Arbeitskreis Mahnmal:Erinnerungsarbeit als Lebensaufgabe

Der Arbeitskreis Mahnmal und das Landratsamt bereiten das Gedenken zum Todesmarsch von Dachauer KZ-Häftlingen durch die Kreisstadt vor. Dabei meldet sich der Initiator Ekkehard Knobloch zu Wort

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte beginnt im besten Falle vor der eigenen Haustür. Zu erfahren, was dort gewesen ist, als Tausende in Holzschuhen und unzureichend bekleidet in den letzten Apriltagen 1945 durch Fürstenfeldbruck zogen, zu hören von Überlebenden des Todesmarsches durch den Landkreis ins Würmtal und weiter nach Süden, das haben sich der Landkreis, die Stadt und viele an der Aufarbeitung der NS-Gräuel Interessierte seit 23 Jahren zur Aufgabe gemacht, als im Zentrum Fürstenfeldbrucks das Todesmarsch-Mahnmal errichtet wurde. Seit 1996 wird jedes Jahr am 27. Januar, dem offiziellen Tag der Opfer des Nationalsozialismus, zusammen mit Zeitzeugen an diesem Mahnmal der Opfer gedacht. Und in diesem Jahr scheint auch angesichts aktueller Äußerungen die Erinnerung an die Folgen der Nazi-Herrschaft wieder wichtiger zu werden.

"Ich empfinde Scham und Wut", sagt Ekkehard Knobloch, ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde Gauting und Initiator der Todesmarsch-Mahnmale, über das Zitat des AfD-Politikers Bernd Höcke, der das Holocaust-Mahnmal in Berlin als ein "Denkmal der Schande" bezeichnet hatte. Knobloch äußert sich darüber in einer Runde im Fürstenfeldbrucker Landratsamt, in der Vertreter des Behörde sowie des Arbeitskreises Mahnmal den Gedenktag vorbereiten und an die Entstehungsgeschichte der Veranstaltung mitten in Bruck erinnern. Dem Landratsamt ist es wichtig, dass vor allem die neu in den Kreis Gezogenen wissen, dass es dieses Gedenken gibt und welchen Hintergrund es hat.

Bruck: Todesmarsch Gedenken am Mahnmal

Das Leid der geschundenen Häftlinge spiegelt sich im Mahnmal von Hubertus von Pilgrim wider.

(Foto: Johannes Simon)

Denn seit 1989, als in Gauting das erste, vom Künstler Hubertus von Pilgrim geschaffene Mahnmal errichtet wurde, sind in den Orten, durch die der Todesmarsch führte 22 identische Mahnmale aufgestellt worden. Und eines hat in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem bei Jerusalem seinen Platz gefunden.

In Fürstenfeldbruck war es ein handgeschriebener, einfach formulierter Antrag von Barbara Thierfelder, der Vorsitzenden der Eichenauer Friedensinitiative, an die damalige Landrätin Barbara Grützner (SPD), der den Anstoß gab. "Antrag auf Aufstellung eines Denkmals" ist in gut lesbaren Buchstaben auf ein Papier geschrieben, das 1992 nach einer Demonstration gegen Ausländerfeindlichkeit im Landratsamt abgegeben wurde. Heute wird es im Archiv der Kreisbehörde aufbewahrt.

Der geistige Grundstein war gelegt, und als sich die Gemeinden aussprachen, einen zentralen Gedenkort schaffen zu wollen, wurde die belebte Weggabelung von Augsburger und Dachauer Straße als Standort für den eindrucksvollen Bronzeguss gefunden. Dass das Mahnmal mitten in der Kreisstadt steht, dass sich alles Leben drumherum dreht, das findet Julia Ziegelmeier, die Vorsitzendes des Arbeitskreises, gut. Sie verweist auf andere Gemeinden, wo die Mahnmale versteckter liegen, wie auf dem Uttinger Friedhof.

Zeitzeugen Mahnmal

Ekkehard Knobloch (Mitte) erläutert bei einem Gespräch im Landratsamt, wie es zum Gedenken und dem Mahnmal an den Todesmarsch kam.

(Foto: Günther Reger)

Vielen Bruckern seien die Erinnerungen an den Zug der KZ-Häftlinge noch präsent, und es sei dem Arbeitskreis zu verdanken, dass es die Erinnerungsarbeit an den Schulen gebe. Ziegelmeier nannte als Beispiel die Arbeiten von Hauptschülern aus dem Brucker Westen, die die Überlebenden, die an der Gedenkfeier teilgenommen hatten, sehr beeindruckt hätten. Nicht zuletzt durch die Beschäftigung mit der Geschichte sei es zu Kontakten und Austausch der Brucker Fos/Bos mit israelischen Schülern gekommen.

Für Ekkehard Knobloch, der 30 Jahre die Geschicke der Gemeinde Gauting lenkte, ist die Erinnerungsarbeit ein Lebenswerk geworden. Viele der Überlebenden hätten erst durch die Besuche in den Orten, durch die der Todesmarsch führte, ihre eigene Vergangenheit bewältigen können. Vor den Angehörigen hätten sie sich 40 Jahre nach dem Todesmarsch als ehemalige KZ-Häftlinge geoutet, nachdem sie über die ganze Zeit geschwiegen hatten.

"Für mich", sagt der 72 Jahre alte Knobloch, "war es die wichtigste Aufgabe".

Die Gedenkminuten finden am Todesmarsch-Mahnmal am Freitag, 27. Januatr, von 11.30 Uhr an statt. Der Autoverkehr ruht dort in dieser Zeit.

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