Bahnstrommasten in Germering:Ein ersehntes Ende

80 Jahre sind die Stahlträger gestanden, in der kommenden Woche werden sie demontiert. Die Anwohner sind erleichtert - und der eigene Garten wird schöner.

Andreas Ostermeier

Günter Schöbel wird seinen Urlaub unterbrechen. Beim Abbau der Bahnstrommasten in der kommenden Woche will er unbedingt dabei sein. Dafür verzichtet er auch einen Tag aufs Skifahren. Lange hat sich der Anwohner der Kriegerstraße in einer Bürgerinitiative dafür eingesetzt, dass die Freileitung entfernt wird, die bis vor kurzem mitten durch Germering führte. Jetzt sind er und seine Mitstreiter am Ziel.

Am Montag und Dienstag, 2. und 3. April, werden die Stahlträger demontiert, die auf den Grundstücken in der Kriegerstraße stehen. Schöbels Nachbarin Katharina Kraft hat so ein Ungetüm auf ihrem Reihenhausgrün. Das Betonfundament sowie die Stangen des Trägers wirken mächtig in dem kleinen Garten. Der werde jetzt größer und der "Wohnkomfort" nehme zu, sagte Kraft am Mittwoch der SZ. Darüber freut sich die junge Mutter: "Endlich kommt der Masten raus."

Auch Eckhard Meinhard aus der Kriegerstraße ist froh, dass die Leitung, in der Strom von Kochel nach Pasing geführt wurde, um Züge und S-Bahnen zum Fahren zu bringen, weg sind und ihnen die Masten bald folgen werden. Von der "Strahlung her" sei das ein großer Vorteil, sagt er. Doch eine Sorge hat er noch: "Was wird aus der Fläche, auf der der Mast steht?" Die gehört der Bahn. Meinhard und seine Nachbarn würden den Flecken Grund gerne kaufen und damit ihre Gemeinschaftsfläche erweitern. Die Einfahrt könnte dann umgestaltet werden, und Meinhard würde sich sicherer fühlen, wenn er wüsste, dass an Stelle des Bahnstrommasten nicht ein Mobilfunkmast errichtet werden kann.

Auch am anderen Ende der Stadt, im Kindergarten Sankt Cäcilia ist die Freude über das Ende der Freileitung groß. "Das ist eine Riesenerleichterung", sagt Regina Hennes, Leiterin des Kindergartens. Zwar weiß sie noch nicht, wann der nahe Stahlträger abgebaut wird, doch die Kabel sind bereits weg. Unter denen haben Buben und Mädchen lange Zeit gespielt, jetzt werde "das Umfeld schöner", sagt Hennes.

Bereits umgesägt ist der Mast neben der Filiale der Kreissparkasse an der Planegger Straße. Der Stahlträger an dieser Stelle war geradezu ortsbildprägend - jetzt ragen nur noch ein paar Stahlteile aus dem Fundament, das ein Stück weit in die Fahrbahn hineinreicht. Fast heimlich ist der Abbau am vergangenen Sonntag vorgenommen worden - die Stadt erfuhr jedenfalls nichts von der bevorstehenden Beseitigung. Das Entfernen des Mastens befreit die Kreissparkasse aus einem mehrjährigen Wartezustand. Das Geldinstitut möchte seine Filiale am Kleinen Stachus erweitern, konnte dies aber bislang nicht tun, weil der Strommasten im Weg stand.

Jetzt kommt die Gelegenheit, das bestehende Gebäude zu sanieren und um einen Erweiterungsbau entlang der Otto-Wagner-Straße zu ergänzen. Zudem will die Kreissparkasse nach Aussage von Wilhelm Rupprecht auch eine Tiefgarage bauen, um den "eklatanten Stellplatzmangel" zu beseitigen. Rupprecht, der bei der Sparkasse für das Vorhaben in Germering zuständig ist, sagte am Mittwoch, das bestehende Haus sei für eine Sanierung "fällig" und der vorgesehene Lückenschluss liege auch "im städtischen Interesse".

Dieses Interesse haben laut Oberbürgermeister Andreas Haas auch die Stadtpolitiker im Auge gehabt, als sie vor Jahren beantragten, die Bahn solle ihre Stromleitung aus den Wohngebieten entfernen. Denn eine Leitung mitten durch die Stadt, "das passt nicht mehr", sagte Haas zur SZ. Auch die ehemalige Stromleitung der Isar-Amperwerke ist vor Jahren abgebaut worden. Sie führte ebenfalls direkt über den Kleinen Stachus. Um das Stadtbild zu verbessern, lässt sich Germering die Verlegung der Stromtrasse an die Autobahn rund zwei Millionen Euro kosten.

Ob Grundstücke, die von den Masten befreit werden, im Wert steigen, das habe bei den Entscheidungen der Kommunalpolitiker keine Rolle gespielt, sagte Haas, denn von einem schöneren Stadtbild hätten schließlich alle etwas. Haas erwartet keine großen Veränderungen in den Wohngebieten, denn der Baubestand ist in Bebauungsplänen geregelt. Eine kleine Änderung aber nimmt die Stadt selbst vor: In Neugermering soll ein Spielplatz entstehen - den hat ein Masten bislang verhindert.

Die Demontage der Bahnstrommasten in der Kriegerstraße beginnt am Montag um 7 Uhr früh. Dann werden die Träger umgesägt, beginnend an der Otto-Wagner-Straße. Die abgeschnittenen Stahlkonstruktionen werden anschließend auf der Fahrbahn zerlegt und von Lastwagen abtransportiert. Die Arbeiten sollen am Montag bis 18 Uhr dauern und gehen am Dienstag, ebenfalls von 7 bis 18 Uhr, weiter. In dieser Zeit wird die Kriegerstraße nach Auskunft der Stadtverwaltung abschnittsweise gesperrt. Anlieger können die Straße benutzen, es kann aber sein, dass ihre Grundstückszufahrten nicht passierbar sind, wenn ein Mast in der Nähe abgebaut wird. Die Querungen der Kriegerstraße, also von der Marktstraße in den Amselweg, von der Erika- in die Lerchenstraße sowie auf der Kreuzlinger Straße sind an beiden Tagen durchgängig befahrbar.

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