Ausgebrannte Hallen in Puchheim:"Ein geschichtlich bedeutsamer Komplex"

Der Puchheimer Historiker Johannes Haslauer spricht sich für den Erhalt der ausgebrannten Hallen an der Josefstraße aus.

Von Stefan Salger

Der Puchheimer Historiker Johannes Haslauer warnt vor einem schnellen Abriss der am Sonntag abgebrannten Halle im Puchheimer Gewerbepark an der Josefstraße. Denn das Gebäudeensemble, in dem eine Auto-Hobbywerkstatt und das Lager einer Umzugsfirma untergebracht waren, sei "ein für die Münchner Industrie- und Konsumgeschichte sehr bedeutsamer Komplex".

Der abgebrannte Gebäuderiegel wurde Unterlagen zufolge 1902 errichtet - das architektonische Erscheinungsbild passe zu diesem auf Archive gestützten Befund, so Haslauer. Er entstand als Superphosphatfabrik, in der offensichtlich Knochen verarbeitet wurden. Die Erbauung fällt also in die Zeit, als der jüdische Kaufmann Julius Einhorn maßgeblich die Geschicke der Firma lenkte. Einhorn war im Blickpunkt einer Ausstellung von Ellen Echtler, Erich Hage und Johannes Haslauer im vergangenen Oktober im Kulturzentrum Puc gewesen.

Haslauer: "Aus meiner Sicht wäre vor jedweden Abrissmaßnahmen zu prüfen, ob nicht angesichts der historischen Bedeutung nach Sicherung und Instandsetzung der historischen Außenmauern ein neuer, modern gestalteter Innenausbau des Gebäudes möglich wäre." Bürgermeister Herbert Kränzlein (SPD) dämpft freilich solche Wünsche: Wirtschaftlich werde sich dies wohl kaum rechnen, da bedürfe es schon eines großen Liebhabers.

Der Blick auf andere umgenutzte Industriedenkmäler zeigt nach Worten Haslauers zumindest, dass durch eine Überplanung des gesamten Areals die Basis geschaffen werden könnte für ein attraktives neues Stadtviertel. Der Puchheimer Historiker verweist als Beispiel auf die Aumühle in Fürstenfeldbruck. Auch diese hatte gebrannt, bevor die Stadt sie zur Stadtbibliothek umbauen ließ. Gegen eine Überplanung hat auch Kränzlein nichts, im Gegenteil: Im Idealfall, glaubt er, könnte die Schaffung eines Mischgebiets mit Wohnnutzung im südlichen Teil das zentrumsnahe, aber doch etwas heruntergekommene Areal deutlich aufwerten. In der Folge wäre auch zu überlegen, ob dieses mit einer weiteren Unterquerung der Bahnlinie an den Norden der Stadt angebunden werden könnte.

Seit fünf Jahren gibt es Überlegungen, hier etwas Neues zu bauen. Bislang aber scheiterten Vorstöße immer an der Bereitschaft, die Bedingungen der damaligen Gemeinde und heutigen Stadt zu erfüllen. Jahrzehntelang wurde die Fläche von Industrie- und Gewerbebetrieben genutzt. Klar ist also, dass es hier Altlasten in hohem Maße gibt. Auch in einem Gespräch mit dem Besitzer Alois Harbeck pochte Kränzlein nun erneut auf eine "komplette Altlastensanierung".

Das heißt, in weiten Bereichen muss der Boden abgetragen und ersetzt werden. Eine sehr aufwendige und teure Maßnahme. Sollte nun dennoch Schwung in dieses Projekt kommen, dann wird der entsprechende Bebauungsplan frühestens 2014 und damit unter Regie des dann neuen Stadtrats und Bürgermeisters aufgestellt werden. "Das wird auf jeden Fall noch lange dauern", glaubt Kränzlein.

Je mehr Zeit verstreicht, desto unwahrscheinlicher wird es, dass sich die Brandursache noch aufklären lässt. Die Experten der Kriminalpolizei können wegen der Einsturzgefahr erst mit weiteren Ermittlungen beginnen, wenn Teile des Gebäudes abgetragen worden sind. Wann dies geschieht, ist völlig offen und hängt vor allem vom Eigentümer und der Brandversicherungsgesellschaft ab.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: