Banken:Profiteure der Sparkassenfusion

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Hinter dem anvisierten Zusammenschluss der Institute von Bruck, Dachau und Landsberg steckt Kritiker Rainer Gottwald zufolge eine "menschenverachtende Geldgier". Vorteile gäbe es nur für Vorstände und Verwaltungsräte

Von Gerhard Eisenkolb und Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Vor einer Woche haben die Sparkassen in Fürstenfeldbruck, Dachau und Landsberg ihre Fusionspläne öffentlich gemacht. Wenig überraschend meldet sich nun der wohl größte Sparkassenkritiker zu Wort: Der promovierte Betriebswirt Rainer Gottwald, Frontmann des Bürgerforums Landsberg am Lech, geißelt die Pläne als unnötig. Für ihn hat ein Zusammenschluss vor allem einen Effekt: Vorstand und Pensionäre des Instituts machen einen ordentlichen Gehaltssprung. In zweiter Linie gelte das auch für die Mitglieder des Aufsichtsrats als Kontrollorgan.

Gottwald liegt seit Jahren mit den Sparkassen im Clinch. Er gilt als Zahlenfetischist. Sparkassen und Politiker, so auch der Brucker Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Karmasin, werfen dem Landsberger vor, zu oft daneben zu liegen mit seinen Berechnungen. Gottwalds Briefe an Landesregierung, Kontrollgremien, Sparkassenverband und Lokalpolitiker verpufften bislang weitgehend. Ein Vergleich mit Zahlen aus öffentlichen Publikationen wie den Jahresbilanzen der Sparkassen zeigt freilich, das der 70-Jährige meistens nicht ganz so weit daneben liegt. Seine Hoffnung ruht nun auf den Stadt- und Kreisräten der betroffenen Landkreise - lehnt eines der Gremien die für Januar 2018 angestrebte Fusion ab, ist die Sache geplatzt und die drei Sparkassen bleiben eigenständig. "Wir gehen davon aus, dass Vernunft über Geldgier siegt", schreibt Gottwald in einer an Bürgermeister, Landräte, Stadt- sowie Kreisräte adressierten Mitteilung. Wird Artikel 49 der Gemeindeordnung zugrunde gelegt, dürften sich Verwaltungsräte nicht an dieser Abstimmung beteiligen, könnten sie doch wegen der möglichen eigenen Höherstufung als befangen gelten.

Gottwald fordert seit Langem, dass die Sparkassen Gewinne an ihre Besitzer, im Fall Fürstenfeldbruck die Kreisstadt und der Landkreis, ausschütten sollen statt sie größtenteils der Rücklage zuzuführen. Vor allem aber sind ihm Fusionen ein Dorn im Auge. Er pocht auf den aus seiner Sicht seit 150 Jahren bewährten regionalen Ansatz "ein Landkreis, eine Sparkasse". Die Argumente, die Sparkassen müssten sich für die Folgen der Niedrigzinsphase sowie für die strengeren EU-Regularien rüsten, hält Gottwald für vorgeschoben. Da werde "ein unrealistisches Horrorszenario" aufgebaut. Der Bürgerforumssprecher beruft sich auf Angaben des Landtags, denen zufolge Fürstenfeldbruck, Dachau und Landsberg Ende 2015 bei der maßgeblichen Kernkapitalquote im Feld der 71 bayerischen Sparkassen auf den wenig besorgniserregenden Rängen 35, 22 und neun landeten. Bei den Sparkassen wird das anders gesehen. Sie pochen darauf, dass man Synergieeffekte ausschöpfen kann und dass sich manche Abteilung einsparen lasse. Betriebsbedingte Kündigungen hatte Klaus Knörr der SZ gegenüber ausgeschlossen.

