Architektur:Eine besondere Neigung

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Flachdächer finden sich auch auf dem Landratsamts-Hauptgebäude.

(Foto: Günther Reger)

Auf Wunsch der Kommunalpolitiker soll der Landkreis als Bauherr künftig auf Flachdächer verzichten. Ausnahmen soll es dennoch geben - allerdings nur, wenn sie richtig begründet sind

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Sogar im Büro des Landrats mussten Eimer aufgestellt werden, weil es hineingeregnet hatte. Einige Jahre liegt das zurück, inzwischen ist der Raum respektive das Dach darüber saniert und dicht. Das Landratsamtsgebäude in Fürstenfeldbruck mit seinen sich nach oben verjüngenden Geschossen hat wegen seiner speziellen Architektur viele kleine Flachdächer. Doch Flachdächer haben lange keinen guten Ruf genossen. Das ging so weit, dass CSU-Kreisrat Johann Wörle den Wunsch verspürte, sie ganz abzuschaffen. So weit hineinreden lassen wollte sich die Abteilung Hochbau im Landratsamt dann aber doch nicht, man suchte den Kompromiss - und fand ihn. Bei Neubau und Sanierung kreiseigener Gebäude soll nun zwar "in der Regel", wie es in der Formulierung heißt", auf Flachdächer verzichtet werden. Ausnahmen von dieser Regel sind freilich zulässig - auch das steht da - und müssen im Einzelfall begründet werden.

Fragen der Architektur sind ja gerne ein wenig umstritten, die Kreis-SPD zum Beispiel sieht die Sache ganz anders. Ihr Sprecher Peter Falk hatte bei der Vorberatung des Themas den Beschlussvorschlag geradezu amüsiert vorgelesen, der seiner Meinung nach "nix ist, genauso wie der Antrag nix war". Zwar hatte Landrat Thomas Karmasin (CSU) noch gesagt, dass es gelungen sei, "eine Sensibilisierung für diese Frage zu erreichen", doch offenbar war man auch in der CSU nicht traurig darüber, dass ein Kompromiss zustande gekommen ist, mit dem man das ungeliebte Flachdach einerseits los wird, es andererseits bei richtiger Begründung aber doch bauen darf. Die Hochbauabteilung der Kreisbehörde hatte durchblicken lassen, dass sie vom Vorhaben des Spenglermeisters Wörle nichts hielt, und möglicherweise prallten da auch die Welten von Architekten und Handwerkern aufeinander. Die "sehr starke Einflussnahme auf die Architektur als auch die erheblichen planerischen und baukonstruktiven Einschränkungen", die ein generelles Verbot von Flachdächern hervorrufen würden, hielten die Architekten in der Bauabteilung für "nicht vertretbar", denn jedes Bauwerk sei auch ein gestalterisches Element, "welches über Jahrzehnte hinweg den Standort und seine Umgebung prägt". Der Landkreis würde als öffentlicher Bauherr eine "Vorbildfunktion für ansprechende, werthaltige, gute und ästhetische Architektur" erfüllen, heißt es.

Flachdächer machten zunächst durch die in den Sechziger- und Siebzigerjahren beliebten Bungalows Karriere. Auch Gewerbegebäude und Supermärkte werden häufig in Flachdachbauweise errichtet, im Wohnungsbau gelten Flachdächer auch bei Passivhäusern als beliebt. Von den 17 Schulen, für deren Gebäude der Landkreis zuständig ist, haben nach Auskunft von Bauamtsleiter Axel Schuhn 15 Schulen Flachdächer. Große Spannweiten müsse man für ein Schulgebäude überwinden, in dem Klassenzimmer neben Klassenzimmer errichtet wird, erläutert Schuhn. Ein Satteldach würde dadurch sehr hoch werden. Flachdächer seien lange auch die günstigere Variante gewesen, "dafür ist ihre Lebensdauer begrenzt".

Dass Flachdächer immer wieder Probleme machen, liegt Schuhn zufolge eben auch daran, dass sie teilweise 30 oder 40 Jahre alt sind: "Da ermüdet jedes Material. Das hat man bei Fenstern aus Holz auch." Schäden an Flachdächern hätten häufig mit schlechter Verarbeitung zu tun, nicht mit der Form an sich. Besonders ärgerlich ist der Fall am vor neun Jahren bezogenen Schulzentrum auf dem Tulpenfeld in Fürstenfeldbruck. Auf dem Turnhallengebäude wurden die Oberlichter von innen festgeschraubt und die Dachhaut dabei von außen beschädigt. Der Streit geht seit Jahren, ein Gutachter hat allerdings noch keinen eindeutigen Fehler gefunden. "Das ist für den Landkreis unbefriedigend", weiß Schuhn und auch SPD-Kreisrat Ulrich Schmetz erinnert daran, dass der Fehler "durch nachträgliche Umbauten" zustande gekommen sei.

Oder die Schulturnhalle von Gymnasium und Realschule Puchheim. Die innen liegende Entwässerung wurde nicht regelmäßig gereinigt, das Wasser konnte nicht abfließen und blieb auf dem Dach stehen. Für CSU-Kreisrat Wörle allesamt Gründe, darauf zu dringen, dass die Entwässerung künftig über vorgehängte Dachrinnen außerhalb des Baukörpers zu erfolgen habe. Auch das steht in seinem Antrag. Ziel müsse demnach sein, dass Niederschlagswasser "möglichst zügig und ungehindert vom Dach abgeleitet wird, bevor es in die Gebäudehülle eindringt", schreibt Wörle. Erst wenn sich das Regenwasser außerhalb des Baukörpers befinde, könne es selbst dann, wenn die Regenrinne überlaufe, keinen Schaden mehr anrichten. Dagegen seien "innen liegende Gullys der Gefahr ausgesetzt, bei Hagel oder stürmischen Gewittern zu verstopfen".

Auch aus ästhetischen Gründen wird die Entwässerung nicht immer außen am Gebäude entlang geführt. Bei der neuen Landwirtschaftsschule am Grünen Zentrum in Puch beispielsweise befindet sich die Regenrinne in der Ebene, "wo die Fassade aufhört", beschreibt Schuhn. Wenn das Rohr verstopft oder vereist, bestünde die Gefahr, dass sich das Wasser unter Umständen einen Weg über die Fassade sucht. Passiert ist das freilich noch nicht. Dafür hatten einige ältere Turnhallen in der Vergangenheit statische Probleme bei Starkregen oder zu viel Schneefall bekommen. So seien im Fall der Maisacher Turnhalle die statischen Annahmen aus der Bauzeit heute einfach nicht mehr gültig.

Die drei würfelförmigen Baukörper der neuen Berufsschule, die seit vorigen Herbst in Fürstenfeldbruck entstehen, haben ein um sieben Grad geneigtes Blechdach, das Schuhn nicht als Flachdach bezeichnet. Beim bereits beschlossenen Neubau der Puchheimer Sporthallen müssen die Planer, die demnächst dafür ausgewählt werden, schon den neuen Beschluss umsetzen. Für sie gilt: Kein Flachdach, außer sie finden die richtige Begründung.

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