr-Gottesdienst in Sankt Bernhard in Fürstenfeldbruck offiziell installiert. Das Gremium soll das gemeinsame Sprachrohr von 28 000 evangelischen, katholischen, orthodoxen und freikirchlichen Christen werden.

Der evangelische Dekan Stefan Reimers erwartet sich vom Christenrat Anregungen zum Nachdenken über das Christsein. Das soll wiederum zu mehr Glaubwürdigkeit und einer Stärkung der Position der Kirchen führen. Glaubwürdig werden die Vertreter der Kirchen laut Bauernfeind nämlich dann, wenn sie sich im eigenen Bereich für die Freiheit der Menschen einsetzen.

Wie Vertreter der vier Brucker Kirchen bei einer Pressekonferenz erklärten, hat das mit hauptamtlichen und ehrenamtlichen Vertretern der Brucker und Emmeringer Pfarreien besetzte neue Gremium keine Entscheidungsbefugnisse. Seine Funktion sei eine beratende sowie mitgestaltende und es werde, wie Pastor Gerd Ballon von der Freien Evangelischen Gemeinde betonte, in einem solchen Zirkel nicht immer alles auf einen Nenner zu bringen sein.

Der Christenrat soll sich mit Glaubensfragen, aber auch mit den politische Fragen, die Christen bewegen, beschäftigen. Für Bauernfeind können das ethische Themen, die Glaubwürdigkeit der Politik (Wulff) sowie Fragen der Ökologie oder der Gestaltung des Lebensraumes sein. Laut Ballon kann sich der Christenrat auch in die Diskussionen um verkaufsoffene Sonntage in der Kreisstadt mit einer gemeinsamen Stellungnahme einbringen und so der Stimme der Christen mehr Gewicht verleihen.

Zudem soll das Gremium gemeinsame Diskussions- veranstaltungen zu aktuellen gesellschaftlichen Themen organisieren, auch um die theologische Perspektive in die Debatte einzubringen. Aber auch bei Gedenktagen oder großen Vereinsjubiläen könnte der Christenrat tätig werden und Zeichen setzen. Bei aller Offenheit sollen aber auch Grenzen aufgezeigt und gezogen werden. Als Beispiel für die Notwendigkeit einer solchen Abgrenzung gelten die Bemühungen von Scientologen, im Landkreis Fuß zu fassen. Die Trennlinie und damit die Ablehnung ergibt sich aus der Unvereinbarkeit der Anschauungen der Scientologen mit den Grundlagen des christlichen Glaubens.

Klar ist für Bauernfeind auch die Zielrichtung. Da für den katholischen Pfarrer der bestehende "Konfessionalismus" keine Zukunft hat, geht es ihm um "eine Lebensgestaltung unter dem Aspekt des gemeinsamen christlichen Zeugnisses". Hierbei will man auf einem "ökumenischen Wurzelgeflecht" aufbauen, das sich in Fürstenfeldbruck seit 2010 aus der intensiven Vorbereitung des ökumenischen Kirchentages in München entwickelt hat.

Laut Diakon Peter Artmann entstand bei diesen Begegnungen neben Freundschaften eine Dynamik, die nur weitergeführt werden müsse. Letztlich will der Christenrat dieser lockeren, aber funktionierenden Zusammenarbeit nun eine feste Basis bieten. Ein konstituierendes Element des neuen Kreises soll Offenheit sein. Neben dem Kern der 22 Entsandten der Pfarreien kann jeder Interessierte an den Sitzungen teilnehmen.

Bauernfeind weist darauf hin, dass sich die Ökumene von unten, also an der Basis, weiterentwickeln und zum Selbstverständnis jeder Gemeinde gehören müsse. Die "Hemmnisse von oben" seien hinlänglich bekannt, da sei nicht viel zu erwarten. Die Arbeit des Christenrates dürfe auch nicht von bestimmten Personen oder Gesichtern abhängen, weshalb die beiden Dekane sich eher zurückhalten wollen.

Artmann sagt, die ökumenische Arbeit in Fürstenfeldbruck sei von Vertrauen geprägt, darin drücke sich das Selbstbewusstsein des bereits "Einheit-gefunden-Habens" aus. Dekan Reimers verbindet mit dem künftigen Christenrat auch einen Ort zum "Fantasieren und Träumen", in dem das Miteinander des Christseins im Vordergrund steht und die Unterschiedlichkeit der Konfessionen als Bereicherung wahrgenommen werde.

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