Aus eins mach zwei:Aufgestockt

Die Baugenehmigung sah nur ein Stockwerk und ein Dachgeschoss vor. Der Gröbenzeller Bauherr besserte nach. Nun hat das Haus zwei nahezu vollwertige Stockwerke - und der Eigentümer Ärger mit der Gemeinde am Hals

Von Gerhard Eisenkolb

Die steigenden Preise für Baugrundstücke und Wohnraum führen beim Bau von Häusern schon mal zu Wildwestmethoden. So hat ein Gröbenzeller Bauherr die Wohnfläche seines Einfamilienhauses durch Abweichungen vom Bauplan auf wundersame Weise von 104 auf 208 Quadratmeter verdoppelt. Mit einem Trick - im Dachgeschoss wurde der Kniestock deutlich erhöht und die Dachneigung abgeflacht - gelang es der Familie, anstelle eines genehmigten Vollgeschosses noch ein zweites Vollgeschoss unter dem Dach zu schaffen. Da weder die Gemeinde noch das Landratsamt das akzeptieren wollen, muss der Eigentümer nun mit erheblichen, auch finanziellen Konsequenzen rechnen.

Groebenzell: GFZ-Suender / Baustelle Jaegerstrasse 31

Das Haus in Gröbenzell. Foto: Johannes Simon

(Foto: Johannes Simon)

Entweder muss das Dachgeschoss des bereits bezogenen Hauses in der Jägerstraße mit einem erheblichen Kostenaufwand umgebaut werden. Oder es wird ein Bußgeld verhängt, das sich am Wertzuwachs des Hauses durch ein zweites Vollgeschoss orientiert. Nur dann wären laut Kreisbaudirektorin Reinlinde Leitz die Abweichungen von der im Freistellungsverfahren genehmigten Planung zu dulden. Würde der infolge der Abweichungen von der eingereichten Planung geschaffene zusätzliche Wohnraum nachträglich genehmigt, könnte die Gemeinde Gröbenzell ihre in Bebauungsplänen festgeschriebenen Grundsätze in die Tonne treten. Das befürchten Bauverwaltung und Gemeinderat. Unter Berufung auf den Präzedenzfall könnten dann künftig auch andere Bauwerber das Doppelte des zugebilligten Baurechts fordern - und der Gartenstadtcharakter von Gröbenzell wäre noch mehr gefährdet.

So schätzte den Fall zumindest der Bauausschuss in seiner jüngsten öffentlichen Sitzung ein. Das Gremium lehnte deshalb in dem ungewöhnlich dreisten Fall einstimmig einen Tekturantrag zur nachträglichen Genehmigung der beiden Vollgeschosse ab. Da eine Überschreitung der zulässigen Geschossfläche als nicht hinnehmbar gilt, soll nun das Landratsamt die weiteren Maßnahmen einleiten. Zu den möglichen Folgen äußerte sich der Bauausschuss nicht. Dafür ging die Bauverwaltung mit den Bauherren hart ins Gericht. "Das ist nicht zufällig passiert, das war gewollt", sagte deren Leiter Engelbert Bauer. Er verwies darauf, dass die Familie eigentlich schon von Anfang an zwei Vollgeschosse errichten wollte, dies aber unter Berufung auf die bestehende Geschossflächenzahl (GFZ) abgelehnt worden war. Die zulässige GFZ von 0,2 erlaubt bei einer Grundstücksfläche von rund 500 Quadratmetern nun einmal nur 104 Quadratmeter Wohnraum. Deshalb waren die zwei Vollgeschosse nicht zu genehmigen. Zudem besteht der Grundsatzbeschluss, die GFZ nicht zu erhöhen. Franz Eichinger (SPD) sprach daher von einem "schuldhaften Verhalten". Bauamtschef Bauer verwies auf fünf Punkte, in denen die Ausführung von der Planung abweicht. Das Projekt war im April 2013 im sogenannten Genehmigungsfreistellungsverfahren nach den vorgelegten Plänen gebilligt worden. In solchen Fällen wird auf das übliche Genehmigungsverfahren mit Prüfung und Überwachung der Arbeiten durch die Bauaufsichtsbehörde verzichtet. Im Gegenzug verpflichten sich der Bauherr und sein Architekt, die Vorschriften eigenverantwortlich einzuhalten.

Ein ausgebautes Dachgeschoss gilt erst dann als Vollgeschoss, wenn die Wohnfläche im Bereich einer 2,3-Meter-Linie zwischen der Oberkante des Rohfußbodens und der Dachaußenhaut zwei Drittel der Fläche des darunter liegenden Geschosses überschreitet. Laut Angaben des Bauherrn beträgt die Abweichung von dieser Vorgabe 5,16 Quadratmeter. Dieser Fehler sei unbeabsichtigt gewesen, hießt es in einem Brief der Eigentümer an die Mitglieder des Bauausschusses. Sie seien durch technische Fehler des beauftragten Generalunternehmers entstanden und während der Bauphase von Laien nicht zu erkennen gewesen. Im Grunde seien der Charakter des Hauses und dessen Kubatur gegenüber dem Eingabeplan unverändert geblieben. Dass es sich um ein Versehen handeln könne, bestreiten die Bauverwaltung und der Gemeinderat mit Nachdruck. Reinlinde Leitz rät Bauherren, sich ein anderes Grundstück zu suchen, wenn sich ihr Plan auf ihrem Eigentum nicht realisieren lässt.

Wir ergänzen den Text durch nachfolgende Korrektur:

Im Bericht "Aufgestockt" heißt es über ein Gröbenzeller Einfamilienhaus, durch Abweichungen vom genehmigten Plan habe sich "die Wohnfläche von 104 auf 208 Quadratmeter verdoppelt". Das ist falsch, verdoppelt hat sich die Geschossfläche, weil das Dachgeschoss nun mit angerechnet wird. Die Wohnfläche im oberen Stockwerk verzeichnet einen Zuwachs um nur wenige Quadratmeter. Der Eigentümer sagt, dass aus dem Dachgeschoss ein baurechtliches Vollgeschoss geworden sei, sei nicht durch einen "Trick", sondern allein durch einen Fehler des Generalunternehmers zustande gekommen. Er habe dies daher selbst der gemeindlichen Bauverwaltung angezeigt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: