Biburg:Volkstheater im besten Wortsinn

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Gelungene Inszenierung von "Umdraaht" beim Brucker Brettl

Von Edith Schmied, Biburg

Warum nicht einfach Mal das Publikum entscheiden lassen, dachten sich die Macher des "Brucker Brettl" und gaben ihren Anhängern zum 40-jährigen Bühnenjubiläum die Chance sich ein Stück ganz nach ihrem Geschmack auszusuchen. Vier Stücke standen zur Wahl, das Rennen machte das Lustspiel "Umdraaht" von Peter Landstorfer. 36,4 Prozent der insgesamt 794 Wähler entschieden sich dafür und trafen damit offensichtlich ins Schwarze. Die insgesamt 15 geplanten Aufführungen sind im Prinzip schon so gut wie ausverkauft.

In "Umdraaht" ist alles drin, was einen amüsanten, volkstümlichen Theaterabend ausmacht. Die in Komödien ansonsten üblichen Verwechslungen laufen in diesem Stück etwas anders. Es ist genauer gesagt ein abgesprochener Rollentausch, der die Handlung in Schwung bringt und für ordentliche Turbulenzen sorgt. Weil keiner mit dem zufrieden ist was er hat und was er ist, beschließt man alles umzudrehen. Da ist etwa die grantige Wirtin (Heike Limmer). Sie schimpft über die Gäste, diese Saubären vergessen sogar ihr Gebiss. Sie tauscht mit dem Viehhändler und Rosstäuscher (Peter Schiele). Der "Preller Hanse" bescheißt alle und Garantie gibt's bei ihm sowieso nicht. Das Krenweiberl (Monika Märk) müht sich mit ihrem schweren Korb ab und verkauft trotzdem nichts. Sie darf mit der Gerichtsschreiberin Georgia (Tamara Figl) tauschen. Der arme erfolglose Poet und Wald-und Wiesenmaler Simpl (Stefan Ernst) - der Name sagt schon einiges über die Qualität seiner Gedichte und Bilder aus -, zieht die Richterrobe des Herrn Rat (Markus Klose von Waldreut) an. Theresia Duckerer (Eva Dittler), ein Hausdrachen und gschnappiges Weibsbild vor dem Herrn, muss plötzlich nach der Pfeife ihres Mannes Poldi (Karl Ederer) tanzen. Schon bei der ersten Eheszene wünscht man sich als Zuschauer, dass der Waschlappen mal ordentlich auf den Tisch haut.

Es ist also angerichtet: Für deftige Kraftausdrücke, die jedem Bayern geläufig sind, für Wortschöpfungen, wie sie nur der Dialekt hervorbringt. Statt für einen saftigen Schweinsbraten reicht es für den armen Poeten nur für eine "Wasserschnalzn", sprich eine fade Brotsuppn, der Viehhändler hat ein "Breslhirn", das Kräuterweiberl ist ein "grafologisches Grabliacht", der Richter ein "Alfabetomat" mit poetischer Impotenz. An der bayerischen Gerichtsbarkeit lästert sich der Autor querulantisch ab. Die Wahrheitsfindung bei Gericht hängt direkt mit dem Busen der Protokollführerin zusammen. Wenn der juckt, lügt der Zeuge. Der Poet als Richter urteilt nach dem gesunden Menschenverstand und scheitert. Der Versuch, mit der Frage, "wer ist dafür, wer dagegen?" Gerechtigkeit zu finden, endet zwangsläufig im Chaos und der Zertrümmerung des Saales. Die Wirtin ist im Viehhandel durchaus erfolgreich. "Leid' bescheißen is koa Arbeit", sagt sie und setzt erfolgreich ihr freizügiges Dekolleté ein. Für einen Blick in ihren "Balkon" verschleudert Bauer Poldi Haus und Hof zum Dumpingpreis.

Ein paar nette Regieeinfälle hat sich Spielleiterin Carolin Danke einfallen lassen. Sie drapiert den Poeten wie ein Spitzwegbild. Das Gesicht nur von unten mit der Taschenlampe beleuchtet, so stellen die Personen des Stückes sich ihre Berufe und Eigenheiten vor. Das wirkt geheimnisvoll und sogar ein bisschen diabolisch und ist der Trick, um den Start zum "Umdraaht" einzuleiten.

Das Ende ist allerdings vorhersehbar. Jeder findet wieder zu sich selbst, denn nur dort ist er Zuhause und am Schluss auch ein bisschen zufriedener mit seiner Situation. Nur der Pantoffelheld besteht auf die Fortsetzung des Rollentausches, und das vergönnt ihm jeder im Publikum von Herzen.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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