Ausstellung:Heuballen und Strommast

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Die Künstlergruppe "Kreos" thematisiert den Wandel der Zeit

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

In der Mitte im Ausstellungsraum in der Alten Schule in Puchheim-Ort haben die "Kreativen-Ortler" einen kleinen Heuballen platziert. Der angenehme Heugeruch des trockenen Heus erreicht unmittelbar die Nase. Die "Kreos", wie sich die Künstlergruppe nennt, haben sich den Heimatwandel auf ihre Weise genähert. Mit "Zeiten verbinden" haben sie das Motto auf sich zugeschnitten. Mit Malereien, Fotos, Collagen oder Gedichten haben sie das Thema für sich umgesetzt. Im Raum fällt sofort der Blick auf das große Gemälde von Antonio Niosi. "Das ist mein Leben", sagt der 73-jährige Sizilianer.

Die Farben des Acryl-Bildes haben schon von weitem eine magische Wirkung auf den Betrachter. Vor einem Jahr ist seine Frau gestorben: ein entscheidender Anlass über sein Leben nachzudenken. Unten im Bild in Weiß gehalten, ist sein kleines Dorf auf Sizilien zu sehen. Dahinter Bäume in Grün, die wie Menschen aussehen. "Samen und Wachstum wiederholt sich beim Baum", erläutert Niosi, "beim Menschen genauso - das ist das ewige Leben". Zunächst geht Niosi auf dem gemalten Schachbrett des Unvorhersehbaren den Weg allein, dann zu zweit mit seiner Frau, danach als Familie mit Kind und schließlich wieder allein. "Dann stehst du vor einem Berg von Schwierigkeiten", sagt der Künstler, der seit 45 Jahren in Puchheim-Ort lebt. Der Ausblick führt in ein sonniges Tor. Niosi achselzuckend: "Das Tor zum Jenseits?"

Hariet Paschke, selbst Künstlerin der Kreos, erläutert den Besuchern die Ausstellungsstücke. Auch Schüler der Laurenzer Grundschule, die kleinen "Grashüpfa" und die größeren "Luchse", haben sich mit einem Kinder-Gartenprojekt und vielen gemalten Bildern am Wandel der Zeiten in der Pflanzenwelt mitgewirkt. Paschke zeigt vereint in ihrem Hochhausbild Nachbarorte Germering und Puchheim mit ihrer Hochbebauung. Quasi eingeblockt hat sie in ihrem Gemälde unten im Hochhaus einen Bauernhof und oben eine Weise, dazwischen Menschen und Läden. Schnee fällt vom Himmel, vor dem Haus steht eine Palme. "Die Palme steht anstatt der üblichen Tanne dort", erklärt Paschke ihre Zukunftsvision.

Auch Ingeberga Wölfinger beschäftigt sich mit der Ortsgeschichte, zeigt den ehemaligen Taubenkobel beim Hotel Parsberg, daneben die Stromtrassen als Dominanz der neuen Zeit und einen malerischen Vergleich von Germering und Puchheim-Ort. "1613", als die Orte nur aus zwei Kirchen bestehen, schreibt sie über das eine, "2017" über das andere Bild. Alle Ausstellungsstücke sind gut gewählt. Da ist Franz Werschniks Weg der Milch von der Milchkanne zur Packung. Tilly Mertz hat die bunte Flowerflora gewählt, die sich im zweiten Bild auf nur noch zwei Arten von Blumen einengt. Luise Maier beschreibt in vier Gedichten den Weg der einst vielfältigen Pflanzenwelt zu heutigen Monokulturen. Barbara Saatze zeigt in Bildern das Leben, das einst für sie in zerbombten Häusern begann und schließlich in der Idylle von Puchheim-Ort Station macht. Ein Film mit Impressionen aus dem Dorf läuft auf einem Laptop und im Vorraum verabschiedet den Besucher eine Poster-Session mit Biografien von Menschen. "Ich möchte aus eigener Kraft meine Familie ernähren", schreibt da der 27-jährige Peymann aus dem Iran.

© SZ vom 31.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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