Brot und Semmeln auf dem Prüfstand:Teig, Kruste, Geschmack

Lesezeit: 2 min

Die strenge Prüfung ihrer Brotsorten durch Manfred Stiefel (v. li.) verfolgen die Bäcker Franz Höfelsauer, Max Wimmer und Werner Nau. (Foto: Günther Reger)

Fünf Bäckereien aus dem Landkreis beteiligen sich an der diesjährigen Brot- und Semmelprüfung. Manfred Stiefel achtet dabei natürlich nicht nur auf ein schönes Äußeres. Fünf Produkte erhalten von ihm eine Auszeichnung in Gold

Von Felix Reuss, Fürstenfeldbruck

Wie ein Sommelier beschnuppert Brotprüfer Manfred Stiefel die Ware, die da vor ihm auf dem Tisch liegt. Gerade hat er einen Laib Korianderbrot in zwei Hälften geschnitten und damit schon eine von insgesamt sechs Stufen des Prüfungsverfahrens abgeschlossen. An seinem Messer blieb dabei fast nichts vom Teig kleben, was für dessen Qualität spricht. Stiefel ist gelernter Bäckermeister mit eigener Zusatzausbildung für das Institut für die Qualitätssicherung von Backwaren (IQBack). Aufmerksam gibt er bei jeder einzelnen Stufe die Bewertung nach einem wissenschaftlich erarbeiteten Prüfschema in seinen Laptop ein. Das Urteil fällt er zwar alleine, beobachtet wird er aber dennoch von einigen Passanten, die im Hauptsaal der Stadtsparkasse in Fürstenfeldbruck gerade auf ihren Termin warten.

Schon seit 40 Jahren findet die Brot- und Semmelprüfung in der Öffentlichkeit statt, damit sich die Kunden von der Qualität der Bäckerarbeit im Landkreis selbst überzeugen können. Das tut an diesem Vormittag auch Sparkassen-Chef Klaus Knörr, der die Verbundenheit mit dem Bäckereihandwerk betonte. Obermeister Werner Nau vertritt dabei die Bäckerinnung in der Kreishandwerkerschaft. Er unterhält mittlerweile vier zusätzliche Filialen inklusive seiner Hauptfiliale in Grunertshofen. Obwohl die Teilnahme an der Brotprüfung für Bäckereien nicht verpflichtend ist, sieht Nau darin keinen"nervigen Akt des Auf-die-Finger-Schauens", sondern spricht von "freiwilliger Selbstkontrolle". So ein nachträglicher Blick auf die Hausaufgaben vor der Stunde habe ja auch noch keinem Schüler geschadet. "Für uns ist diese Prüfung sehr wichtig, damit wir wissen, ob die Ware qualitativ in Ordnung ist." Denn die Standards seien bereits sehr hoch im mehr als hundert Jahre alten Bäckereibetrieb Nau, der mehr als 200 Backprodukte vertreibt. Am Ende entscheide aber immer noch der Kunde, welches Brot er kaufe. Es zählt hier wie natürlich sonst auch in der Gastronomie: "Das Auge isst mit."

Die Kriterien für den Broterwerb - im wortwörtlichen Sinne - gewichtet Prüfer Manfred Stiefel ganz unterschiedlich. Form und Aussehen des Laibs mögen noch so schön sein, dass man am liebsten sofort reinbeißen würde. Wenn die Erwartungen geschmacklich dann aber doch nicht erreicht werden, bleibt das wohl der letzte Bissen. Das schlägt sich natürlich in der Bewertung nieder. Diese beträgt maximal hundert Punkte für eine Brotsorte, erst ab 90 Punkten hat sie sich das Prädikat "gut" verdient.

Das schöne Äußere kann über einen hässlichen Kern nicht hinwegtäuschen, da etwa der Geschmack bedeutend mehr zählt als Form und Aussehen. Dass Geschmack immer subjektiv sei und die Präferenzen der Menschen unterschiedlich, ist sich Stiefel bewusst. Der gebürtige Berliner kann die Sorten aber aufgrund seiner "gut ausgeprägten Sensorik", also Riech-, Schmeck- und Tastfähigkeiten, sehr gut zuordnen. Außerdem verfügt er als Prüfer ganz Süddeutschlands über einiges an Erfahrung. Es sei praktisch sein "täglich Brot", schmunzelt er. Etwa fünf Minuten braucht er normalerweise für die Bewertung eines Brotlaibs, danach trinkt er jedes Mal einen Schluck Wasser zum Neutralisieren des Geschmacks. Anhand der Kriterien Aussehen, Beschaffenheit der Kruste, Teiglockerung, Teigstruktur, Geruch und Geschmack kommt Stiefel dann zu seiner Bewertung.

Die deutsche Brotkultur zählt zum materiellen Kulturerbe der Unesco, sie ist durch die hervorragenden Anbaumöglichkeiten auf deutschen Böden stetig gewachsen. Infolgedessen sind laut einer Studie der Bundesforschungsanstalt für Getreideverarbeitung 300 Brot- und 1200 Kleingebäcksorten bekannt. Von dunklem Roggenbrot bis zu hellem Weizenbrot unterscheiden sie sich in ihrem Mehl-Misch-Verhältnis sowie in der Säuerlichkeit.

Satte 29 Brot- und zwei Brötchensorten von insgesamt fünf verschiedenen Bäckereien im Landkreis Fürstenfeldbruck wurden dieses Jahr untersucht, das Ergebnis kann sich sehen lassen: Nur zwei haben weniger als 90 Punkte bekommen und wurden somit nicht prämiert. Von den 29 anderen Sorten haben gar zwölf mit 100 Punkten abgeschlossen, wiederum fünf bekamen die Maximalpunkteanzahl zum dritten Mal in Folge, sodass sie die Gold-Auszeichnung des "IQBack" bei diesem Test erhielten.

© SZ vom 27.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: