Brauchtumspflege:Hau-Ruck!

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In weniger als zwei Stunden stellen der Pucher Maibaumverein und seine Helfer den Brucker Maibaum auf. Die weißblau bemalte, 30 Meter hohe Fichte steht erstmals auf dem Volksfestplatz.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Mit jedem Hauruck kommt der Baum ein bisschen mehr in die Senkrechte. Um 11.05 Uhr, nach nicht ganz zwei Stunden und vielen Haurucks, bei denen immer längere "Schwaiberl", die mit Seilen verbundenen Stangenpaare, eingesetzt werden, steht der 30 Meter hohe Brucker Maibaum. Die Stadtkapelle spielt die Bayernhymne, die Böllerschützen der Königlich-Privilegierten Feuerschützen feuern drei Salutsalven und die Verantwortlichen freuen sich, dass alles schnell und vor allem gut gegangen ist.

Erstmals steht der weiß-blaue Baum an seinem neuen Standort in der Nordecke des Volkfestplatzes. Dort wurde ein starkes Fundament in den Boden betoniert mit schweren Stahlhalterungen. Die Basis der Fichte wird mit dicken Schrauben befestigt. Der Baum wiegt etwa drei Tonnen und muss natürlich ordentlich gesichert werden. Wie Bauhofleiter Peter Langenegger erklärt, sind die Schilder der Zünfte und wichtigen Organisationen der Stadt neu hergestellt worden. Festgemacht haben sie Bauhofmitarbeiter. Die haben auch die beiden Kränze aus Fichtengrün gebunden, die die Spitze zieren.

Der Baum kommt aus dem Biburger Wald, die Familie Stürzer hat ihn gespendet. Schon im Dezember wurde die Fichte geschlagen. Sie lag den Winter über im Wald, bis sie Mitte April geschepst, also von der Rinde befreit, und glatt gehobelt wurde. Als der Baum am 24. April morgens um 5.30 Uhr von Biburg nach Fürstenfeldbruck gebracht wurde, hatten die Bauhofleute eine Begegnung, von der sie grinsend berichten: Kurz vor dem Biburger Ortsende sei eine aufgeregte Frau im Schlafanzug laut rufend aus ihrem Haus gerannt - sie dachte, der Biburger Maibaum werde gerade gestohlen. Es war aber der Brucker, der ins Kloster gebracht und dort bemalt und fertiggestellt wurde.

Die Maibaumwache hat dort auch Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) dreimal übernommen, der natürlich auch zum Aufstellen gekommen ist und zwischenzeitlich das Moderatoren-Mikrofon vom städtischen Volksfestreferenten Markus Droth übernimmt.

Hauptverantwortlich für das schnelle Aufstellen ist der Pucher Maibaumverein, der mit 50 Mann an den Stangen und Schwaiberln auch die Hauptarbeit übernimmt. Christian Braumiller hat die Gesamtleitung, Herbert Steinbrecher gibt die Kommandos. Neben den Puchern stellen die Feuerwehr, die Heimatgilde und der TuS etwa 30 kräftige Burschen und Männer. Sparkasse und Volksbank, Heimatgilde und König-Ludwig-Brauerei haben das Freibier für die Helfer spendiert.

Die Stangen und Schwaiberl sind international besetzt. Mit dabei sind zwei junge US-Amerikaner, die für ein Jahr bei der Fürstenfeldbrucker Football-Mannschaft "Razorbacks" mitspielen. Juan Hernandez, 28, aus Texas ist das, was man auf Bairisch "a Prackl Mannsbild" nennt, sein 22-jähriger Teamkollege Jack Eddy aus Chicago ist kleiner, aber ebenfalls kräftig. Beide sind seit knapp einem Monat hier, das erste Mal in Deutschland. Hernandez trägt zur kurzen Lederhosen eine Strickweste und riesige rote Sportschuhe, spricht Männer mit "Sir" und Frauen mit "Ma'am" an und erklärt, er fühle sich nicht so weit weg von Zuhause - Texas und Bayern seien sich doch recht ähnlich. Er ist von Weißwurst, Schnitzel und Leberkäs' begeistert, und besonders das Blaukraut hat es ihm angetan - "amazing" nennt er es, was man mit "toll" oder auch "erstaunlich" übersetzen kann. Dann müssen beide an die Arbeit, es gilt weiter anzuschieben.

Auch Jean-Sebastien Rouchet aus der französischen Partnerstadt Livry-Gargan legt mit Hand an. Der Stadtrat ist zum ersten Mal bei dem bayerischen Brauch dabei und wünscht sich sogleich einen Maibaum für seine Heimatstadt.

Unter den Zuschauern findet sich die junge Chinesin Yuzhi, die eine traditionelle, Hanfu genannte Seidenrobe trägt, also praktisch auch eine Tracht. Sie hat ihren zweiten Besuch bei einer Gastfamilie in Fürstenfeldbruck extra so gelegt, dass sie beim Maibaumaufstellen dabei sein kann. Wie die amerikanischen Football-Spieler hat auch sie sich den Baum nicht so groß vorgestellt. Knapp vier Jahre bliebt er nun an seinem Platz. Dann gibt einen neuen Maibaum. Aus seinem Vorgänger hat der Bauhof Bänke gebaut. Sie werden als Sitzgelegenheiten um den neuen Baum aufgestellt.

© SZ vom 02.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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