In den Richtlinien des Sparkassenverbandes Bayern ist genau geregelt, wie die Vorstandsposten dotiert sind. Bei einer Fusion werden keine Vorstände entlassen und auch keine Verwaltungsräte. Alle werden von der neuen Sparkasse übernommen und bleiben beschäftigt, bis sie in Pension gehen (Verwaltungsräte bis zur nächsten Kommunalwahl 2020). Damit würde die Zahl der Vorstände und Verwaltungsräte des Instituts, das in die Vergütungsklasse von Stadtsparkasse München, Kreissparkasse München/Starnberg/Ebersberg sowie Stadtsparkasse Nürnberg aufrücken würde, deutlich wachsen auf acht Vorstände und 26 Verwaltungsräte - auch wenn die Details von den beteiligten Partner ausgehandelt werden. Vieles von dem, was Vorstände und Verwaltungsräte in einem Fusionsvertrag festlegen, ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Der Vorstand der neuen Bank dürfte jedenfalls erst einmal mindestens doppelt so groß sein als es für Sparkassen in Bayern üblich ist - die Sparkasse für die Region Amper-Lech wird wohl mit den derzeitigen acht Vorstandsmitgliedern aus Bruck, Dachau und Landsberg beginnen statt der in öffentlich-rechtlichen Banken üblichen zwei bis vier Vorstände. Das Vorstandsgremium würde dann im Laufe der Jahre schrumpfen - immer dann, wenn einer der in der Regel auf fünf Jahre befristeten Verträge ausläuft. Brucks Sparkassenchef Klaus Knörr, 63, wird in zwei Jahren in den Ruhestand gehen und wäre damit der erste, der wohl im ersten Jahr nach einem Zusammenschluss ausscheiden würde.

Gottwalds Rechnung zufolge werden die Bezüge des künftigen Vorstandsvorsitzenden in jedem Fall um deutlich mehr als 150 000 Euro pro Jahr höher liegen als bisher. Was die drei Vorstandsmitglieder in Bruck aktuell verdienen, lässt sich nur schätzen, weil die Sparkasse dies nicht einzeln aufschlüsselt und nicht alle zur Berechnung erforderlichen Größen in der Bilanz offenlegt. Der dreiköpfige Vorstand verdiente im vergangenen Jahr zusammen 1,1 Millionen Euro. Süffisant verweist Gottwald zum Vergleich auf das Grundgehalt von Bundeskanzlerin Merkel - 2013 waren das 247 200 Euro.

Vor allem sieht Reiner Gottwald allerdings bei den Altersbezügen eine Schieflage: "Alle Pensionäre der drei Sparkassen, die sich vor der Fusion im Ruhestand der jeweiligen Sparkasse befinden, werden auf das neue Niveau angehoben". Gottwald kommt zu dem Schluss: "Die Fusion ist Ausdruck einer menschenverachtenden Geldgier und muss unterbunden werden."

Sparkassenchef Klaus Knörr war am Dienstag auf einer Banksitzung in München und deshalb noch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Kreis- und Stadt- sowie Verwaltungsrat Ulrich Schmetz (SPD) hat in einer Verwaltungsratssitzung den Eindruck gewonnen, dass eine Fusion aus wirtschaftlichen Gründen sehr wohl gerechtfertigt sein dürfte. Durch größere Einheiten entstünden Synergieeffekte. Ihn ärgert zudem, dass nun wieder die Bezüge der Verwaltungsräte in den Fokus einer Neiddebatte rücken. Von den etwas mehr als tausend Euro monatlich blieben ihm wegen der fälligen Abgaben an den Zweckverband Sparkasse "netto ungefähr noch 400 Euro".

Auch Irmgard Lippold, Personalratsvorsitzende der Brucker Sparkasse, hat nichts an der für die kommenden sechs Monate anberaumten Prüfung einer Fusion auszusetzen. Knörr sei auf Betriebsversammlungen offen mit dem Thema umgegangen und habe keinen Hehl daraus gemacht, dass er eine Fusion befürworte. Die Personalvertreterin räumt ein, dass eine Bankenhochzeit Einsparmöglichkeiten erschließt - nicht in den Filialen, sondern eher in den Personal-, Revisions-, Datenverarbeitung oder Marketingabteilungen, die es bislang in dreifacher Ausführung gibt. Landrat Thomas Karmasin (CSU) betont, dass für ihn die Prüfung "ergebnisoffen" sei. Zu den genauen Regelungen bei Bezügen und Pensionen der Vorstände fehle ihm das Detailwissen. Langfristig aber werde es aber wohl durch die Reduzierung der Posten auch auf der Chefetage Einsparungen geben.

© SZ vom 30.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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