Ausländeramt:Der bewegte Mann hinterm Tresen

Thema Asyl

Alexander Galitz in seinem Büro im Ausländeramt.

(Foto: Günther Reger)

Alexander Galitz ist im Landratsamt oft die erste Anlaufstelle

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Es ist kurz vor zehn. Der frisch gewienerte Gang im Landratsamts ist in fahles Neonlicht getaucht. 20 Menschen sitzen auf den Kunststoffbänken. Behördenflair, aber alles entspannt. Manchmal ändert sich das hinter der Tür von Raum A78. Dort liegt Babylon, das beweist der grellrote Zettel über der Klinke. "Parteiverkehr von 8 bis 12 Uhr" steht da. Darunter ist "Parteiverkehr" in sechs Sprachen übersetzt. Offiziell ist Alexander Galitz im 44-köpfigen Team der Ausländerbehörde der Sachbearbeiter fürs Asylwesen.

Aber was zählen schon offizielle Titel? In der Realität ist er Problemlöser, Krisenmanager, Sorgenversteher, Dolmetscher, Mit-Händen-und-Füßen-Redner oder Vertröster. Der 39-Jährige ist oft die erste Anlaufstelle im Landkreis für Menschen aus aller Welt, die traumatisiert, angespannt, umgänglich oder auch mal fordernd sind. Die stehen dann in A78 vor dem Tresen. Dahinter steht Galitz, er trägt Brille und an diesem Tag Jeans und ein kariertes Hemd. In seinem Rücken stehen Kartons, auf denen "Alling", "Eichenau" oder "Puchheim" steht. Darin stapeln sich gelbe Mappen mit Aufschriften wie "Familienverband". Auf dem Schreibtisch liegen neben der Computertastatur Akten, Tesa, Stifte, Stempel. An der Wand hängt die Liste mit den 78 Asylbewerberunterkünften. "Längst überholt", sagt Galitz. Mittlerweile sind es 90. Klar, sonst stünden die 66 Flüchtlinge, die der Landkreis Woche für Woche zusätzlich unterbringen muss, auf der Straße. Vormittags kommen die vorbei und bringen ihre Anliegen mit, nachmittags wird registriert, verwaltet, es geht um Gesundheitschecks, Taschengeld, Abschiebungen.

Zwei Marokkaner stehen vor dem Tresen. "Der Kollege will Arbeit", sagt einer. Es dauert nicht lange, bis Galitz erkannt hat, dass das eine Sache für die Visaabteilung ist - "den Flur zurück und hinten rechts." Dann will ein Senegalese, der in Olching bei Mc Donalds arbeitet, wissen, wie es weitergeht. Neues Gesetz, sagt, Galitz, kein Handlungsspielraum - "leider". Sicheres Herkunftsland - im Dezember darf die Arbeitserlaubnis nicht mehr verlängert werden. "Okay", sagt der Mann. Und: "Puh." Das Telefon läutet. Es geht um einen Syrer, anerkannter Flüchtling. Müsste mit den zwei Kindern aus der Unterkunft ausziehen, findet aber keine Wohnung. Stattdessen ist jetzt seine Frau mit weiteren vier Kindern in sein Zimmer eingezogen. Mal sehen, was man da machen kann. Es klopft. Syrer - seine Eltern sind in Taufkirchen, einer aus der Familie nicht aufzufinden. Galitz macht Kopien. "I have to clear the case with the government. Nachmittags! Gestern drängten elf Eritreer rein, denen es im Landkreiswesten zu ländlich ist und die nun doch lieber in der Puchheimer Turnhalle bleiben. Wie schafft man das? Galitz zuckt mit den Schultern. "Sachlich und höflich bleiben."

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