Ausstellung in Germering:Große Freiheit

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Mit ihrer Ausstellung "Wie es uns gefällt" legen sich die Mitglieder des Germeringer Kunstkreises keinerlei Zwänge auf.

Valentina Finger

Anarchie und Kunst stehen eng beieinander. Ist doch das Ideal des Künstlergedankens, seine Schöpferkraft ohne autoritäre Zwänge entfalten zu können. Nicht immer gelingt den Freigeistern dieses freie Denken. Oft werden Erwartungen erfüllt, so mancher beugt sich den Vorstellungen der potenziellen Käuferschaft. Das Verlangen nach kompromissloser künstlerischer Freiheit bleibt häufig nur ein Streben. Doch einige gibt es tatsächlich, die hin und wieder nur das tun, wozu ihr Genius sie antreibt. So zu sehen derzeit in Germering: Der Kunstkreis Germering hat sich mit der aktuellen Ausstellung dem Leitgedanken "Wie es uns gefällt" verschrieben.

Insgesamt 28 Künstlerinnen und Künstler der Vereinigung zeigen im Forum der Stadthalle Werke, die genau das figurieren sollen, was der Einzelne zu sagen hat. Ein herrschendes Einheitsgebot gibt es nicht: Von Malereien und Zeichnungen über Collagen bis hin zu Skulpturen führt hier die Vielfalt Regiment. "Den Künstler drängt es, aktiv zu werden", sagt Miki Früh, der Vorsitzende des Germeringer Kunstkreises. "Er muss sich mitteilen, er kann gar nicht anders." Die Ausdrucksformen seien dabei nicht nur "nahezu unendlich, sondern dazu oft noch schwierig zu wählen". Fiel die Wahl auch schwer, ist die Auswahl doch umso mannigfaltiger.

Da stößt man neben der beinahe fotografisch anmutenden Darstellung des Meeresspiegels von Gerhard Baumgärtner auf ein abstruses Keramik-Eisen-Konstrukt, das sich irgendwo zwischen einem mit Nägeln bestücktem Haifischmaul und einem U-Boot mit aufgesetztem Sägeblatt bewegt. Fragt man sich noch, welcher Gedanke die Schöpferin Bärbl Auer zu diesem Gebilde anhielt, wird man schon mit einer weiteren Kuriosität konfrontiert: Anlässlich des bevorstehenden endgültigen Abschieds der Glühlampe, hat Gerlinde Dörfler eine dreiteilige Hommage an die Birne entwickelt, die von Sumo-Ringern in Embryonalhaltung bis zum klassischen Stillleben reicht. "Meine Sachen sind nie aufgemotzt, aber immer mit Humor gemacht", sagt Dörfler. Was sich aus einer Birnenform alles machen ließe, sei unglaublich.

So unterschiedlich wie die Werke selbst, sind auch die Stimmungen, die sie hervorrufen. Während die rot-weißen Schläuche, die sich in Miki Frühs Malerei wie dehnbare Zuckerstangen ineinanderwinden, schon eine nahezu psychedelische Wirkung haben, mahnen die romantisch-surrealen Gemälde von Manuel Lichtwanderer zur Ruhe. Da formen sich glänzende Tropfen zu Notenkaskaden und eine schlafende Frau treibt wie in einer Traumwelt auf dem nachtblauen Ozean.

Die Bilder liefern das malerische Pendant zur Lyrik der Dichterin Sara Fließ. "Normalerweise kriegen Sara und ich fast kein Gespräch zustande", sagt Lichtwanderer. "Doch wenn wir in ihre Gedichte oder meine Bilder eintauchen, dann entsteht eine Brücke." Es erstaune ihn selbst, dass man nur mit Kunst eine solche Verbindung zwischen zwei Menschen aufbauen könne, die sich eigentlich nicht verstehen.

Unter den plastischen Arbeiten sticht auch die Tonskulptur von Renate Klussmann heraus. Hier geht ein Stehkragen à la Maria Stuart in einen Frauentorso über, der Madonnas berüchtigtes Spitz-Korsett von Jean Paul Gaultier nachzuahmen scheint. Verziert mit filigranen Lochmustern wirkt die Figur sowohl archaisch als auch wie eine steinerne Antwort auf neumodische Laufsteg-Kreationen. Das wird es wohl sein, was der Künstlerin gefällt.

Wie andere sich eben in interpretativen Draht- und Holzgebilden oder manchmal planlos wirkenden Ansammlungen von Farbflecken wiederfinden, die schon mal an blaue Teufel in brennender Hölle erinnern. Die Kunst ist schließlich frei. Oder soll sie sein, auch laut Gesetz. So gesehen findet sich der Ursprung des Künstlerischen vielleicht doch nicht in der Anarchie.

Die Ausstellung ist Dienstag bis Samstag von 16 bis 20 Uhr sowie Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet; bis 18 Dezember

© SZ vom 07.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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